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Der Fall des Rauchers Friedhelm Adolfs aus Düsseldorf ist noch nicht abgeschlossen. Laut Urteil muss der Prozess neu aufgerollt werden.

© Uli Deck/dpa

Rauchen in der Wohnung: Die Luft wird dick

Beim Rauchen in der Wohnung kommt es auf das Maß an – und darauf, Kompromisse zu machen.

Die Konflikte zwischen Rauchern und Nichtrauchern nehmen zu. Vorbei die Zeit, in der Raucher die sprichwörtliche Lufthoheit in Restaurants, Kneipen, Büros oder Wohnungen beanspruchen konnten. Blauer Dunst wird nur noch im Freien geduldet und selbst dort nicht überall. Wer auf dem Balkon raucht, riskiert Streit mit den Nachbarn.

Längst sind die Konfliktfälle in deutschen Gerichtssälen angekommen. Drei höchstrichterliche Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Rauchen in den eigenen vier Wänden liegen jetzt vor. Das vorläufig letzte fiel im Falle des Düsseldorfer Rauchers Friedhelm Adolfs. Dem war wegen Zigarettengestanks im Treppenhaus gekündigt worden – vorläufig aber erfolglos.

Inzwischen zeichnet sich eine Linie ab, mit der die Gerichte sozusagen die Grenze zwischen Rauchern und Nichtrauchern abstecken. Die Quintessenz lässt sich so zusammenfassen: Es kommt auf das Maß an. Rauchen in den eigenen vier Wänden ist grundsätzlich zulässig. Ob man nun seine Gesundheit schädigt oder nicht – diese Entscheidung gehört zur privaten Lebensführung. Vermieter, nichtrauchende Nachbarn und Mitbewohner haben auch keinen Anspruch darauf, dass in der Wohnung oder auf dem Balkon nie geraucht wird und es im Treppenhaus keinerlei Zigarettengeruch gibt.

Es geht nicht immer um Schadenersatz

Wenn aber Wohnung oder Treppenhaus wie eine Kneipe stinken oder Mitbewohnern ganztägig der Rauch vom unteren Balkon in die Nase steigt, dann ist die Grenze überschritten. Exzessive Raucher müssen mit massiven Folgen rechnen – auch finanziellen. Kosten können vor allem bei den Schönheitsreparaturen entstehen. Zieht ein Raucher aus und sitzt der kalte Rauch so tief in den Wänden, dass eine neue Tapete nicht hilft und eine Dämmschicht aufgetragen werden muss, ist der Mieter schadenersatzpflichtig. Denn exzessives Rauchen ist kein vertragsgemäßer Gebrauch mehr, entschied der BGH im März 2008 (AZ: VIII ZR 37/07). Es war damals einer der ersten Raucherfälle, die bis zur höchsten Instanz nach Karlsruhe getrieben wurden.

In vielen Auseinandersetzungen geht es aber gar nicht um Schadenersatz, sondern um die Störung der Nachbarn und den Hausfrieden. Es sind auch nicht zwingend die Vermieter, die mit ihren Mietern streiten. So waren in einem Mehrfamilienhaus in Brandenburg beide Parteien Mieter, die übereinander wohnen. Das Paar unten rauchte angeblich täglich 25 Zigaretten auf dem Balkon; die eigene Wohnung sollte offenbar rauchfrei bleiben. Den oberen Nachbarn stieg, so ihre Behauptung, der ganze Qualm in die Nase. Auch hier bezog der BGH vor einem Monat eine mittlere Position: Ist die Belästigung gravierend, müssen rauchfreie Zeiten vereinbart werden. Gelegentliches Rauchen auf dem Balkon müssen Nachbarn dulden (AZ: V ZR 110/14).

Was ist "noch hinnehmbar" und was bereits eine Zumutung?

Der Fall des deutschlandweit bekannten Rauchers Friedhelm Adolfs aus Düsseldorf ist zwar noch nicht abgeschlossen. Aber auch bei Zigarettengestank im Treppenhaus kommt es auf das Maß an, wie der BGH am vergangenen Mittwoch entschied (AZ: VIII ZR 186/14). Doch was ist „noch hinnehmbar“ und was bereits eine Zumutung? Hier wird vom durchschnittlichen Empfinden des Normalbürgers ausgegangen. Die Richter müssen sich außerdem vor Ort selbst einen Eindruck verschaffen oder zumindest einen neutralen Gutachter einschalten – ganz billig sind solche Prozesse also nicht.

Mancher Vermieter versucht sich den Ärger vom Hals zu halten, indem er nur an Nichtraucher vermietet und das auch so in den Mietvertrag schreibt. Ob das im Zweifel hilft, ist aber nicht sicher. Was, wenn beim Nichtraucher eine rauchende Freundin einzieht? Oder wenn er früher Raucher war und rückfällig wird? Auch dann wird es wieder auf das zumutbare Maß ankommen. Der Deutsche Mieterbund jedenfalls appellierte diese Woche an Raucher und Nichtraucher, selbst den Kompromiss zu suchen.

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