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Vier im Recht: Außergewöhnlich belastet

Über Haus und Wohnung wird oft gestritten. Unsere Expertenklären jede Woche eine Frage. Diesmal: Kann man die Kosten für den behindertengerechten Umbau eines Hauses steuerlich geltend machen? Ernst-Michael Ehrenkönig, Notar, antwortet.

WAS STEHT INS HAUS?

Meine Ehefrau ist seit einem Schlaganfall gelähmt und zu 100 Prozent schwerbehindert. Seitdem pflege ich sie und möchte ihr gern ermöglichen, weiterhin in unserem Einfamilienhaus zu wohnen. Wir haben allerdings erhebliche Umbauarbeiten vornehmen müssen. Insbesondere haben wir eine Rollstuhlrampe bauen lassen und das Badezimmer behindertengerecht umgestaltet. Insgesamt haben wir Kosten in Höhe von etwa 80 000 Euro dafür aufgewandt. Können wir diese als außergewöhnliche Belastungen beim Finanzamt geltend machen und vielleicht sogar auf mehrere Jahre verteilen?

WAS STEHT IM GESETZ?

Nach Paragraf 33 Absatz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) wird die Einkommensteuer auf Antrag in bestimmtem Umfang ermäßigt. Dies gilt dann, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Es liegt dann eine außergewöhnliche Belastung vor. Nach bisheriger Rechtsprechung wurde in Fällen wie Ihrem eine außergewöhnliche Belastung nicht anerkannt, weil der Steuerpflichtige durch die Umbauarbeiten einen Gegenwert erhalte und es bei den Aufwendungen am Merkmal der Zwangsläufigkeit fehle. So wurde für die Herstellung einer Rollstuhlrampe angenommen, dass diese Umbauten zu einer Werterhöhung des Hauses führe. Auch die Neugestaltung des Bades sollte einen Gegenwert darstellen, weil das Bad auch von nicht behinderten Personen genutzt werden könne. Diese Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof (BFH) nunmehr aufgegeben. Nach neuer Rechtsprechung des BFH „stehen die behinderungsbedingten Aufwendungen so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit, dass die Erlangung eines etwaigen Gegenwertes in Anbetracht der Gesamtumstände in den Hintergrund tritt“. Der BFH urteilte, dass es sich um außergewöhnliche Aufwendungen handelt und dass diese auch nicht durch den Behinderten- und Pflegepauschalbetrag (§ 33 b EStG) abgegolten seien.

UND WIE STEHEN SIE DAZU?

Durch die neue Entscheidung des BFH (Urteil vom 22.10.2009, AZ: VII R 7/09) stehen Ihre Chancen sehr gut, dass Sie die Umbauarbeiten als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend machen können. Diese können Sie im Jahr des Umbaus in Ansatz bringen. Der BFH hat es auch für denkbar gehalten, dass diese Kosten aus Billigkeitsgründen (Paragraf 163 der Abgabenordnung) auf mehrere Jahre zu verteilen sind, wenn die gesamten Aufwendungen die Einkünfte des entsprechenden Jahres übersteigen. Achten Sie allerdings darauf, dass alle Umbauarbeiten ihren Ursprung in der eingetretenen Behinderung haben müssen. Werden mit den baulichen Veränderungen, die in Zusammenhang mit der eingetretenen Behinderung stehen, auch andere Arbeiten erledigt (zum Beispiel Heizungsarbeiten), so müssen diese natürlich herausgerechnet werden.

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