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Immobilien: Wer die Planken des Schiffes verfeuert, erreicht den Hafen nicht.

Berlin wird in den nächsten Jahren kommunalen Wohnungsbestand benötigen, um soziale Stabilität gewährleisten zu könnenVON LUDWIG BURKARDT D ies ist der vierte Teil der Serie zum geplanten Verkauf von Wohnungsgesellschaften, dessen Erlöse die Lücken im Berliner Haushalt schließen sollen.Zu diesem Streitthema beziehen hier die Vorstände der Gesellschaften und Politiker Position.

Berlin wird in den nächsten Jahren kommunalen Wohnungsbestand benötigen, um soziale Stabilität gewährleisten zu könnenVON LUDWIG BURKARDT D ies ist der vierte Teil der Serie zum geplanten Verkauf von Wohnungsgesellschaften, dessen Erlöse die Lücken im Berliner Haushalt schließen sollen.Zu diesem Streitthema beziehen hier die Vorstände der Gesellschaften und Politiker Position.Berlin benötigt Geld.Der Landeshaushalt ist hochgradig defizitär.Zinslasten sowie Personalkosten auf der einen und unzureichende Steuereinnahmen auf der anderen Seite haben die Stadt im Würgegriff.Die Sanierung eines öffentlichen (wie auch des privaten) Haushalts bedeutet, laufende Einnahmen und Ausgaben miteinander in Deckung zu bringen.Einmalerlöse aus Vermögensveräußerungen können nur vorübergehende Haushaltslöcher stopfen.Nur Phileas Fogg konnte es sich leisten, die Planken seines Schiffes zu verfeuern, um den Zielhafen zu erreichen. Vermögensveräußerungen zum Ausgleich des Haushalts sind daher nur dann sinnvoll, wenn eine realistische Perspektive für einen ausgeglichenen Haushalt besteht, und wenn das in Frage stehende Vermögen für städtische Aufgaben nicht länger benötigt wird.Zu dem Vermögen, über dessen "Aktivierung" diskutiert wird, gehören auch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften mit ihrem beachtlichen Wohnungsbestand.Je nach Nähe, Sachkenntnis und Kreativität der sich Äußernden sollen sie zusammengelegt, ganz oder teilweise verkauft, an die Börse gebracht oder durch Ausgabe von "Mieteraktien" privatisiert werden, und der Bestand teilweise (15Prozent) durch Verkauf an Mieter und Genossenschaften der Eigentumsbildung dienen.Auch die Vorstellungen über die Preise sind zumindest bei der Einzelprivatisierung in verbale Form gefaßt: "mieterfreundlich", "erschwinglich", "bezahlbar" sollen sie sein, was auch immer damit gemeint ist. Die Frage ist: Braucht Berlin überhaupt einen kommunalen Wohnungsbestand, und wenn ja, wie groß sollte dieser Bestand sein? Nach Abwicklung der Restitution und der Privatisierung nach dem Altschuldenhilfe-Gesetz sowie aufgrund des Senatsbeschlußes von 1994 für die Westberliner Gesellschaften werden die städtischen Wohnungsbaugesellschaften Berlins noch rund 450000 Wohnungen haben, das sind noch etwas mehr als 25 Prozent des Berliner Wohnungsbestandes. Wenn Berlin die Notwendigkeit eines eigenen Wohnungsbestandes bejaht, dann darf es sich nicht allzuweit von der 25Prozent-Marke entfernen.Ansonsten wird Berlin kaum noch Einfluß auf den Wohnungsmarkt nehmen können und mit seinen Restbeständen nur noch jene versorgen können, die keinen Zugang zum Wohnungsmarkt haben oder nur sehr schwer eine Wohnung finden.Ghettoisierung und Slumbildung wären die Folge.Die genannte Marke sollte also auch deswegen nicht allzuweit unterschritten werden, um gemischte Belegungsstrukturen und damit soziale Stabilität gewährleisten zu können. Berlin als Hauptstadt und Metropole wird künftig erst recht einen bedeutenden Wohnungsbestand benötigen.Der Hinweis auf die Sozialwohnungen und den Ankauf von Belegungsbindungen geht fehl.Der Sozialwohnungsbestand schmilzt, und Wohnungen zu verkaufen, um dann wieder Belegungsbindungen zu erwerben, ist Nonsens.Im übrigen sind auch angekaufte Belegungsbindungen befristet. Also keine Hilfe für den Senat? Die Einzelprivatisierung und der Verkauf an Genossenschaften im Rahmen der 15-Prozent-Quote sind bei dem als notwendig bezeichneten Bestand bereits in Abzug gebracht.Allerdings ist hier noch ein Wort zur Preisbildung notwendig.Weder Handelsrecht noch Steuerrecht kennen die Begriffe "mieterfreundlich" oder "erschwinglich".Beide Rechtsmaterien markieren die Schranken und normieren die Folgen für das Handeln der Gesellschaften, ihrer Aufsichtsräte und Geschäftsführungen bzw.Vorstände.Und außerdem will die Stadt Geld sehen. Die Zusammenlegung von Gesellschaften ist dort angezeigt und möglich, wo sich effiziente Strukturen und beherrschbare Größenordnungen ergeben, nicht aber dort, wo sich der höchste Kaufpreis erzielen läßt.Denn das Geld, das durch einen solchen Vorgang der Stadt zufließt, fehlt den Gesellschaften im Ostteil der Stadt bei der Sanierung ihres Wohnungsbestandes.Noch ist die Wiederherstellung der deutschen Einheit auf diesem Gebiet nicht abgeschlossen. Der Verkauf von Anteilen städtischer Wohnungsbaugesellschaften kann dort ergänzend hilfreich sein, wo Berlin seinen Einfluß auch weiterhin geltend machen kann, Unternehmenspolitik und -kultur des Erwerbers sich mit den städtischen Zielen in Einklang bringen lassen, insbesondere eine Zerschlagung der Gesellschaft ausgeschlossen ist, und der Erwerber einen hilfreichen Beitrag zur Fortentwicklung der Gesellschaften leisten kann und will.Der Autor ist Vorstand des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V.(BBU).Die Serie wird fortgesetzt.

LUDWIG BURKARDT

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