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Stromversorgung: Solaranlagen auf den Dächern machen Schule

Zwei Drittel des Strombedarfs könnte Berlin selbst produzieren – an guten Absichten mangelt es nicht.

Fotovoltaik, Solarthermie, Kraft- Wärme-Koppelung, Biomasse – klimafreundliche Energiequellen sind in Berlin auf dem Vormarsch. Nicht erst seit der Präsentation des Solaratlas in der vergangenen Woche hat die Hauptstadt ihre grüne Seite entdeckt. Schon seit gut 20 Jahren ist die Stadt bemüht, ihre CO2-Emissionen zu senken und entsprechende Leitbilder für Politik und Gesellschaft zu erstellen, wie etwa mit dem „Energiekonzept 2020“. Das Papier soll Ende des Jahres präsentiert werden und eine Reihe von energie- und umweltpolitischen Maßnahmen für die nächsten Jahre vorgeben sowie Visionen für eine nachhaltige Politik nach dem besagten Datum beinhalten, wie Harald Wolf, Senator für Wirtschaft, Technologie und Frauen, betont.

So setzt die Stadt vor allem für die künftige Energiegewinnung auf Sonnenenergie. Das macht nicht zuletzt der Solaratlas deutlich, auf dem in 3-D Dächer in zwei Pilotbezirken der Stadt beispielhaft auf ihre Solarenergietauglichkeit geprüft und ausgewiesen werden. Bis Anfang 2010 soll die gesamte Stadt erfasst sein. Dabei wird deutlich, dass Berlin in der Tat eine Solarstadt werden könnte.

„Nach Schätzungen unserer Experten könnten theoretisch bei voller Ausnutzung der geeigneten Dächer etwa zwei Drittel des privaten Strombedarfs Berlins aus in der Stadt erzeugtem Solarstrom befriedigt werden“, sagt Christoph Lang von der Berlin Partner GmbH, die den Solaratlas mitentwickelt hat. „Bei der Weiterentwicklung des Solaratlas arbeiten wir eng mit den Senatsverwaltungen für Umwelt, Wirtschaft und Stadtentwicklung zusammen, aber unter anderem auch mit der Berliner Immobilien Management Gesellschaft BIM, die derzeit die Möglichkeiten prüft, landeseigene Gebäude mit erneuerbaren Energien auszustatten.“

Damit wäre die BIM in guter Gesellschaft. Denn in der seit 2007 von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz betriebenen Solardachbörse bieten die Bezirke interessierten Investoren Dachflächen auf öffentlichen Gebäuden an, darunter vor allem Schulen und Dienstgebäude der Bezirksämter. Ende Mai 2008 waren nach Auskunft der Senatsverwaltung rund 1600 Fotovoltaik-Anlagen mit einer Spitzenleistung von 9.800 kW installiert. Mit der Inbetriebnahme des „Solarparks Berliner Schulen“, der im Juli 2009 ans Netz gegangen ist, kamen auf einen Schlag 1,080 kW hinzu. Damit rückt das Ziel, 10 000 kW bis Ende 2010 zu erreichen, deutlich näher.

Aktuell umfasst der „Solarpark Berliner Schulen“ 17 Dachflächen an 14 verschiedenen Standorten in vier Bezirken. Insgesamt wurden damit bereits 21 700 Quadratmeter Dachfläche mit Fotovoltaik-Anlagen ausgestattet. Für die Projektentwicklungsgesellschaft 30°-Solar war das gleichbedeutend mit einer Investition von 4,64 Millionen Euro. Aber mit diesem Projekt habe man in einzigartiger Weise Ökologie mit Ökonomie und Pädagogik verknüpft, wie es vonseiten der 30°-Solar heißt. Denn nicht nur werden mit dem Solarpark in den nächsten 20 Jahre rund 20 Millionen kWh klimafreundlichen Stroms erzeugt, die den Bedarf von gut 220 Vier-Personen-Haushalten decken und zudem 13 000 Tonnen CO2 einsparen, sondern auch ein pädagogisches Begleitprogramm realisiert, das Kinder- und Jugendliche für nachhaltige und umweltschonende Energiegewinnung sensibilisiert.

Aber das ist nur der Anfang. Noch sind etliche öffentliche Dachflächen zu haben. „Wir würden es sehr begrüßen, wenn noch mehr Schulen mit Fotovoltaik-Anlagen ausgestattet würden“, sagt Marie-Louise Dittmar von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz. Und ginge es nach Hermann Scheer, Präsident der Eurosolar, der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien, würde der Gesetzgeber die Umstellung auf erneuerbare Energie nicht nur fördern, sondern vorschreiben. Er vergleicht den Einsatz von fossilen Brennstoffen, wie Kohle und Erdöl, sowie von Atomkraft mit dem Einsatz von Gift in der Lebensmittelindustrie. „Man würde doch auch nicht wollen, dass der Gesetzgeber so etwas zulässt“, so Scheer. Es sei an der Zeit, konsequent auf erneuerbare Energien zu setzen.

Auch für Hans-Josef Fell, umweltpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, steht fest, dass die Zeit gekommen ist für klimafreundliche Energie. Mit Solarenergie und einem unterstützenden Mix aus weiteren erneuerbaren Energiequellen könne Deutschland bis 2030 komplett auf Ökostrom umsatteln. Es sei nur eine Frage des politischen Willens, die Technologie sei vorhanden. Er kritisiert die Pläne der künftigen Bundesregierung die Förderung für regenerative Energien zu kürzen. Damit würde nur der Bestand der herkömmlichen Energieversorger geschützt, rund 200 000 neue Arbeitsplätze blockiert und bereits vorhandene 300 000 Arbeitsplätze rund um klimafreundliche Energie gefährdet.

Am Donnerstag unterzeichnete Berlins größter Energieversorger Vattenfall schon einmal ein Klimaschutz-Abkommen mit der Stadt Berlin, das in den Worten des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit als „wichtiger Durchbruch“ in der Energiediskussion der Hauptstadt gewertet werden kann.

Vattenfall selbst sieht auch das Potenzial Berlins als Solarstadt. „In einer Großstadt wie Berlin mit zahlreichen nach Süden ausgerichteten Dächern ist das Potenzial sowohl bei der Fotovoltaik als auch bei Solarthermie sehr groß und übersteigt wahrscheinlich die Investitionsmittel“, heißt es von Unternehmensseite.

Tong-Jin Smith

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