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Frag den Vertrag. Alle WG-Varianten haben Vor- und Nachteile.

© dpa/Jens Kalaene

Rechte und Pflichten in der WG: Einer oder alle

Wohngemeinschaften sind günstig und gesellig. Doch wer haftet, wenn es mal brenzlig wird?

In den 1960er und 1970er Jahren wurden sie noch misstrauisch beäugt. Doch die Zeiten, in denen Wohngemeinschaften als etwas Ausgefallenes galten, sind vorbei. Inzwischen ist die WG eine attraktive Option für Studenten, Senioren und Berufstätige, die oft den Arbeitsort wechseln. In der klassischen Wohngemeinschaft leben mindestens drei Menschen zusammen, die nicht miteinander verwandt sind. Der Vorteil dieser Konstruktion liegt auf der Hand: Sie spart Geld und hilft, mit Bafög und Rente besser über die Runden zu kommen. Und sie kann ein Mittel gegen Einsamkeit sein.

Das Mietrecht kennt die Form des Zusammenwohnens in einer WG allerdings nicht. Deshalb leiten sich Regeln zum Mietvertrag aus der Rechtsprechung ab, sagt Mietrechtsanwalt Marcus Reidel aus München. Fachleute unterscheiden drei Varianten von WG-Mietverträgen:

Variante 1: Alle sind Hauptmieter

Hier sind alle Mitglieder der WG-Hauptmieter. Sie stehen namentlich im Mietvertrag, den jeder unterschreibt. Gegenüber dem Vermieter besitzen alle die gleichen Rechte und Pflichten. Bleibt in dieser sogenannten echten WG ein Bewohner Miete oder Nebenkosten schuldig, haftet jeder voll. „Der Vermieter kann sich das Geld von jedem anderen holen“, erläutert Reidel. Mehr als den Zahlungsrückstand darf der Eigentümer bei dieser gesamtschuldnerischen Haftung aber nicht abkassieren. Beim Auszug muss er die WG-Leute einzeln anschreiben und nachfragen, wie er die zur Rückzahlung anstehende Kaution verteilen soll. Das muss die Gruppe untereinander klären. Ohne Einigung wird die Kaution zunächst beim Amtsgerichts deponiert.

Ein Vertrag mit gleichberechtigten Hauptmietern hat nach Ansicht von Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund (DMB) einen Haken: „Es müssen alle gemeinsam kündigen.“ Ein Bewohner kann also nicht einfach ausziehen; er braucht grundsätzlich die Zustimmung der Mitbewohner und des Vermieters. Das Problem lässt sich lösen, indem der Vertrag zusätzlich zu den Namen ausdrücklich die Überlassung an die WG festschreibt.

Variante 2: Ein Hauptmieter, mehrere Untermieter

Möglich ist auch, einen Untermietvertrag mit einigen Mitgliedern abzuschließen. Dabei ist der Hauptmieter der Wohnung der einzige Vertragspartner des Wohnungseigentümers und wird anschließend selbst zum Vermieter. „Einer hat das Sagen, die anderen sind abhängig“, beschreibt Ropertz die starke Stellung des Hauptmieters in dieser WG. Das geht so weit, dass dessen WG-Mitbewohner ebenfalls rausfliegen, wenn der Hauptmieter vor die Tür gesetzt wird.

Er trägt im Gegenzug das gesamte wirtschaftliche Risiko: Er zahlt die Kaution, steht allein ein für die pünktliche Zahlung der vollen Miete, haftet für Schäden oder Schönheitsreparaturen und verantwortet das Einhalten der Hausordnung. Wie Kosten und Aufgaben innerhalb der WG verteilt werden und was passiert, wenn die Mitglieder ihre Pflichten nicht erfüllen, regelt dann die Wohngemeinschaft intern.

Bei Kündigung könnte der Vermieter das Mietverhältnis mit einem oder mehreren Untermietern fortsetzen. „Der Eigentümer kann nicht gezwungen werden, einen neuen Hauptmieter zu akzeptieren, aber es ist die Regel, dass übernommen wird“, sagt die Miet- und Immobilienrechtsreferentin des Eigentümerverbands Haus & Grund Deutschland, Inka-Marie Storm. Weitsichtige Untermiet-WGs lassen so eine Option von Anfang an in den Hauptmietvertrag aufnehmen.

Generell brauchen Vermieter gute Gründe, um den nachträglichen Einzug von Untermietern zu verhindern. Einer wäre, dass der Zuzug bereits im Haus unangenehm aufgefallen ist. Generell sind Mieter verpflichtet, den Hauseigentümer über Untermieter zu informieren. Zur Untermiete wohnende WG-Mitglieder können ihren Vertrag in der Regel mit einer Frist von höchstens drei Monaten kündigen.

Variante 3:

Einzelmietverträge für jedes Zimmer

Der Hauseigentümer kann die Wohnung zimmerweise per Einzelmietvertrag vermieten. „Drei Zimmer, drei Verträge“, sagt Storm. In dem Fall bestimmt praktisch der Vermieter die WG-Mitglieder. Das kann ein Nachteil sein, muss aber nicht: Jeder Mieter kann jederzeit ohne Rücksicht auf die Mitbewohner raus dem Vertrag. Es gibt auch keinen dominierenden Hauptmieter, dafür hat jeder die gleichen Rechte und Pflichten gegenüber dem Vermieter.

Die WG-Bewohner kommen ausschließlich für ihren eigenen Mietzins auf; Zahlungsrückstände oder Mietstreitigkeiten eines Einzelnen beeinflussen dessen Mitbewohner nicht. Dieses relativ unkomplizierte Teilen einer Wohnung entspricht einem normalen Mietverhältnis mit einer ebensolchen Kündigungsfrist: Drei Monate sind Standard.

Wohngemeinschaften sollten sich vor Abschluss eines Mietvertrags beraten lassen, um von vornherein möglichst viele konfliktträchtige Punkte auszuräumen. Zu den Knackpunkten gehören Kündigungsfristen, die Nebenkostenabrechnung und die Übernahme von Schönheitsreparaturen nach Auflösung der WG.

(dpa)

Zum Weiterlesen: Tipps zum Mietvertrag. Fallen vermeiden – Vorteile nutzen, Deutscher Mieterbund 2010, Verlag C. H. Beck, 4,40 Euro

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