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In der Waldsiedlung Zehlendorf wohnt man idyllisch.

© Caro/promo

Neubauten in Zehlendorf: Der Reiz des Alten

In einer früheren Meierei entstehen Wohnungen – und auch andernorts kann man im Denkmal leben.

Noch ist die Treppe nicht eingebaut, und deshalb heißt es: Leiter hochklettern. Im oberen Geschoss der noch nicht ganz ausgebauten Wohnung angekommen, führt Wulf Christmann stolz das jüngste Schmuckstück der Christmann Unternehmensgruppe vor: die „Alte Meierei“. In der Onkel-Tom-Straße in Zehlendorf steht dieses denkmalgeschützte Ensemble, das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtet wurde und einst Zehlendorf mit Milch versorgte.

Dass aus Kuhställen Wohnungen werden, ist eine eher ungewöhnliche Umnutzung. Doch die Nachfrage nach Wohnungen im Bezirk ist groß. „Steglitz-Zehlendorf gehört zweifelsohne zu den begehrtesten Wohngegenden Berlins“, sagt Steffen Schnoor vom in Lichterfelde ansässigen Maklerhaus Schnoor Immobilien. Und die Investitionsbank Berlin (IBB) hält in ihrem Wohnungsmarktbericht fest, dass in Zehlendorf „in weiten Teilen eine sehr wohlhabende Klientel zu finden“ sei. Tatsächlich liegt das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen im Bezirk Steglitz-Zehlendorf laut IBB mit 2738 Euro um 30 Prozent über dem Berliner Durchschnitt.

Angesichts dieser Rahmenbedingungen ist es kein Wunder, dass Wulf Christmann sofort begeistert war, als er an einem Wintertag vor gut zwei Jahren erstmals das zum Verkauf stehende Ensemble der Meierei besichtigte. Die Käufer scheinen seine Begeisterung zu teilen: Von den 13 Eigentumswohnungen ist inzwischen nur noch die Musterwohnung (130 Quadratmeter für 390 000 Euro) zu haben. Je etwa die Hälfte der Käufer seien Eigennutzer und Kapitalanleger, berichtet Christmann. Letztere dürfen nach seinen Worten mit einer Miete zwischen 10,70 und 12,50 Euro pro Quadratmeter rechnen. Die künftigen Bewohner sollten allerdings besser keine Eigenbrötler sein. „Wir ermöglichen hier Leben in einer Gemeinschaft“, sagt Christmann. Denn die Wohnungen sind um den kleinen Innenhof gruppiert – ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis dürfte also der Lebensqualität zuträglich sein, wenn die Bewohner im Herbst dieses Jahres eingezogen sind.

In der "Alten Meierei" wurden früher Kühe gemolken.
In der "Alten Meierei" wurden früher Kühe gemolken.

© Promo/Christmann Unternehmensgruppe, Diamona & Harnisch

Die „Alte Meierei“ ist nicht das einzige Baudenkmal im Bezirk, das einer Wohnnutzung zugeführt wird. Im Reichensteiner Weg 24–26, zwischen der Freien Universität und dem Botanischen Garten, bereitet das Unternehmen Diamona & Harnisch sein Projekt „Paulinum Dahlem“ vor. Paulinum, das war auch schon der ursprüngliche Name des imposanten Gebäudes, das 1908/09 nach Plänen der Architekten Karl Kujath und Oskar Delius als Knabeninternat errichtet wurde, später als Evangelisches Theologisches Seminar diente und zuletzt, so lassen es noch nicht entfernte Firmenschilder vermuten, Büros beherbergte.

Ergänzt werden sollen das Denkmal und ein weiteres Bestandsgebäude durch fünf Neubauten, die der Architekt Klaus Theo Brenner entworfen hat. Entstehen werden so insgesamt 61 Wohnungen mit einer Wohnfläche zwischen 50 und 317 Quadratmetern.

Urbanes Dorf mit Biosupermarkt

das Paulinum war einst ein Knabeninternat.
das Paulinum war einst ein Knabeninternat.

© promo/ Christmann Unternehmensgruppe, Diamona & Harnisch

Wenig überraschend gehören die neuen Wohnungen im Reichensteiner Weg zum gehobenen Segment; bereits die günstigste Einheit kostet 189 000 Euro. Der unter Denkmalschutz stehende Altbau, wirbt Firmenchef Alexander Harnisch für sein jüngstes Projekt, „bietet Investoren über eine Absetzung für Abnutzungen (AfA) interessante Steuervorteile“. Den Baubeginn kündigt er für diesen Sommer an, die Fertigstellung für das Frühjahr 2015.

Die mit dem Denkmalstatus verbundenen Steuervorteile sind ein überzeugendes Argument auch für diejenigen Kapitalanleger, die sich im wohl spektakulärsten Umnutzungsvorhaben in Steglitz-Zehlendorf Wohneigentum gesichert haben: im Projekt „The Metropolitan Gardens“, besser bekannt als ehemaliges US-Hauptquartier. Auf dem weitläufigen Areal an der Clayallee schaffen die Prinz von Preussen Grundbesitz AG aus Bonn und die Terraplan aus Nürnberg in mehreren Bauabschnitten rund 200 Wohnungen.

Gleich gegenüber, auf der ehemaligen Truman Plaza, nimmt das Projekt „Fünf Morgen Dahlem Urban Village“ Gestalt an. Bereits weitgehend fertig ist der im Vorfeld von einer Anwohnerinitiative heftig bekämpfte Gewerbeteil an der Kreuzung zur Argentinischen Allee; hier werden unter anderem ein konventioneller und ein Biosupermarkt die Versorgung der Nachbarschaft sicherstellen. Derzeit im Vertrieb sind die Wohnungen des zweiten Bauabschnitts, für die der Projektentwickler Stofanel schwerpunktmäßig um die 5000 Euro pro Quadratmeter verlangt.

Ob eines fernen Tages auch das „Urban Village“ Denkmalstatus erlangen wird, muss die Zukunft zeigen. Unzweifelhaft denkmalwürdig ist dagegen die von Bruno Taut (1880–1938) entworfene Siedlung unweit des U-Bahnhofs Onkel Toms Hütte, ganz in der Nähe der großen Bauvorhaben. Die Waldsiedlung Zehlendorf – wegen ihrer mal grünen, mal gelben, mal roten Fassaden auch „Papageiensiedlung“ genannt – strahlt eine geradezu idyllische Atmosphäre aus, die rein gar nichts mit dem Trubel der Innenstadt zu tun hat. In Zehlendorf hatte man es eben schon immer gern ein bisschen ruhiger.

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