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Immobilien: "Nur noch zwei Jahre"

Senator Strieder: Stadtvision in dieser Koalition chancenlosVON RALF SCHÖNBALL UND CHRISTOF HARDEBUSCH Mit der Solarverordnung und der Eigenheiminitiative liefen zwei hehre Projekte des Berliner Senats ins Leere.Nun gibt es einen zweiten Anlauf.

Senator Strieder: Stadtvision in dieser Koalition chancenlosVON RALF SCHÖNBALL UND CHRISTOF HARDEBUSCH Mit der Solarverordnung und der Eigenheiminitiative liefen zwei hehre Projekte des Berliner Senats ins Leere.Nun gibt es einen zweiten Anlauf.Der Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz, Peter Strieder, versteht sich bei der Solarverordnung als treibende Kraft und bei der "Eigentumstrategie Berlin 2000" als stadtplanerisches Korrektiv der Bauverwaltung.Mit ihm sprachen Ralf Schönball und Christof Hardebusch. TAGESSPIEGEL: Obwohl die Solarverordnung vom Abgeordnetenhaus beschlossen wurde, folgte auf den Widerstand der Wirtschaft ein Rückzug auf Raten.Nun wollen Sie sich mit einer sogenannten freiwilligen Selbstverpflichtung der Bauwirtschaft begnügen.Wo bleibt ihr politischer Ehrgeiz? STRIEDER: Die Verordnung hätten die Bauträger unterlaufen können, dagegen ziehen bei einer Selbstverpflichtung die Verbände der Wohnungswirtschaft, die Kammer und die Handwerkerinnungen mit.Ein solches breites Bündnis brauchen wir, um unsere Ziele zu erreichen.Nachdem die Mängel im ersten Entwurf der Selbstverpflichtung ausgeräumt sind, bin ich mit dem nun ausgehandelten Ergebnis zufrieden.Wir haben die Zusage, daß drei Viertel der Sonnenkollektorfläche, die die Solarverordnung vorsah, installiert werden.Darüberhinaus verpflichten sich Verbände und Wirtschaft zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um den CO2 Ausstoß zu verringern.Darin wird die Solarverordnung sogar um 150 Prozent überboten.Außerdem hätte eine Solarverordnung nur für den Wohnungsneubau gegolten, nun werden die Investoren ihre solare Pflicht auch im Altbaubestand erfüllen.Da auf Altbauten aufgrund der steuerlichen Förderungen das größte Bauvolumen entfällt, war dies eine richtige Lösung. TAGESSPIEGEL: Anlagen zur Erzeugung von Strom aus der Sonne werden mit dem neuen Bewag-Programm gefördert, solare Warmwasserbereitung im Wohnungsneubau überhaupt nicht.Zufall oder politischer Wille? STRIEDER: Auf Dauer werden sich umweltfreundliche Technologien nur durchsetzen können, wenn sie sich auch ökonomisch rechnen.Die Aufbereitung von warmen Wasser mit Sonnenenergie hat diese Schwelle der Wirtschaftlichkeit fast überschritten.Wenn die SPD die Bundestagswahl 1998 gewonnen hat, werden die konventionellen Energieträger im Rahmen einer ökologischen Steuerreform teurer und diese Art der Solarenergie wird damit auch wirtschaftlich eine attraktive Art der Wärmeerzeugung werden.Gerade in Zeiten leerer Kassen können wir nicht mehr einfach Subventionen verteilen, sondern müssen die Mechanismen der Marktwirtschaft für politische Ziele nutzen. TAGESSPIEGEL: Mit der Eigentumstrategie Berlin 2000 setzt sich ihr politischer Rivale, Senator Jürgen Klemann, erfolgreich in Szene.Dabei dürfte die Ausweisung von 50 000 Eigenheimgrundstücken vor allem die Stadtplanung fordern.Zieht Ihre Verwaltung mit? STRIEDER: Anfangs wollte die Bauverwaltung einfach den Flächennutzungsplan ändern und so viele Freiflächen wie möglich als Bauland für Eigenheime ausweisen.Erst meine Mitarbeiter haben die qualitativen Kriterien eingeführt.Die neuen Flächen werden dort ausgewiesen, wo es stadtplanerisch sinnvoll ist, im Nordosten oder in Treptow, wo bereits Eigenheimsiedlungen mit jeweils großen Grundstücken bestehen.Viele Eigentümer müssen dort ohnehin Teile ihrer Grundstücke veräußern, weil sie Kapital für Instandhaltung und Sanierung brauchen.Wir wollen sie dabei beraten und unterstützen.In diesen Gebieten ist Platz für 60 000 Eigenheime und 20 000 Eigentumswohnungen. TAGESSPIEGEL: Diese Flächen sind bereits im Flächennutzungsplan von 1994 ausgewiesen, auch mit dem Ziel der Nachverdichtung durch Eigenheimbau.Viel getan hat sich aber bisher nicht.Kann die Ausweisung von Grundstücken, die nicht einmal landeseigen sind, überhaupt die Abwanderung von Steuerzahlern nach Brandenburg stoppen? STRIEDER: Nicht völlig.Derzeit verlassen uns aber viele Familien mit Kindern, weil sie ihnen die Umweltbedingungen in unserer Stadt nicht zumuten wollen.Setzt sich diese Entwicklung fort, bleiben nur noch Kinderlose in Berlin und Familien, die sich einen Umzug ins Umland nicht leisten können.Wir müssen diesen Trend zur sozialen Entmischung aufhalten.Dazu brauchen wir eine Stadt, die Raum für verschiedene Lebensentwürfe hat.Dazu gehört die Eigentumswohnung in Mehrfamilienhäusern ebenso wie Angebote für das eigene Haus mit Garten innerhalb der Stadtgrenzen.Ein Königsweg ist der Eigenheimbau allerdings nicht. TAGESSPIEGEL: Ist die neue Eigenheiminitiative nicht ganz im Gegenteil der Motor für die soziale Entmischung? STRIEDER: Nein, sie wendet sich an diejenigen, die ohnehin gebaut hätten und dies in Brandenburg tun, wenn wir ihnen keine Angebote machen.Die Eigentumstrategie Berlin 2000 beschränkt sich aber nicht auf Eigenheime.Die städtischen Wohnungsbauunternehmen sollen ihren Mietern verstärkt Wohnungen zum Kauf anbieten, zu attraktiven Konditionen.Die Preise für diese Wohnungen sollen so sein, daß die Abzahlungsraten nur wenig über die zuvor gezahlte Miete zuzüglich Fehlbelegungsabgabe liegen.Und dafür müssen wir in der Mieterstadt Berlin ähnlich werben wie die Telekom für ihre Volksaktie.Wir müssen eine Kampagne starten, die den Mietern die Angst vor dem wirtschaftlichen Risiko eines Wohnungskaufs nimmt. TAGESSPIEGEL: Die Teilung der Stadt in wohlhabende und benachteiligte Bezirke ist bereits im Gange.Wer investiert schon Geld in eine Wohnung dessen Umfeld verwahrlost? STRIEDER: Genau das ist meine Sorge.Viele Bekannte, die wie ich im Zentrum wohnen, halten die Stadt nicht länger für erträglich.Wir müssen mehr für die benachteiligten Bezirke tun.Besonders in der Innenstadt müssen wir die Qualität der Grünanlagen verbessern und mehr investieren als in grünen Randbezirken, wo das Wohnumfeld ohnedies sehr gut ist.Die Bezirke müssen lernen, daß der öffentliche Raum wesentlich ist für den Stadtcharakter.Das größte Problem ist dabei der Autoverkehr.In allen Nebenstraßen muß Tempo 30 angeordnet werden.Außerdem brauchen wir mehr verkehrsberuhigte Zonen und Spielstraßen. TAGESSPIEGEL: Die Verkehrsverwaltung ist da nicht Ihrer Meinung.Haben Sie Chancen, ihre Vorstellungen gegen Klemann durchzusetzen? STRIEDER: Ich setze keine großen Hoffnungen in die Innovationsfähigkeit vieler der amtierenden CDU-Politiker.Die Koalition dauert noch zwei Jahre.In einigen Punkten werden wir einfach warten müssen.

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