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Immobilien: Wenn Bauherren sich den Träger sparen können Nach den eigenen Ansprüchen und für

weniger Geld: Baugemeinschaften boomen

Wer sich eine Eigentumswohnung zulegt, um darin zu leben, der will darin die eigenen Vorstellungen verwirklichen können. Das aber kann ganz schön teuer werden. Außerdem: Wie verwirklicht man Wünsche, die das ganze Haus betreffen – wie etwa Wasserkreislauf und Energieversorgung, Dämmung oder gar die Auswahl der Mitbewohner?

Eine Lösung: Mehrere private Bauherren schließen sich zu einer Baugruppe zusammen. Die Gruppe engagiert Architekten und Handwerker und errichtet gemeinsam ein Mehrfamilienhaus, ohne dass etwa ein Bauträger dazwischen geschaltet wäre.

Baugruppen haben in vielen Gegenden Deutschlands Tradition. In Berlin dagegen ist das Phänomen noch relativ jung: „Pioniere“ , nennt die Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer, die gemeinsamen Bauherren. Aber sie sind im Kommen: Die Website Wohnportal-Berlin.de listet allein 26 Baugemeinschaften auf. Das Deutsche Architektur Zentrum (DAZ) hat Berliner Baugruppen gerade erst eine Ausstellung gewidmet. DAZ-Direktorin Kristien Ring beschreibt ihre Sicht der Lage so: „Viele Leute wollen Eigentum bilden und finden bloß viel zu teure Wohnungen. Bauträger produzieren am Markt vorbei.“

Denn die Vorteile von Baugruppen gegenüber Bauträgern liegen auf der Hand. Erstens sparen sie ihren Mitgliedern Geld: Auch sie brauchen zwar Projektleiter und Architekten, aber sie haben keine Kosten für Makler und Vertrieb und der Profit des Bauträgers fällt weg. Zusammengenommen ist das nicht wenig: Die Provision für einen Makler kann bei Immobilienverkäufen locker sechs Prozent des Kaufpreises betragen. Dazu kommt noch die Umsatzsteuer. Und ein Bauträger versucht normalerweise, mindestens 20 Prozent Ertrag zu machen.

Es gibt auch andere, mehr ideelle Vorteile: Die Bauherren haben größere Freiheiten bei der Gestaltung ihrer Wohnungen. Sie müssen sich nur mit der Gruppe einigen. Außerdem können sie sich mit Gleichgesinnten zusammenschließen, die zum Beispiel auch ökologisch oder familiengerecht bauen wollen oder die in Frauengemeinschaften oder Seniorenhäusern leben möchten, die dann gemeinsam realisiert werden. Hinzu kommt, dass bei einer Baugruppe viele Leute an einem Strang ziehen, die meist selbst in den Wohnungen leben möchten: Dauerhafte Qualität ist in ihrem Interesse.

Alles schön also? Nicht ganz, denn natürlich birgt das Bauen in einer Baugruppe auch Probleme: Wer kauft und zahlt das Grundstück? Was geschieht, wenn einem Gruppenmitglied plötzlich das Geld für die Kreditraten ausgeht? Dann nämlich könnte sich seine Bank ein beliebiges anderes Mitglied der Gemeinschaft heraussuchen und sich bei ihm das Geld holen. Eine Lösung: Die Gruppe erledigt erst einmal alle grundbuchrechtlichen Angelegenheiten wie die Teilungserklärung, erst dann unterzeichnen alle einen GbR-Vertrag und den Grundstückskaufvertrag. So werden die sonst kaum kalkulierbaren Haftungsrisiken so modifiziert, dass jeder nur noch für seine eigenen Schulden einstehen muss.

All das ist natürlich mühsamer, als einen Bauträger die ganze Organisation erledigen zu lassen: Nicht planen zu dürfen heißt für reine Wohnungskäufer schließlich auch, nicht planen zu müssen. Der Privatmann bekommt seine Wohnung schlüsselfertig und der Träger übernimmt das finanzielle Risiko, falls die Handwerker schlechte Arbeit abliefern sollten oder sonstige Mängel auftreten. Wer eine Wohnung kauft, zahlt zwar mit Baubeginn die erste Rate – also bevor das Haus gebaut ist – aber der Bauträger muss für das Geld Sicherheiten leisten oder eine Versicherung abschließen.

Ulrike Heidmüller

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