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Immobilien: Und die Sonne ist auch schon mit drin

Ferienhäuschen gibt es in der Türkei schon ab 75 000 Euro: Immer mehr Deutsche kaufen oder bauen sich hier eine Immobilie Das Angebot ist groß und wächst weiter – vor allem östlich von Antalya sorgen Ausländer für einen Bauboom

Überall an den Sonnenküsten im Westen und Süden der Türkei schießen neue Villen-Projekte aus dem Boden, und immer mehr Käufer der schmucken Häuser kommen nicht aus der Türkei selbst, sondern aus Westeuropa. Häuser in der Türkei sind für Westeuropäer verhältnismäßig billig zu haben und bieten eine Sonnen-Garantie, die sich mit dem – wesentlich teureren – Spanien messen kann. In Bodrum an der Ägäis hat der von ausländischen Interessenten ausgelöste Bauboom inzwischen solche Ausmaße erreicht, dass die Baubranche schon bald dem Tourismus als wichtigstem Wirtschaftszweig in der Region den Rang ablaufen könnte. Doch es gibt auch Widerstand gegen die Immobilienkäufe durch Ausländer.

Während die Briten die Ägäisküste bevorzugen, zieht es die Deutschen vor allem in den Raum Alanya östlich der Urlauberhochburg und Provinzhauptstadt Antalya. So groß ist der Ausländeranteil in Alanya inzwischen, dass die Mittelmeerstadt das erste türkische Gemeinwesen mit einem Ausländerbeirat ist. Es gibt deutsche Bäckereien, deutsche Zeitungen, deutsche Elektriker, deutsche Gottesdienste und einen deutschen Friedhof. Mehr als zehntausend Immobilien in Alanya gehören bereits Westeuropäern.

Schon ab 75 000 Euro ist ein Ferienhäuschen hier zu haben, eine Wohnung mit Meerblick ab etwa 50 000 Euro. Für ein 200-Quadratmeter-Haus mit Swimming-Pool, atemberaubender Aussicht und frischer Meeresbrise muss man zwar wesentlich mehr hinblättern. Zufriedene Käufer wie der Flensburger Kaufmann Karl Gradert, der sich in Alanya eine Villa zugelegt hat, sprechen dennoch von einem Schnäppchen: „In Spanien oder Frankreich muss man bestimmt 50 bis 75 Prozent mehr bezahlen“, sagt Gradert. „Preise wie vor 20 Jahren auf Mallorca“, schwärmt ein Makler.

Seit die Türkei vor eigenen Jahren den Immobilienverkauf an Ausländer gesetzlich neu regelte, sind auch die behördlichen Genehmigungen kein großes Problem mehr, zumal es dabei professionelle Hilfe gibt. Allein in Alanya haben sich mehrere Makler auf die deutschen Kunden spezialisiert und übernehmen für sie den Papierkrieg mit der Bürokratie- und mit den Militärs. Denn die Armee muss in der Türkei gefragt werden, wenn Immobilien an Ausländer verkauft werden. Reine Routine, sagen Branchenvertreter, aber eine Routine, die viel Zeit kosten kann: Mehrere Monate kann es dauern, bis die Militärbehörden ein Projekt mit ausländischer Beteiligung abnicken. Der Käufer selbst bekommt von diesem Gerangel meist nicht viel mit. „Es ist überhaupt nicht schwer, ein Haus zu kaufen, man muss nur seine Personalausweisdaten mitbringen“, sagt der Makler Baris Yücel.

Schwieriger ist mitunter schon die Suche nach dem richtigen Häuschen. Das Angebot ist groß und wächst beständig, aber auch die Schar der Interessenten wird größer. Immer neue Bauprojekte werden auf den Weg gebracht, für die sich mittlerweile auch die neue, im Wirtschaftsaufschwung der vergangenen Jahre zu Geld gekommene Mittelschicht der Türkei interessiert. Insgesamt ist die Baubranche in der Türkei im vergangenen Jahr um mehr als 20 Prozent gewachsen.

In den Urlaubsgebieten der Türkei haben die ausländischen Häuslebauer einen nicht unbeträchtlichen Anteil daran. „Heutzutage mieten sich die Ausländer kein Hotelzimmer mehr, sie kaufen sich gleich ein Haus“, sagt der Chef der Handeskammer im westtürkischen Bodrum, Mahmut Serdar Kocadon. Die Bauwirtschaft sei für seine Stadt inzwischen fast so wichtig wie der Fremdenverkehr. Neue Hotels werden in Bodrum kaum noch gebaut – aber der Bau von Wohnsiedlungen boomt.

Die türkischen Behörden geben sich in der Regel alle Mühe, den neuen Mitbürgern entgegenzukommen, denn Ausländer sind in Alanya und anderswo willkommen. Immerhin bringen sie Geld, Investitionen und Jobs. Zudem machen die ausländischen Zuzügler die Region unabhängiger vom krisenanfälligen Saisongeschäft Tourismus. „Viele Ausländer sind hier ja auch wirtschaftlich tätig, die bringen ihre Erfahrungen mit, das ist ein weiterer Beitrag“, sagt der Bürgermeister von Alanya, Hasan Sipahioglu. Doch nicht alle Türken sind einverstanden mit der Ankunft der Ausländer. Hin und wieder mischen sich nationalistische Tendenzen und die Furcht vor Überfremdung in die Reaktionen. Eine türkische Zeitung berichtete jüngst empört, in einigen Gebieten im Südwesten der Türkei, die vor allem bei britischen Häuslebauern beliebt sind, würden bereits Wasserrechnungen in englischer Sprache gedruckt.

Einer Umfrage glaubt fast jeder zweite Türke inzwischen, dass die im Land lebenden Ausländer der „Kultur“ der Türken Schaden zufügen. Orhan Özkaya, der frühere Vize-Chef der türkischen Grundbuchbehörde, warnte bereits, die Ausländer seien dabei, den Türken die besten Immobilien wegzuschnappen: „Eines Tages werden die Türken ihre eigene Küstenabschnitte nicht mehr betreten dürfen.“

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