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Immobilien: Mit den Augen der anderen

Großes Angebot, kleine Nachfrage: Mit „Home Staging“, dem Herrichten der Wohnung, lassen sich potenzielle Käufer begeistern.

Der Duft von Kaffee und frisch gebackenem Kuchen weht durch das Haus, die Räume sind sauber, lichtdurchflutet und aufgeräumt: So kann eine Immobilie die potenziellen Käufer am Besichtigungstag überzeugen. Aber auch schwer verkäufliche Objekte, wie altmodisch eingerichtete Häuser aus einem Erbnachlass, können einladend wirken, sagt Wiebke Rieck. Die Innenarchitektin aus Witten ist auf Home-Staging spezialisiert, eine Marketing-Strategie für Häuser und Wohnungen.

Der Trend aus den USA soll verkaufsfördernd wirken und findet in Deutschland vor allem in Gegenden Anklang, in denen es ein großes Immobilienangebot und nur wenig Nachfrage gibt. Hier werden die Häuser kurzum für den Verkauf hergerichtet. Wenn Home-Stager möblierte Immobilien auf Vordermann bringen, steht als Allererstes Aufräumen auf dem Programm. „Die Räume wirken sofort heller und luftiger“, sagt Joseph Johnson, Home-Stager aus Düsseldorf. Dabei sollte man alles, was keinen Zweck erfüllt, entfernen.

Das gilt auch für Gerümpel in der Abstellkammer, so dass dort zusätzliche Nutzflächen, wie ein Arbeits- oder Gästezimmer, entstehen. „Der Platz muss optimal genutzt werden“, erklärt Johnson sein Vorgehen. Danach sei es wichtig, sämtliche Räume gründlich zu reinigen und dafür zu sorgen, dass es keine kaputten Glühbirnen gebe.

Entscheidend sei auch die Entpersonalisierung, sagt Brigitte Graf-Farin, Home-Stagerin aus Köln. Denn der potenzielle Käufer soll in der Lage sein, sich selbst in dem Haus zu sehen, und nicht durch Bilder und allzu persönliche Gegenstände des Nochbesitzers abgelenkt werden. Zudem dürfe der Interessent nicht das Gefühl bekommen, in die Privatsphäre des anderen einzudringen.

Es sei deshalb von Vorteil, wenn der Verkäufer vor der Hausbesichtigung die Betten mache, Zahnbürsten und Bürsten aus dem Bad räume und mindestens die Hälfte der Mäntel und Jacken aus der Garderobe entferne, rät Graf-Farin. „Dadurch wird signalisiert, dass auch Platz ist für den Neuen, der da einzieht.“ Ein No-Go seien Haustiere, die bei der Besichtigung anwesend sind. Genauso sollten deren Futternäpfe und Utensilien weggeräumt werden.

Neben diesen Arbeitsschritten ordnen die Verkaufsprofis gegebenenfalls die bereits vorhandenen Möbel einer Immobilie neu an oder entfernen überflüssiges Mobiliar. „Auf zu knallige Farben an Kissen oder Vorhängen sollte verzichtet werden. Gut sind Weiß und Beige“, empfiehlt Graf-Farin. Insgesamt sei es wichtig, die Einrichtung möglichst neutral zu halten. „Dabei geht es nicht darum, den Geschmack eines bestimmten Kunden zu treffen. Im Gegenteil: Eine möglichst große Zielgruppe soll angesprochen werden“, sagt Rieck.

Dabei könnten auch Wohnaccessoires und Blumen helfen.

Doch Home-Stager müssen sich nicht nur um das In-Szene-Setzen bewohnter Immobilien kümmern. Auch leere Häuser können für den Verkauf aufgepeppt werden. „Normalerweise sind Interessenten bei der Besichtigung sehr auf ihre Fantasie angewiesen“, erklärt Rieck. Der Nachteil sei aber, dass in leeren Räumen die Proportionen schwer erfasst werden könnten. Deshalb stellen Home-Stager gemietete Möbel auf und geben so jedem Zimmer eine Funktion. „Erst so zeigen die Räume ihre Wertigkeit und ihr Potenzial.“ Bei geerbten Häusern, die altmodisch eingerichtet sind, haben es sogar die Profis oft schwer. Dunkle Einbauküchen, abgewetzter Boden und gemusterte Fliesen lassen Interessenten die Haare zu Berge stehen. „Natürlich will es sich nicht jeder Hausbesitzer leisten, die Küche herauszureißen oder die Fliesen zu erneuern“, sagt Graf-Farin.

Doch oft helfe es schon, mit Dekoration und frischen Farben den Raum ein wenig freundlicher zu machen. Auch im Bad könnten die aus der Mode gekommenen Fliesenmuster durch viel Weiß in Form von Handtüchern, Spiegeln und Vorlegern entschärft werden.

„Home-Staging ist aber nicht nur ein Hübschmachen oder nett Herrichten“, sagt Graf-Farin, „Auch kaufmännische Überlegungen spielen eine Rolle: Wie viel muss ich investieren um den Marktwert der Immobilie gut durchzusetzen?“ Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren (VPB) steht dem neuen Trend eher kritisch gegenüber. Sie befürchtet, dass sich Käufer vom Werk der Home-Stager blenden lassen, und empfiehlt deshalb, ein Gutachten erstellen zu lassen. „Dann kann man einen realistischen Preis für die Immobilie von einem Bausachverständigen ermitteln lassen.“ Den könne man dem Käufer nennen. „So hat der auch nicht das Gefühl, feilschen zu müssen“, sagt sie.

Das Gutachten habe zudem den Vorteil, dass Sanierungsbedarf ermittelt und mögliche Mängel aufgedeckt werden. „Falls der Verkäufer dem Käufer die Mängel verschweigt, kann es dazu kommen, dass der gesamte Verkauf rückgängig gemacht wird“, warnt die Expertin. Deshalb dürften Wasserflecken an der Wand mit ungeklärter Herkunft nicht einfach überstrichen werden.

Aufgrund solcher Bedenken haben sich die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Home Staging und Redesign (DGHR) in ihrem Ehrenkodex verpflichtet, nicht wissentlich Baumängel zu ver- oder überdecken.

„Da könnten wir sonst alle in Teufels Küche kommen“, sagt DGHR-Mitglied Rieck. Sie rät, bei der Auswahl des Home-Stagers auf jeden Fall darauf zu achten, dass die betreffende Person in einem Verband organisiert sei, eine Betriebshaftpflichtversicherung habe und vor Beginn der Arbeit mit dem Verkäufer einen Vertrag abschließe.

Sind die Formalitäten abgeschlossen, dauere die Arbeit des Home-Stagers in der Regel und je nach Größe der Immobilie und Aufwand etwa ein bis zwei Wochen, erzählt die DGHR-Vorstandsvorsitzende Tina Humburg. Auf den Hausbesitzer kommen Kosten in Höhe von etwa ein bis drei Prozent des Kaufpreises zu. Das könne sich unter Umständen lohnen: Durch erfolgreiches Home-Staging verkürze sich die Zeit, die zum Verkauf des Objektes benötigt wird, teilweise erheblich. Dass sich durch Home-Staging auch höhere Preise erzielen ließen, sei dagegen nicht belegt, sagt Humburg. (dpa)

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