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Immobilien: Sonderkündigungsrecht

Ein eher nüchternes Kürzel öffnet Welten, zumindest einigen: Paragraph 570 BGB.Der Richter beim Landgericht Rostock und Referent im Bonner Justizministerium, Dirk Both, beschreibt ihn als einen Paragraphen, der "sonst eher versteckt ein Schattendasein fristet und - so scheint es - nur gelegentlich zu historisch bedingten Anlässen entstaubt wird.

Ein eher nüchternes Kürzel öffnet Welten, zumindest einigen: Paragraph 570 BGB.Der Richter beim Landgericht Rostock und Referent im Bonner Justizministerium, Dirk Both, beschreibt ihn als einen Paragraphen, der "sonst eher versteckt ein Schattendasein fristet und - so scheint es - nur gelegentlich zu historisch bedingten Anlässen entstaubt wird." So wie jetzt, denn der Umzug der Bundesregierung nach Berlin und der nachgeordneten Behörden nach Bonn verhelfe dieser Norm "kurzzeitig zu Glanz und Bedeutung."

Der Inhalt: Beamte, Soldaten, Geistliche und Lehrer können im Falle ihrer Versetzung an einen anderen Ort ihre bisherige Wohnung unabhängig von der Wohndauer unter Einhaltung der gesetzlichen Frist von drei Monaten kündigen.Das ist für zweierlei Mietverträge von Vorteil: Für einen unbefristeten Mietvertrag bedeutet das bei langer Wohndauer eine Verkürzung der Kündigungsfrist um bestenfalls neun Monate.Liegt ein Zeitmietvertrag vor, kann durch diesen Paragraphen - sofern die Parteien nicht bereits im Vertrag ein Kündigungsrecht geregelt haben - überhaupt "erst eine Möglichkeit für den Mieter eröffnet werden, das Mietverhältnis vorfristig zu lösen", so Dirk Both in einem Aufsatz der Fachzeitschrift "Wohnungswirtschaft und Mietrecht".

Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn drei Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind: Der Mieter muß zu den genannten Personengruppen gehören, er muß aufgrund seiner Versetzung den Dienstort wechseln und es muß sich um Räume handeln, die von den Betroffenen genutzt werden.Unerheblich sei hingegen, so Both, ob es sich um Bundes- oder Landesbedienstete handele.

Problematisch könne es indes werden, wenn "bei Abschluß des Mietvertrages der dienstliche Umzug terminlich bestimmbar war, das heißt, wenn der Beamte bereits bei Antritt seiner Tätigkeit wußte", daß er vom Regierungsumzug betroffen sein würde.Hier hätten die Parteien die Möglichkeit gehabt, die Versetzung bereits bei Abschluß des Mietvertrages zu berücksichtigen, beispielsweise durch einen Zeitmietvertrag.Dirk Both: "Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß deshalb Gerichte § 570 BGB in seinem besonderen Schutzzweck für nicht anwendbar halten."

Umstritten sei auch, ob dieses Sonderkündigungsrecht analog auf Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes anzuwenden sei.Die herrschende Rechtsmeinung würde dies laut Both bejahen, sei es doch schon allein zur Gewährung des flexiblen Einsatzes der Staatsbediensteten geboten.Der Richter: Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes seien "Bestandteil des Staatsapparates und für einen reibungslosen Dienstablauf unverzichtbar.Sie sind gleich den Beamten an die Versetzungsentscheidung des Arbeitgebers gebunden."

Jedoch sei es für die Anwendung des Sonderkündigungsrechts aus § 570 unerheblich, ob "die Versetzung auf Wunsch des Betroffenen oder gar auf seine Bewerbung in einem Ausschreibungsverfahren erfolgt, oder ob sie ausschließlich auf der Anordnung des Dienstherren beruht." Vorsicht sei aber geboten, wenn es sich lediglich um eine Abordnung handele, mithin eine Versetzung mit vorläufigem und nicht endgültigem Charakter.Die Auffassung, daß Beamte sowie Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes sich auch in diesem Fall auf das Sonderkündigungsrecht berufen können, habe "noch keine umfassende Festigung in der Rechtsprechung erfahren."

Ein Sonderkündigungsrecht besteht dann nicht, wenn sich zwar der Dienstort des Betroffenen ändert, er jedoch seinen Wohnsitz behält.Nimmt der Beamte beispielsweise zunächst einen Zweitwohnsitz an seinem neuen Dienstort, kann er sich später bei der Kündigung der Wohnung des Hauptwohnsitzes und seiner Verlegung nicht auf § 570 berufen."Eine Wohnsitzänderung in dem Sinne, daß die Wohnung als unmittelbare Folge der Versetzung aufgegeben werden muß, um die Präsenz am Dienstort zu gewährleisten, liegt in diesem Fall nicht vor", schreibt Dirk Both.Ebensowenig werden beispielsweise Ferienwohnungen davon berührt, auch "wenn diese aufgrund der Versetzung nunmehr nur mit großem Aufwand zu erreichen sind."

Das Sonderkündigungsrecht erstreckt sich lediglich auf jene Räume, die der Betroffene für sich und seine Familie an dem bisherigen Wohnort gemietet hat, darüber hinaus auch auf Garagen, Ställe, Lager und Hobbyräume - vorausgesetzt, daß sie von ihm selbst, vom Ehegatten oder auch gemeinschaftlich gemietet wurden.

Die Kündigung mit Berufung auf den § 570 muß zum ersten zulässigen Termin und am dritten Werktag eines Monats zum Ablauf des übernächsten Monats erfolgen.Sie beträgt also etwa drei Monate.Nach den Worten von Dirk Both brauche der Mieter, wenn ihn die Versetzungsverfügung sehr frühzeitig erreicht, beispielsweise sechs Monate vor dem Versetzungstermin, allerdings nicht "für einen Termin zu kündigen, der vor dem Versetzungstermin liegt, sondern er kann in jedem Fall bis zum Versetzungstermin in seiner derzeitigen Wohnung wohnen bleiben." Allerdings, so warnt Both, könne die Ausübung des Sonderkündigungsrechts mit vielfältigen Unwägbarkeiten verbunden sein, so daß die Umstände des Einzelfalls genau zu prüfen seien.

Dirk Both: Das Sonderkündigungsrecht für Beamte im Lichte des Berlinumzuges.Aufsatz in: Wohnungswirtschaft und Mietrecht, 10 / 98, Bezug: DMB, Aachener Straße 313, 50931 Köln, Einzelheft 14 Mark.

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