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Das Speisehaus der Nationen im Olympischen Dorf von 1936. Von den obersten Terrassen aus konnte man das Olympiastadion sehen.

© imago/Schöning

Olympisches Dorf Elstal: Teilverkauf fast perfekt

Im Olympischen Dorf könnten bald wieder Menschen wohnen. Der Eigentümer und ein Nürnberger Projektentwickler befinden sich im Endstadium der Verkaufsverhandlungen.

Beim Marathon um die Wiederbelebung des Olympischen Dorfs bewegen sich die Beteiligten gerade auf die Zielgerade zu. Der Eigentümer, die Deutsche Kreditbank Wohnungsbau und Stadtentwicklung (DKB Wohnen), und der Nürnberger Projektentwickler Terraplan befinden sich nach Informationen dieser Zeitung im Endstadium der Verkaufsverhandlungen für einen sieben Hektar großen ersten Bauabschnitt. Er soll das zentrale Speisehaus und weitere Wohngebäude in der Kubatur der ehemaligen Sportlerunterkünfte umfassen.

Als Sponsor im Hintergrund hatte die Gemeinde Wustermark das Projekt möglich gemacht, indem sie die Gelder für ein Integriertes Quartiersentwicklungskonzept zur Verfügung stellte und das Planungswerk zusammen mit den Berliner Büros Meier-Hartmann, Jahn, Mack & Partner sowie weiteren Architekten stemmte. „Das war eine Herkulesaufgabe für unsere kleine Verwaltung“, sagt Bürgermeister Holger Schreiber (parteilos).

Weitere Mittel erkämpfte die Gemeinde aus einem Förderprogramm für nationale Projekte des Städtebaus, aus dem zwei Drittel der 3,9 Millionen Euro für das Entwicklungskonzept und die Erschließung des Geländes fließen. Mit dem Antrag errang Wustermark 2014 einen Sieg über ein gutes Dutzend anderer Kommunen im Land Brandenburg.

Das Projekt war groß, wie alles, was Nazis unternahmen

Wer sich heute an die Nachnutzung des Olympischen Dorfs traut, muss Geduld und Erfahrung mitbringen, um aus der 53 Hektar großen Liegenschaft wieder ein Wohngebiet zu machen. Ein Großteil der ehemaligen Sportlerunterkünfte ist verfallen oder wurde von der sowjetischen Armee überbaut. Auch am imposanten Speisehaus mit seinen 38 Küchen hat der Zahn der Zeit genagt.

Das Projekt war groß dimensioniert wie alles, was die Nazis unternahmen: Ein Dorf für 40 000 Menschen stampften sie anlässlich der Olympischen Spiele 1936 aus dem märkischen Sand. Von vornherein war geplant, es später für militärische Zwecke zu nutzen.

Fast auf den Tag genau vor 20 Jahren schien das Olympische Dorf bereits gerettet. Am 4. September 1996 teilte die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) Brandenburg mit, dass das Olympische Dorf in den nächsten zehn Jahren mit 1,5 Milliarden Mark in eine Wohnstadt im Grünen verwandelt werden solle.

Die LEG wollte dafür zusammen mit einer Tochter der Landesbank Berlin und der Firma Lincoln Properties aus Dallas eine Entwicklungsgesellschaft gründen. Daraus wurde nichts.

Terraplan und die DKB wollen sich bis Ende dieses Jahres einigen

Nun hat der fränkische Investor Terraplan Interesse an der Liegenschaft angemeldet. Das Familienunternehmen ist spezialisiert auf Wiederbelebung historischer Gebäude und vor allem in Berlin und Brandenburg aktiv. Zwei- und Dreizimmersuiten baut Terraplan zurzeit in das barocke Gebäude der ehemaligen Volkshochschule in Potsdam ein.

Auf dem Gelände der Roten Kaserne ebenfalls in Potsdam hat Terraplan saniert. Auf dem Funkerberg in Königs Wusterhausen verwandelte das Unternehmen mehrere historische Gebäude wie das ehemalige Kutschenhaus in Mehrfamilienhäuser und ergänzte nicht mehr vorhandene Bauten, die einmal zu dem Ensemble gehörten.

Nun müssen sich Terraplan und die DKB Wohnen in den Kaufvertragsverhandlungen einig werden. Bis Ende dieses Jahres werde es wahrscheinlich so weit sein, kündigt der Direktor für Projektentwicklung bei Terraplan, Gerhard Trubel, an.

„Es bestehen sehr, sehr gute Aussichten, dass wir uns einigen“, sagt der Geschäftsführer der DKB Wohnen, Florian Lieb. Insgesamt sollen im sogenannten Gebiet B am Speisehaus 23 000 Quadratmeter neuer Wohnraum geschaffen werden.

Die Nutzung des Gemeinschaftshauses und Umgebung bleibt noch offen

Planerisch vorgedacht sind weitere Bauabschnitte im Integrierten Entwicklungskonzept. Im südlichen Bereich ist in der ersten Reihe wie im Westen des Speisehauses eine Bebauung anlehnend an die ehemalige Struktur angedacht, also eingeschossige Bauten mit Satteldach.

„Dahinter ist Raum für eine freiere Interpretation von Wohnraum, hier sind zwei bis drei Geschosse vorstellbar, wenn auch weiterhin in der ehemaligen elliptischen Ausrichtung der Gebäude“, heißt es im Konzept.

Noch offen ist die künftige Nutzung des nach Hindenburg benannten Gemeinschaftshauses und seiner Umgebung. Sie wird als gewerbeorientiert gesehen, wobei auch eine Wohnnutzung möglich sei.

Was die Plattenbauten aus der sowjetischen Zeit angeht, verhindern sie laut dem Entwicklungskonzept eine Wiederherstellung des Geländes, wie es in den 30er Jahren angelegt wurde. Auch diese Gestaltung mit einem künstlich angelegten See und aufgeschütteten Hügeln steht unter Denkmalschutz.

Zwar sei eine Revitalisierung von Teilen der Blockbauten für eine neue Wohnnutzung grundsätzlich möglich, allerdings seien hierzu vertiefende Gutachten zur Baukonstruktion notwendig, heißt es im Entwicklungskonzept. Die Entscheidung über Abriss oder Revitalisierung wurde von der Denkmalpflege freigestellt. Die zwei nördlichsten Blockbauten sollten aber auf jeden Fall abgerissen, weil sie durch ihre Höhe die Solitärstellung des Speisehauses beeinträchtigen.

Ende 2017 müssen die Bagger rollen

Bürgermeister Schreiber hofft, das Olympische Dorf in den kommenden zehn Jahren komplett zu entwickeln. Bis zu 1000 Wohnungen könnten dort geschaffen werden, sagt er. Ein Mehrwert für die Gemeinde soll in der Nutzung von Sporthalle und -platz sowie der Freiflächen liegen.

Wenn die Kaufverhandlungen nicht auf den letzten Metern scheitern, wird 2017 Baurecht geschaffen, kündigt Schreiber an. Ende kommenden Jahres müssen dann bereits die Bagger rollen, um den Auflagen des Förderprogramms für nationale Projekte des Städtebaus zu genügen.

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