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Immobilien: Umziehen wollen die wenigsten

Immer mehr ältere Menschen gibt es in Deutschland – auf deren Bedürfnisse haben sich Immobilienfirmen noch nicht eingestellt

Seit fünf Jahren lebt Christel Pahnke allein in der Vier-Zimmer-Wohnung am Volkspark Wilmersdorf. Ihr Ehemann ist gestorben, die vier Töchter wohnen in Süddeutschland, Frankreich und Peru. Lange hat die 62-Jährige überlegt, ob sie die vertraute Wohnung verlassen und in ein Seniorenheim ziehen soll, in dem sie später einmal Hilfe findet. „Auf jeden Fall möchte ich wieder eine eigene Wohnung und nicht nur ein Zimmer haben“, sagt Christel Pahnke.

Doch die Wohnungen, die ihr gefallen, kosten monatlich zwischen 1500 und 2000 Euro – zu viel für die pensionierte Grundschullehrerin. Jetzt prüft sie, ob eines der Wohnprojekte, in denen Jüngere und Ältere zusammenleben, für sie in Frage kommt.

Neue Wohnmodelle gewinnen angesichts der demografischen Entwicklung immer mehr an Bedeutung. Bis zum Jahr 2020 werde der Anteil der Berliner über 65 Jahre um 28 Prozent zunehmen, der Anteil der über 75-Jährigen gar um 53 Prozent, prognostiziert die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Schon heute ist rund ein Drittel aller Berliner älter als 50. Hinzu kommt, dass ältere Menschen häufig allein wohnen. Nach Angaben des Statistischen Landesamts leben drei von fünf Berlinern über 65 in einem Ein-Personen-Haushalt.

Das Immobilienangebot für Ältere sei bislang wenig marktgerecht, kritisiert Uwe Krink von der Ostdeutschen Landesbausparkasse AG. Die LBS hat sich in einer Zukunftsuntersuchung eingehend mit dem Thema „Wohnen im Alter“ beschäftigt. Danach fehlen vor allem Wohnformen, die älteren Menschen ein möglichst bequemes Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen. Da Ältere fast immer in ihrem vertrauten Wohnumfeld bleiben wollen, steht an erster Stelle der Umbau der eigenen Wohnung. Schwellen werden entfernt, die Badewanne weicht einer Dusche. Darüber hinaus sollten Vermieter oder Wohnungsverwalter den Senioren möglichst viele Arbeiten wie Fensterputzen oder Wäsche waschen sowie Wege zum Geschäft oder zur Apotheke abnehmen, regt Krink an. Hierfür könne ein Hausmeister oder Doorman zuständig sein. „Die Immobilienunternehmen müssen verschiedene Leistungsstufen anbieten von der Einzelleistung bis zur Pflege“, sagt Krink.

Altersgerechte Wohnungen könnten sich dabei durchaus auf dem normalen Mietpreisniveau bewegen. Erst wenn Pflegeleistungen dazukommen, werde es teuer. Wer über den Erwerb einer Eigentumswohnung nachdenke, sollte deshalb möglichst frühzeitig kaufen. Wenn die Immobilie beim Eintritt ins Rentenalter nämlich bereits abbezahlt ist, haben Wohnungseigentümer durchschnittlich 500 bis 600 Euro mehr monatlich zur Verfügung als Mieter, hat eine Untersuchung der LBS ergeben. Geld, das zum Beispiel für die notwendige Pflege verwendet werden kann. Wer jedoch neben der Miete noch Pflegekosten zahlen muss, gerät leicht in finanzielle Schwierigkeiten. So sind in Berlin nach offiziellen Angaben bereits mehr als 13500 Menschen über 65 von staatlichen Leistungen abhängig.

An finanziell abgesicherte Rentner und Pensionäre wenden sich denn auch Projekte wie die geplanten Häuser des Beginenwerks am Erkelenzdamm in Kreuzberg und der Baugruppe „Lebens(t)raum Johannisthal“ sowie das vor fünf Jahren bezogene Haus des Vereins „Offensives Altern“ am Ortolanweg in Buckow. In Johannisthal will eine Bauherrengemeinschaft 20 bis 25 Wohneinheiten errichten. Am Ortolanweg wohnen 24 Frauen zwischen 27 und 73 Jahren in einem gemeinsamen Haus. Am Erkelenzdamm sind 33 von 58 Eigentumswohnungen, die bis Ende 2005 entstehen sollen, bereits vergeben – ausschließlich an Frauen. Die Initiatorinnen dieses Projekts legen Wert auf die Altersmischung. „Das Zusammenleben von Jung und Alt hält fit und es entstehen Synergieeffekte", ist Jutta Kämper, Vorstandsmitglied im Verein Beginenwerk, überzeugt. Die Freiheit der eigenen Wohnung werde bereichert durch gegenseitige Nachbarschaftshilfe. „Aber es gibt keinerlei Zwang", betont die 70-Jährige.

Jutta Burmeister

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