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Immobilien: Südafrika: Ein gespaltenes Land im Baufieber

KAPSTADT .Sonnenaufgänge in Pastellfarben, dazu blitzeblaue Tage, die den Wind der Freiheit in die Seele tragen und eine Dämmerung, die diese Vorzeigelandschaft Afrikas in eine honigfarbengetränkte Harmonie taucht.

KAPSTADT .Sonnenaufgänge in Pastellfarben, dazu blitzeblaue Tage, die den Wind der Freiheit in die Seele tragen und eine Dämmerung, die diese Vorzeigelandschaft Afrikas in eine honigfarbengetränkte Harmonie taucht.Wer nach rund zehn Flugstunden am Kap der Guten Hoffnung ankommt, hat auf 33 Grad 54 Minuten südlicher Breite und 18 Grad 32 Minuten östlicher Länge das Ende eines Kontinentes erreicht.Die Breitenlage entspricht etwa jener der Insel Madeira oder der nordafrikanischen Mittelmeerküste.Viele Besucher mögen sich in diesem mediteranen Klima am Anfang eines neuen Lebens wähnen.Vielleicht erfreut sich der Erwerb von Grundbesitz in Südafrika deshalb steigender Beliebtheit - speziell im Großraum Kapstadt.

In den ersten fünf Monaten diesen Jahres wurde in der Metropole - auch dank des Zuzugs aus Johannesburg, der zweiten Kapitale des Landes - mehr Eigentum verkauft als in manchem Jahr zuvor.Dem Immobilienhändler Bill Rawson zufolge kamen die Käufer zu 17 Prozent von außerhalb, davon ein Drittel aus Übersee.Engländer und Amerikaner kaufen sich hier vorzugsweise ein - während viele der vermögenden weißen Südafrikaner Richtung Australien oder Europa abgeflogen sind.Durchschnittlich 1 058 000 Rand - das entspricht rund 330 000 DM - sind für ein respektables Gebäude mit Grund und Boden aufzubringen.Die Häuser erscheinen bei einem Wechselkurs von derzeit eins zu drei günstig.Dies gilt nicht nur nominal, sondern auch angesichts ihrer Lage und Größe.Und der Staat baut Ausländern keine Hindernisse vor dem Immobilienkauf auf: Jeder Tourist kann sich Grund und Boden zu eigen machen.Stellt man die noch zu Apartheidzeiten hergestellten Ausstattungen in Rechnung - oft mit Swimmingpool, manchmal gar mit Sauna - lockt am finanziellen Horizont der Kauf eines Objektes unterhalb des Tafelberges in den leuchteten Farben des Lichtermeeres.So profitiert die Region - und expandiert.

Kapstadt soll auch ohne Olympiade zu einem der "Hot Spots" des hochpreisigen Tourismus werden.Neben der "Victoria & Alfred Waterfront", dem zum Einkaufs- und Unterhaltungszentrum Kapstadts umgebauten Hafenviertel, befindet sich westlich der Verkehrsachse N 1 bei Milnerton ein weiteres Großprojekt im Bau: Dreißig Autominuten vom Stadtzentrum Kapstadts entfernt soll "Century City" Kasse machen, eine Mischung aus Las Vegas und Disneyland für Erwachsene.Ein künstlicher Wassergraben wird Teile des insgesamt 250 Hektar großen Areals schiffbar machen.Allein das Shopping-Center soll mit seinen 115 000 Quadratmetern größer werden als jede andere vergleichbare "Mall" in der von der Nationalen Partei regierten Provinz Western Cape.Ein Unterhaltungspark mit Wasserrutschen, einer Achterbahn und Stunt Show soll bereits Ende diesen Jahres Publikum anziehen.Beide Herzstücke sollen die weitere Entwicklung von "Century City" katalytisch befördern.Bereits in Planung: 3700 Wohnungen und 600 000 Quadratmeter Büroflächen.

Das "Bauen am Kap ist außer Kontrolle" titelte die Tageszeitung "Cape Argus".Umweltschützer befürchten, die inzwischen zum Nationalpark ernannten Gegenden am Tafelberg könnten Schaden nehmen.Auch drohe das abendliche "Tafeltuch" aus Wolken über der neuen Seilbahnstation zu verschmutzen."Diese Luxusbauvorhaben im schönsten Teil der Provinz wären nicht so schlimm, wenn nicht ständig gegen geltendes Gesetz verstoßen würde", sagt Garth Strachan, Sprecher des - in Kapstadt oppositionellen - African National Congress (ANC) für Handel, Industrie und Stadtplanung.

Tatsächlich stiegen die Preise von Häusern bis Mitte des Jahres um 13,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr.Das ist der größte Zuwachs der letzten zehn Jahre.Ähnlich schnell steigen die Baukosten: im ersten Quartal lagen sie um 13,7 Prozent über denen des Vorjahres.In der Anlage "Mulberry Gardens" im Vorort Durbanville vermakelt die Exklusivagentur "Pam Golding" kleine 68-Quadratmeter-Holzhäuser für rund 63 000 DM - allerdings ohne Grundbesitz.Die in Doppelbaureihen erstellte Kolonie ist durch eine Mauer gesichert und wird bewacht - wie fast alles Eigentum hier.

Dabei sind die "Homelands", von den Weißen für Farbige und Schwarze errichtete Elendsquartiere mit wild aus Wellblech errichteten "Squattercamps", weit entfernt von diesem wie von den meisten anderen Wohngebieten der weißen Bevölkerungsschicht.Die im Lande geblieben sind, sehen sich zum Sonnenuntergang in dem am 12-Apostel-Felsen gelegenen Villenort "Camps Bay" und dem Apartmentmekka "Sea Point" am "Signal Hill" in einer fantastischen Lage - und prosten sich mit Sauvignon Blanc zu.

Ein harter Kontrast zum Leben in den Wellblechsiedlungen von "Kayelitsha", die sich bereits beim Landeanflug auf Kapstadt zeigen.Dort hat sich auch nach dem Ende der Apartheid wenig verändert.Allen Neubauprogrammen der Regierung von Nelson Mandela zum Trotz: Das Wirtschaftswachstum, das in diesem Jahr bei etwa 1,5 Prozent liegen wird, trägt kaum den jährlichen Bevölkerungszuwachs - geschweige denn das urspüngliche Versprechen, Millionen von Menschen binnen kurzer Zeiträume würdige Lebensbedingungen zu schaffen.

REINHART BÜNGER

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