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Immobilien: Trendy, designorientiert – und preiswert

Trotz Baukrise werden in Berlin immer mehr Hotelneubauten errichtet.

Berlin trotzt der Immobilienkrise mit zahlreichen neuen Hotelbauten. Von 40 neuen Häusern in den nächsten zwei Jahren sprechen Experten, darunter Luxus- und Businesshotels, aber vor allem individuelle Budgethotels. Dieses Segment ist ein Wachstumsmarkt für die Hotelbranche insgesamt und für Berlin insbesondere.

„In London liegt der Prozentsatz für Markenbudgethotels schon über 13 Prozent. In Berlin rechnen wir noch mit einem größeren Potenzial, da hier besonders günstige Bedingungen erfüllt sind“, sagt Achim Marowsky, Geschäftsführer der i.gen hotels, Entwickler und Betreiber der Easyhotels in Deutschland. „Die Stadt holt jetzt nach, was Paris und London schon erlebt haben. Berlin ist und bleibt einer der touristischen Hotspots in Europa. Darüber hinaus können hier Budgethotels in sehr guten Citylagen rentabel betrieben werden.“

Das bestätigen die zahlreichen Baustellen, wie die des ersten deutschen Easyhotels, das zurzeit an der Ecke Rosenthaler Straße und Linienstraße entsteht oder der Neubau der Meininger-Gruppe am Hauptbahnhof. Hier entsteht seit Oktober 2008 das bereits fünfte Meininger- Haus in Berlin mit über 290 Zimmern, die wahlweise als Drei-Sterne-Zimmer für Geschäftsreisende oder als komfortable Mehrbettzimmer für Jugendgruppen vermietet werden können. Der Hybrid aus Hostel und Hotel setzt sich als Marke im urbanen Umfeld mit moderner IT- und Verkehrsinfrastruktur zunehmend durch. „Vor allem in der aktuellen Krise erreichen wir mit unserem Konzept in der Budgethotellerie neue Klientel“, sagt Sascha Gechter, Geschäftsführer der Meininger-Gruppe. Businessreisende, die sich zuvor keine Gedanken über Übernachtungskosten machen mussten, sehen sich jetzt nach kostengünstigen Alternativen um und stoßen dabei auf die Budgethotels von Meininger, Motel One und anderen Anbietern in diesem Segment. „So erschließen sich für uns neue Zielgruppen, die wir mit gutem Service und einer angenehmen Atmosphäre an uns binden können“, so Gechter.

Auch die Accor-Gruppe baut. An der Brunnenstraße, Ecke Torstraße soll im Frühjahr das erste All-Seasons-Hotel in Berlin-Mitte eröffnen. Im Portfolio der Accor-Gruppe wird dieses preisgünstige Designhotel als Economyhotel eingestuft und richtet sich an eine junge Klientel. „Die Standortwahl war leicht“, so Michael Kirsch von Accor. „Man tritt hier aus der Tür und ist direkt mitten im Leben. Was will ich als Städte- oder Geschäftsreisender mehr?“ Das Haus wird 145 Zimmer inklusive WLAN und allem Komfort für unter 100 Euro pro Nacht bieten.

Dass Hotels nicht nur für die Tourismus-, sondern auch für die Baubranche von Bedeutung sind, sieht man an diesen und weiteren Projekten in Berlin. Denn einerseits steht Berlin ganz oben auf der Liste für Städtereisen und als Kongressstadt, andererseits gibt es hier jetzt schon zu viele Hotelbetten. Der Kampf um Übernachtungsgäste wird nach Einschätzung von Experten daher in den nächsten Jahren noch stärker zunehmen.

„Eine Atempause wäre sicherlich angebracht, aber man muss differenzieren“, sagt Christian Tänzler von der Berlin Tourismus Marketing. „In manchen Kategorien ist sicherlich noch Luft, etwa im Hostel- und Budgethotelbereich. Auch was die Lage betrifft, zeigt sich ein uneinheitliches Bild. In Mitte wird zwar momentan viel gebaut, aber auch in der City West entstehen neue Häuser, etwa das Waldorf Astoria. Wir haben in Berlin zwar schon 22 Fünf-Sterne-Hotels und können da eine Atempause brauchen, aber ein Waldorf Astoria ist sehr willkommen. Es adelt Berlin.“

Der Budgetbereich hat demnach noch Potenzial, zumal 50 Prozent der Berlinbesucher unter 40 Jahren und 30 Prozent sogar unter 30 Jahren ist. „Die Budgethotels und Hostels sprechen genau dieses Publikum der jungen und jung gebliebenen Reisenden an. Diese Häuser sind sehr trendy, designorientiert und bieten einen Treffpunkt zum Austausch“, so Tänzler. „Abgesehen von den zentralen Lagen in der City Ost und der City West, ist natürlich der Bereich am Flughafen Schönefeld interessant für neue Hotelbauten.“

Trotz der bereits hohen Dichte sehen auch Investoren und Analysten weiterhin Potenzial im Berliner Hotelmarkt. Nach einer aktuellen Studie des Analyseinstituts Bulwien-Gesa für Hotelprojektentwicklungen auf dem deutschen Markt beträgt das Projektvolumen in den deutschen A-Städten – Stuttgart, München, Köln, Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf und Berlin – 1,94 Millionen Quadratmeter und 4,8 Milliarden Euro. „Berlin beweist dabei einmal mehr seinen Status als dynamischer Touristenmagnet“, sagt Andreas Schulten, Vorstand von Bulwien-Gesa. „Mit einem Hotelprojektvolumen in Höhe von 1,78 Milliarden Euro weist die Hauptstadt das mit Abstand größte Volumen in diesem Segment auf.“ Dabei zeige sich, dass überregionale und internationale Unternehmen mit fast 70 Prozent die Projektentwicklungen in der deutschen Hotelindustrie dominieren. „Das hohe Entwicklungsvolumen ist ein Beleg für die Chancen, die von Projektentwicklerseite dem Hotelsegment zugeschrieben werden“, so Schulten.

Besonders aktiv ist die Vivico Real Estate mit bundesweit 164 000 Quadratmetern, wobei ein Großteil ihrer Projekte noch im Planungsstadium ist. In Berlin ist Vivico mit zwei Quartiersentwicklungsprojekten vertreten. Neben Hochtief zählt auch die GBI zu den aktivsten Hotelentwicklern Deutschlands. Letztere hat Anfang Juli mit den Bauarbeiten zum Motel One am Spittelmarkt begonnen. Das damit siebte Motel One in Berlin ist zugleich das vierte Projekt der GBI für die Münchner Budget-Design- Gruppe in Berlin. Parallel entstehen das Motel One Berlin-Bellevue und das Motel One Berlin-City-Center-West. Beide Häuser werden nach GBI-Angaben Ende des Jahres fertiggestellt, während Motel One Spittelmarkt Ende 2010 eröffnet.

„Die Nachfrage der Gäste nach günstigen Übernachtungen in zentralen Lagen und einem verlässlichen, frischen und designorientierten Ambiente wächst“, sagt Philippe Weyland, Geschäftsführer der Motel One Group. Die guten Auslastungen der vier Häuser in Berlin bestätigten das, ebenso die 82 Prozent Auslastung bei Budgetkonkurrent Meininger. Auch im Luxus- und Businesssegment scheint der Bedarf noch nicht gedeckt zu sein.

Aktuell entstehen in der Hauptstadt rund zehn neue Häuser verschiedener internationaler Entwickler und Betreiber, vor allem in Mitte. Vom Fünf-Sterne-Designhotel bis zum individuellen Boutiquehotel ist alles vertreten – ein Bekenntnis internationaler Investoren zum Standort Berlin. Auch reist der Besucherstrom nicht ab, wie Ferdinand Hömberg von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen bestätigt. In den ersten fünf Monaten des „Krisen-Jahres 2009“ sei die Anzahl der Übernachtungen in Berlin sogar um 1,1 Prozent gestiegen. Es sei auch in diesem Jahr mit einem Gästezuwachs zu rechnen, zumal Veranstaltungen wie die Leichtathletik-WM und die Jahrestage von Mauerfall und Gründung der Bundesrepublik Deutschland in der zweiten Jahreshälfte liegen.

Tong-Jin Smith

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