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Wiener Melange statt Latte Macchiato. Am Roseneck im „Dreiländereck“ zwischen Grunewald, Schmargendorf und Dahlem sitzt man nett und noch dazu waldnah.

© imago/Schöning

Neubauprojekte: Nicht hip und trotzdem heiß begehrt

Der gute alte Südwesten ist eine der beliebtesten Wohngegenden Berlins. Das bestätigen die vielen Neubauprojekte.

Wer das Areal der ehemaligen Steubenkaserne am Dahlemer Weg in Zehlendorf längere Zeit nicht mehr gesehen hat, staunt nicht schlecht. Wo sich einst eine unansehnliche Brache neben Self-Storage-Lagerhäusern erstreckte, stehen jetzt die ersten Wohnhäuser eines neuen Quartiers kurz vor der Fertigstellung. Cedelia haben die Verantwortlichen von Hochtief Projektentwicklung und Kondor Wessels ihr Vorhaben genannt, das 280 Miet- und Eigentumswohnungen umfasst.

Gordon Gorski, Leiter der Niederlassung Berlin-Brandenburg von Hochtief Projektentwicklung, blickt zufrieden auf die Baustelle: 86 Prozent der Eigentumswohnungen sind bereits verkauft, während sich ein institutioneller Investor auf einen Schlag die Mietwohnungen gesichert hat.

Dieser Investor ist zuversichtlich, die Wohnungen für eine Quadratmetermiete zwischen zehn und elf Euro problemlos vermieten zu können. Sein Optimismus ist vermutlich nicht unbegründet: Mögen die Hipster vor ihren Notebooks in den Cafés von Mitte sitzen, mögen die Studierenden und die Kreativen überteuerte Mieten für schlecht sanierte Hinterhofwohnungen in Kreuzkölln bezahlen, mögen immer wieder neue In-Viertel durch die Medien geistern – der gute alte Südwesten Berlins mit den Bezirken Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf ist und bleibt eine der begehrtesten Wohnlagen der Hauptstadt.

Im Südwesten Berlins entstehen 3000 Wohneinheiten

Das zeigt sich auch daran, dass sich an immer mehr Stellen von Charlottenburg und Wilmersdorf, von Steglitz, Zehlendorf und Lichterfelde die Baukräne drehen. Den Bau von fast 3000 Wohneinheiten in diesen Ortsteilen genehmigten die Behörden im Jahr 2014. Längst entstehen dabei nicht nur Eigentums-, sondern auch immer mehr Mietwohnungen. Zum Beispiel An den Hubertshäusern 17 und damit nördlich der Potsdamer Chaussee: Dort hat die Hilfswerk-Siedlung gerade mit dem Abbruch eines seit 2012 geschlossenen Seniorenwohnheims begonnen.

Anschließend wird das Evangelische Wohnungsunternehmen 48 Wohnungen errichten. „Die Modernisierungskosten hätten fast bei den jetzigen Neubaukosten gelegen“, begründet Lara Brüggemann von der Hilfswerk-Siedlung die Entscheidung für den sogenannten Ersatzneubau. Die neuen Wohnungen werden zwischen einem und zweieinhalb Zimmer aufweisen und im Herbst 2016 fertig sein. Die Höhe der Miete steht laut Brüggemann noch nicht fest.

Ebenfalls Mietwohnungen entstehen in der Goerzallee/Harry-S.-Truman-Allee, wo NCC das Steglitzer Parkquartier realisiert. Obwohl die Mieter erst Ende 2016 einziehen werden, sind die 120 Wohnungen bereits an die Pensionskasse der Bewag verkauft. „Steglitz-Zehlendorf hat einen guten Namen“, stellt NCC-Geschäftsführer Nils Olov Boback fest. Deshalb entstehen im Steglitzer Parkquartier neben den Mietwohnungen auch Eigentumswohnungen und Reihenhäuser.

Neubau-Villen auf dem Paulinum-Areal

Investoren wissen um die Attraktivität des Berliner Südwestens. So entsteht an der Goerzallee das „Steglitzer Parkquartier“ mit Wohnungen und Reihenhäusern.
Investoren wissen um die Attraktivität des Berliner Südwestens. So entsteht an der Goerzallee das „Steglitzer Parkquartier“ mit Wohnungen und Reihenhäusern.

© Promo, NCC

Ein Reihenmittelhaus mit knapp 200 Quadratmeter Wohnfläche beispielsweise kostet 410 000 Euro, eine 53 Quadratmeter große Wohnung 185 000 Euro. Damit bewegt sich das NCC-Projekt am unteren Rand der Preise, die im Bezirk Steglitz-Zehlendorf aufgerufen werden. Zwischen 2450 und 4900 Euro kostet der Quadratmeter zum Beispiel im Quartier am Stadtpark Steglitz, das der Berliner Projektentwickler Diamona & Harnisch bis Mai 2017 am Steglitzer Damm 24 realisiert. Das Vorhaben umfasst 99 Wohnungen mit einem bis fünf Zimmern.

Mit einem Durchschnittspreis von 5000 Euro pro Quadratmeter noch einmal deutlich teurer ist ein weiteres Projekt von Diamona & Harnisch: das Paulinum-Dahlem in der Wichernstraße. „Bereits jetzt sind mehr als 60 Prozent der 31 Eigentumswohnungen vermarktet“, sagte Alexander Harnisch, Geschäftsführer von Diamona & Harnisch, beim Richtfest im April.

Architektonisch orientieren sich die fünf Neubauten am benachbarten Paulinum, einem denkmalgeschützten Gebäude, in dem bis 1999 im zweiten Bildungsweg Pfarrer ausgebildet wurden. Auch dort entstehen jetzt Wohnungen: Die Unternehmen F&B und Pantera schaffen unter dem Namen Oxford Living 41 Einheiten. Diese kosten im Schnitt sogar 6000 Euro pro Quadratmeter – dafür locken die mit dem Denkmalstatus verbundenen Steuervorteile.

Kein Mangel an Luxusprojekten herrscht auch in Charlottenburg-Wilmersdorf. Preislich weit vorn marschiert der Neubau, der in der Bleibtreustraße 25 in die Höhe wächst. 12 500 Euro pro Quadratmeter verlangt die Bauwert Investment Group für eine Penthouse-Wohnung, und selbst die günstigste Einheit schlägt mit 6250 Euro pro Quadratmeter zu Buche. Trotzdem sind knapp ein Jahr vor Fertigstellung 14 der 22 Wohnungen verkauft und drei reserviert.

Das denkmalgeschützte Paulinum in Dahlem im Reichensteiner Weg, in dem einst Pfarrer ausgebildet wurden, wird saniert und als „Oxford Living“ zu 41 Wohnungen umgebaut.
Das denkmalgeschützte Paulinum in Dahlem im Reichensteiner Weg, in dem einst Pfarrer ausgebildet wurden, wird saniert und als „Oxford Living“ zu 41 Wohnungen umgebaut.

© Promo,Pantera

Eingesessene Berliner ziehen in die Kurfürsten-Logen

Geradezu günstig wirken da die Wohnungen im Projekt Gervin & Wilmers, für das diese Woche Richtfest gefeiert wurde. 77 Eigentumswohnungen zu einem durchschnittlichen Preis von 4300 Euro pro Quadratmeter errichtet die Buwog Group in der Gervinusstraße/Ecke Wilmersdorfer Straße; davon sind nach Unternehmensangaben bereits 95 Prozent verkauft. Die Käuferschaft, heißt es bei Buwog, sei relativ jung und international, wobei viele Kunden bereits seit einiger Zeit im Kiez lebten.

Hauptsächlich eingesessene Berliner sichern sich hingegen eine Wohnung in den Kurfürsten-Logen, die die Baywobau in der Albrecht-Achilles-Straße, gegenüber der Schaubühne, errichtet. Hier betragen die Quadratmeterpreise zwischen 4300 und 8200 Euro. Die Bauarbeiten an den 61 Wohnungen haben begonnen – was nicht selbstverständlich ist: Bereits 2012 hatte nämlich ein anderer Bauträger den Baubeginn angekündigt, ohne das Projekt dann zu realisieren.

Bürger wollen sich beteiligen

Mit Schwierigkeiten anderer Art haben diverse weitere Investoren im Südwesten der Stadt zu kämpfen. Denn auch wenn das Leben an Ludwigkirchplatz, Mexikoplatz und Wannsee weniger hektisch ist als in den aufgeregten Szenevierteln: Der Trend zu mehr Bürgerbeteiligung macht auch um Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf keinen Bogen. Das erfährt beispielsweise die Sanus AG, die in der Seesener Straße mit dem Bau von 217 Mietwohnungen begonnen hat – gegen heftigen Protest der Bürgerinitiative Henriettenplatz, die durch dieses und ein weiteres Bauvorhaben eine Verschlechterung der Wohnqualität befürchtet.

„Es ist städtebaulich sinnvoll und richtig, dass in der Seesener Straße Wohnungen entstehen und der Blockrand vervollständigt wird“, erklärt hingegen Marc Schulte, Baustadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf. „Deshalb haben wir eine Befreiung von den eigentlich zulässigen Vorgaben erteilt.“ Immerhin sichert Schulte zu, dass das Projekt auf einer Einwohnerversammlung am 12. Juni ausführlich vorgestellt wird. Kompromissbereit zeigt Schulte sich beim nördlich angrenzenden Projekt eines anderen Investors: „Hier müssen wir noch über die Einbindung des Henriettenplatzes und des S-Bahn-Eingangs diskutieren.“

Mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatten übrigens auch die Entwickler von Cedelia in Zehlendorf: Sie mussten eine Bauverzögerung um fast ein Jahr verkraften, weil geänderte Lärmschutzvorschriften eine Umplanung erforderten. Mit dem, was Norbert Schmidt, Baustadtrat von Steglitz-Zehlendorf, auf dem Cedelia- Richtfest sagte, dürften aber viele einverstanden sein: „Im Bezirk Steglitz-Zehlendorf lässt es sich gut wohnen und leben.“

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