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Immobilien: Rendite mit faulen Krediten

In schwierigen Zeiten geraten verschuldete Grundeigentümer besonders leicht in Zahlungsschwierigkeiten. Doch bevor die Zwangsversteigerung droht, bekommen sie es mit Verwertern zu tun: Inkasso-Unternehmen und US-Investoren

Meistens beginnt es mit der Trennung vom Partner. Oder mit dem Verlust des Arbeitsplatzes. Denn dann fehlt dem geschrumpften Haushalt plötzlich ein Teil der Einnahmen. Die Ausgaben aber bleiben. In die Not geraten dann oft Menschen, die einen Kredit zum Kauf einer Immobilie aufgenommen haben. Denn die Zinsuhr tickt weiter, ungeachtet der persönlichen Lebensumstände. Das Geld reicht häufig aber nicht aus, um die Forderungen der Banken zu erfüllen. So wird aus dem Kunden der Kredit- ein Fall für die Abwicklungsabteilung. Von da an wird der Vorgang ein „notleidendes Kreditengagement“ genannt, und der Schuldner muss oft noch mehr Zinsen zahlen.

Das ist der Anfang eines Kreislaufes der „Verwertung“. Und weil die Konjunktur in Deutschland dahindümpelt, geraten immer mehr Menschen da hinein. An diesem Kreislauf sind die unterschiedlichsten Instanzen beteiligt: Inkasso-Unternehmen, internationale Finanzinvestoren – erst ganz am Ende kommen Zwangsverwalter und Zwangsversteigerung. Was aber haben die Betroffenen zu erwarten von ihren neuen Geschäftspartnern?

„Wenn Forderungen nicht bezahlt werden, dann muss der Gläubiger schnell handeln“, sagt Hagen Atzrodt, Geschäftsführer der Inkasso-Firma Eurosolvent. Das modernisierte Schuldrecht schreibe nicht mehr vor, dass dreimal gemahnt werden muss vor weitergehenden Schritten. Dreißig Tage nach Rechnungslegung sei der Betrag fällig. Danach könne der Schuldner „vorgerichtlich per Telefoninkasso“ zur Zahlung aufgefordert werden. Natürlich sei es bisweilen auch erforderlich, „Präsenz vor Ort zu zeigen, aber auf seriöse Art“, sagt Atzrodt.

Bevor seine Firma einen Inkassofall annimmt, wird dessen „Wertigkeit“ überprüft. Das ist ähnlich wie im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens: Es kommt vor, dass es mangels Masse gar nicht eröffnet wird. Auch Inkasso-Firmen leiten deshalb zunächst eine „Bonitätsprüfung“ des Schuldners ein. Diese erfolgt anhand von Datenbanken wie der Schufa, mit Hilfe von Wirtschaftsauskunfteien wie Creditreform. Es wird im Schuldenregister geprüft, ob der Betroffene Offenbarungseide leistete, und bei Gericht, ob gerade´ ein Insolvenzverfahren läuft.

Ist beim Schuldner etwas zu holen, dann wird er „kaufmännisch unter Druck gesetzt“. Dazu dürften schon die „Verzugsschadenszinsen“ reichen: Privatleute müssen fünf Prozent, Firmen acht Prozent bezahlen. Hinzu kommt der „Basiszinssatz der Bundesbank, der bei 1,17 Prozent liegt. Da die Forderungen 30 Jahre bestehen bleiben, „wird das eine richtige Sparbüchse“, sagt Atzrodt.

Schulden eintreiben, das ist seit einiger Zeit auch das Geschäft der Finanzinvestoren aus den USA. Diese haben großen deutschen Kreditinstituten, darunter die auf Immobilienkredite spezialisierte Hypo Real-Estate, mehrere milliardenschwere Pakete mit zahlungsgestörten Krediten abgekauft. Davon profitieren beide Partner: Die Banken sind Problemfälle los; das ist wichtig, weil sie dadurch wieder mehr neue Kreditgeschäfte machen können. Die Käufer bekommen die „faulen Kredite“ zu einem Bruchteil des „Nominalwertes“ der Darlehen: Sie zahlen dafür zwischen 20 und 70 Prozent jener Summe, die die Schuldner nun ihnen erstatten müssen. Ein Geschäft machen die Fonds also schon dann, wenn sie etwas mehr von dem Kredit zurückbekommen, als sie dafür bezahlt haben.

Doch bei der Eintreibung der Schulden sind die US-Fonds auf dieselben Mittel angewiesen wie andere Gläubiger auch. Sie können wie die Inkasso-Firmen Gehalts- und andere Konten der Gläubiger pfänden. Und sie können auf das Vermögen zugreifen, das zum Zeitpunkt der Kreditvergabe als „Sicherheit“ zugunsten der Bank belastet wurde. Besonders beliebt sind dabei Immobilien.

„Bei vielen privaten Schuldnern ist aber auch für die neuen Gläubiger aus den USA nichts zu holen“, sagt Johann Tillich. Dem Vorsitzenden des Vereins für Existenzsicherung liegen zwei Fälle vor, in denen eine Tochterfirma des texanischen Finanzinvestors „Lone Star“ als neuer Gläubiger auftritt. So habe auch die „Zweite Westend GmbH“ bei einer überschuldeten selbstständigen Friseurmeisterin die Waffen strecken müssen. Die Kleinunternehmerin hatte im Abschreibungsfieber der neunziger Jahre eine Immobilie in den neuen Ländern erworben. Der Kaufpreis war aus heutiger Sicht viel zu hoch: Denn darin waren viele Gebühren und Gewinne enthalten, und dadurch war ein Teil der Steuervorteile im Kaufpreis abgeschöpft.

So war die Friseurmeisterin dann in die Schuldenfalle geraten: Denn vermieten ließ sich die Immobilie nur zu einem Bruchteil der Beträge, die als Zinsen und Tilgung für die Bankkredite fällig waren. Als sie nicht mehr zahlen konnte, erhöhten die säumigen Raten ihren Schuldenberg. „Deshalb sind Kredite wie dieser auch dann noch ein schlechtes Geschäft, wenn man die Forderungen für 30 Prozent der nominellen Schulden bekommt“, sagt Tillich.

Besser läuft das Geschäft für den US-Fonds offenbar bei einigen hoch verschuldeten Firmen. Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ konnte der Investor in wenigen Fällen die Schulden in Eigenkapital der Unternehmen umwandeln. Auf diese Weise kann der Gläubiger Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben. Auch die Zinsen für die Kredite sollen in Einzelfällen erhöht worden sein. Grundsätzlich ist das Eintreiben von Schulden allerdings einfacher, wenn diese durch eine Immobilie abgesichert seien, werden Fondsmanager zitiert. „Lone Star“ übernahm elf Kredit-Portfolios im Gesamtwert von 8,3 Milliarden Euro. Zum großen Teil waren diese Kredite durch Immobilien besichert.

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