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Immobilien: Wenn Frau Holle ihre Betten schüttelt

Mieter müssen nur dann Schnee fegen und Glätte beseitigen, wenn es in der Hausordnung oder Mietervertrag stehtVON ANDREAS LOHSE Wer hat denn da wieder geschlafen?, flucht dieser Tage mancher, der auf dem vereisten Fußweg unsanft ausgleitet.

Mieter müssen nur dann Schnee fegen und Glätte beseitigen, wenn es in der Hausordnung oder Mietervertrag stehtVON ANDREAS LOHSE Wer hat denn da wieder geschlafen?, flucht dieser Tage mancher, der auf dem vereisten Fußweg unsanft ausgleitet.Bringt ein Sturz nur blaue Flecken, hat man ihn bald vergessen - ernste Verletzungen indes können auch finanziell schmerzhaft sein. Grundsätzlich gilt: Schnee und Eis zu beseitigen, ist Sache der Gemeinde.Die jedoch überträgt ihre Reinigungspflicht für Gehwege in der Regel auf die Eigentümer anliegender Grundstücke.So auch in Berlin.Viele Vermieter wiederum beauftragen mit dem Winterdienst eine Firma und berechnen die Ausgaben als Betriebskosten.Andere wälzen ihre Pflicht zur Reinigung des Bürgersteigs, des Hauseingangs und des Weges zu den Mülltonnen auf die Mieter ab.Das allerdings bedarf einer Vereinbarung in Hausordnung oder Mietvertrag.Gibt es keine Regelung, müsse "kein Mieter automatisch fegen oder streuen", heißt es beim Deutschen Mieterbund in Köln.Ein Vermieter könne seine Mieter auch nicht durch nachträgliche Änderung der Hausordnung zum Schnee fegen verdonnern. Ist die Räumpflicht mit den Mietern vertraglich vereinbart, beginnt deren Winterdienst "unverzüglich nach Ende des Schneefalls", Glätte müsse "unverzüglich nach ihrem Entstehen bekämpft werden", heißt es in Berlin amtlich.Gemäß der Rechtsprechung bedeutet das Wörtchen "unverzüglich", daß man mit der Schnee- und Glatteisbekämpfung nicht so lange warten darf, bis die letzte Flocke gefallen ist.Geräumt werden muß vielmehr schon dann, wenn der Schneefall nur noch unerheblich andauert.Geregelt ist auch wieviel Schnee beiseite geschippt werden muß: "in einer für den Fußgängerverkehr erforderlichen Breite, mindestens ein Meter". Schüttelt Frau Holle auch nach der Tagesschau noch ihre Betten, muß der Gehweg vor dem Haus um sieben Uhr früh passierbar sein.Gleiches gilt für Hauseingang und Wege zur Mülltonne.Sonntags und feiertags darf sich der räumpflichtige Mieter bis neun Uhr Zeit lassen.Es macht übrigens wenig Sinn, über das morgendliche Schaufelkratzen einen Streit vom Zaun zu brechen: Schnee- und Glatteisbeseitigung geht der Lärmbekämpfung vor.Wichtig: Bei Eisglätte dürfen in Berlin nur abstumpfende Mittel wie Sand oder Asche verwendet werden.Wer Salz streut, kann mit einer Geldbuße von bis zu 1000 Mark rechnen. Wer zwar räumpflichtig, nach Ende des Schneefalls verhindert ist, muß für eine Vertretung sorgen.Das kann eine Firma, aber auch der freundliche Nachbar sein.Mieter, die aufgrund ihres hohen Alters oder Gebrechlichkeit nicht mehr in der Lage sind, Schnee zu fegen, sollten mit ihrem Vermieter reden.Selbst manche Gerichte haben in solchen Fällen schon mal die Mieter von ihren Winterpflichten befreit. Um das Risiko witterungsbedingter Ungleichheiten auszuschalten - und damit das potentielle Pech eines Mieters, daß ausgerechnet immer dann Schnee fällt, wenn er mit fegen dran ist -, empfiehlt der DMB eine "Schneekarte" einzuführen: Dem Mieter, der die Schneekarte in den Händen hält, obliegt der Winterdienst für einen Tag.Nur wenn er aufgrund der Witterung tatsächlich zum Einsatz kam, darf er die Schneekarte an den nächsten Mieter weitergeben. Gerichte nehmen die Pflicht zur Schnee- und Eisbeseitigung als Teil der sogenannten Verkehrssicherungspflicht sehr ernst.Deren Auslegung sei allerdings "reines Richterrecht", erläutert der Berliner Haus- und Grundbesitzerverband in seiner Zeitschrift "Das Grundeigentum".Grundlage sei das Bürgerliche Gesetzbuch, wonach derjenige zum Ersatz eines Schadens verpflichtet ist, wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit oder ein sonstiges Recht eines anderen verletzt. Deshalb gilt: Lieber einmal öfter als zu wenig fegen und streuen.Denn wenn ein Unfall passiert, kann es teuer werden.So hat beispielsweise eine Versicherung einen Teil ihrer Aufwendungen von einem Streupflichtigen in Halle eingeklagt, weil dieser seine Aufgabe nicht ernst nahm und ein Passant vor dem Haus stürzte.Die Forderung: 148.917,26 Mark.Der Richter gab der Versicherung recht - ein Lehrgeld, das man sich sparen kann.

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