zum Hauptinhalt
Eckgrundstück im Regierungsviertel. Prozessberater helfen, das Richtige zu finden, wie beim Berliner Sitz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.

© Hartmut Nägele/DGUV

Projektsteuerer bei Bauvorhaben: Schnittstellen und Zuschnitt nach Maß

Die Komplexität moderner Bauvorhaben erfordert eine professionelle Überwachung sämtlicher Prozesse. Projektsteuerer koordinieren Gewerbealtbausanierungen und -neubauten.

Überteuerte Bauvorhaben sind heute keine Seltenheit. Oft fehlt es an präziser Planung, klarer Kommunikation und einem verlässlichen Entscheidungsmanagement. Gerade dann, wenn ein Wirtschaftsunternehmen oder eine Behörde für sich selbst bauen, geschieht es häufig, dass am Ende nicht das Gebäude entsteht, das gebraucht wird.

„Eine eigene Bauabteilung, die so aufgestellt ist, dass sie den Bau eines neuen Unternehmenssitzes steuern kann, wäre zu teuer, schließlich bleibt diese Situation ja meist ein Einzelfall“, erläutert Sascha Thran, Bereichsleiter Prozessmanagement der Witte Projektmanagement GmbH. Projektmanager übernehmen deshalb zunehmend nicht nur Verantwortung für die Steuerung der Bautätigkeit, sondern begleiten den Bauherrn wie eine eigene Bauabteilung: von Grundstückswahl und Architektenwettbewerb bis zur internen Koordination und dem Umzugsmanagement.

Die Lage zählt

Gerade die Anfänge sind entscheidend. „Oft weiß der Bauherr zum Beispiel von Anfang an genau, dass der Teppich rot sein soll“, schildert Thran, „doch diese Frage ist zunächst nicht das, worauf es ankommt. Viel wichtiger sind: Welcher Standort eignet sich für das Unternehmen? Wie groß muss das Gebäude sein? Welche Raumkonzepte werden benötigt, welche Bauqualität muss in Verbindung mit den unterschiedlichen Gebäudefunktionen erzielt werden? Und am Ende: Was kostet das Ganze, wenn alles stimmt? Deshalb erarbeiten wir gemeinsam mit dem Auftraggeber die Anforderungen und das Nutzerbedarfsprogramm, etwa über Workshops.“

Für die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, DGUV, die kürzlich in ihren neuen Berliner Hauptsitz eingezogen ist, zählte zum Beispiel vor allem die Lage im Regierungsviertel. „Zum anderen überzeugte uns der Zuschnitt als Eckgrundstück – er ermöglicht eine besonders wirtschaftliche Flächennutzung“, erläutert Dr. Joachim Breuer, Hauptgeschäftsführer der DGUV.

Ein Prozessmanager überwacht und steuert den Ablauf

Viele große Bauherren beauftragen zunächst einen Immobilienentwickler, der das Vorhaben wirtschaftlich konzipiert, zum Kauf anbietet und bis zur Übergabe realisiert. Der Projektsteuerer prüft die technischen Belange und die Kosten, koordiniert sowohl die Planung als auch die Abläufe auf der Baustelle.

Für das, was der Kunde aber aus seinen inneren Strukturen heraus vom neuen Gebäude erwartet, beauftragt er den Prozessmanager, der, je nach Auftrag und Umfang, sämtliche Schnittstellen im Blick behält und steuert: die Abstimmung zwischen den Abteilungen, die fachliche Beratung und das Entscheidungsmanagement der Vorstände, die Vertragsverhandlungen, teilweise qua Vollmacht, gegebenenfalls das Management von Presse und Öffentlichkeit, die Kostenkontrolle und Fachgespräche mit den Dienstleistern.

Bei modernen Bauvorhaben ist Nachhaltigkeit gefragt

Energieeffizienz, grüne Zertifikate, technische Ausrüstung oder Bürotechnik – moderne Bauvorhaben sind auch für Profis komplex – für den Laien sind sie unüberschaubarer. Gerade bei Energiekonzept und Betriebskosten ist Nachhaltigkeit gefragt. Auch diese Entscheidungen liegen am besten in den Anfängen, noch bevor eine Skizze des Architekten vorliegt.

Nachhaltigkeit spielte beim DGUV-Sitz in Berlin eine große Rolle.
Nachhaltigkeit spielte beim DGUV-Sitz in Berlin eine große Rolle.

©  Daavid Mörtl

„Sonst ist man später mit Dingen konfrontiert, die man nicht mehr beeinflussen kann“, warnt Carsten Poralla, Projektsteuerer und Business Unit Manager bei Arcadis Deutschland, einem global tätigen Planungs- und Beratungsunternehmen.

Wichtig seien etwa klare Anforderungen an die Büroräume. Eine Personalabteilung sei meist abgetrennt und mit Einzelbüros konzipiert, für Kreative eigneten sich eher offene, vielseitig nutzbare Räumlichkeiten. „Wegen der Kommunikation und kurzer Wege ist eine Abteilung oft am besten auf einer Etage angesiedelt“, erklärt Poralla. Aktuell favorisierten die Bauherren Open-Space-Büros, aber anders als noch vor zwanzig Jahren. „Heute gibt es hier auch abgeschirmte Telefonkonferenz- und Rückzugsräume oder Sharedesks. Ist einer meist unterwegs oder in Besprechungen, reicht für ihn ein Flexdesk oder ein kleinerer Arbeitsplatz, wo er seine E-Mails abrufen kann.“

Nutzerprojektmanagement hilft, den Terminplan und das Budget einzuhalten

Auch während des Bauens gilt: Entscheidungen sollten fachlich korrekt und zum richtigen Zeitpunkt getroffen werden, da sonst Kosten- und Terminvorgaben schnell aus dem Ruder laufen. „Der Prozessmanager begleitet uns bei allen Baubesprechungen, er prüft die Planungen, erläutert die für uns wichtigen technischen Fragen und gibt Empfehlungen“, beschreibt ein Bauherr.

Mitglieder des Verbandes der Projektsteuerer (DVP) hatten erstmals 2003 besondere Leistungen herausgestellt: Module der Baubetreuung und des Consultings, die je nach Bedarf beauftragt werden können. „Aus unserer Praxis heraus lässt sich klar von einer Zunahme beim Prozess- oder Nutzerprojektmanagement sprechen“, berichtet Rainer Schofer, Vorstand des Verbands.

Die Komplexität heutiger Bauvorhaben erfordert eine hochprofessionelle Steuerung sämtlicher Prozesse. Denn Unternehmer wollen zum gewünschten Termin und im Rahmen des Budgets in den eigenen, maßgeschneiderten Unternehmenssitz einziehen.

Irmelin Ehrig

Zur Startseite