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Immobilien: "Wir stellten Leistungsfähigkeit unter Beweis"

Immer wieder in die Schußlinie geraten die Bezirksämter wenn es um die Planung und Bebauung von Grundstücken geht.So behaupten argwöhnische Zeitgenossen, der Grundstückspool sei nur dazu da, den Beamten und Angestellten in den Behördenstuben Beine zu machen.

Immer wieder in die Schußlinie geraten die Bezirksämter wenn es um die Planung und Bebauung von Grundstücken geht.So behaupten argwöhnische Zeitgenossen, der Grundstückspool sei nur dazu da, den Beamten und Angestellten in den Behördenstuben Beine zu machen.Mit der üblichen Schelte konfrontierte Ralf Schönball Leiter des Grundstücksamtes Wilmersdorf, Joachim Schwartzkopf.

TAGESSPIEGEL: Sie haben auf einer Anhörung von Bündnis 90 / die Grünen die Leistungsfährigkeit der Grunstücksämter verteidigt.Wie lange dauert es, bis ein ganz gewöhnlicher Bürger bei Ihnen den Preis eines städtischen Grundstückes erfährt?

SCHWARTZKOPF: Sofern es keine planungsrechtliche Probleme gibt, erhält der Interessent binnen drei Wochen ein Kaufangebot über das Grundstück.Dabei bekommt er also eine Summe genannt, zu der wir bereit sind, Verkaufsverhandlungen aufzunehmen.Solche Anfragen kommen in Wilmersdorf nahezu täglich vor.Bei den Interessenten handelt es sich überwiegend um Gewerbetreibende oder um Investoren.Die Gewerbetreibenden interessieren sich eher für Grundstücke, für die bestimmte Nutzungsabsichten bestehen, die aber dessen ungeachtet mehrere Jahre noch als Freiflächen vermietet werden.Dabei handelt es sich in Wilmersdorf beispielsweise um Grundstücke, die für Schul- oder Sporthallenbauten reserviert sind, die Finanzierung dieser öffentlichen Bauvorhaben aber nocht nicht gesichert ist.Die zweite Kategorie von Interessenten sind Investoren.Sie wollen die Liegenschaften erwerben, weil sie einen Bau planen.Ein Beispiel dafür ist das Grundstück am Prager Platz.Dort will ein Investor ein Grundstück erwerben, wobei er für den größten Teil der gewerblich zu nutzenden Flächen auch schon Interessenten hat.

TAGESSPIEGEL: Hat sich der Druck auf Ihr Amt durch die Politik der Finanzsenatorin erhöht oder können Sie unanständig

unter Preis liegende Offerten abweisen, ohne sich Bremser schimpfen zu lassen?

SCHWARTZKOPF: In der Öffentlichen Diskussion wird leider oft der Begriff des Verscherbelns von Tafelsilber benutzt.Dies hat mit der Realität nichts zu tun.Kein einziges Grundstück wurde von unserem Amt unter

dem ermittelten Verkehrswert veräußert.Es ist auch kein zusätzlicher Druck von der Senatsfinanzverwaltung ausgeübt worden.Man hat sich vielmehr eines weit wirksameren Mittels bedient, indem der Senat die Bezirke an den Erlösen durch den Verkauf der Grundstücke beteiligte.Das liefert den Bezirken natürlich einen Anreiz, sich besonders ins Zeug zu legen.So konnte Wilmersdorf in den Jahren 1996 bis November 1998 Verträge über Grundstücksverkäufe im Gesamtwert von rund 80 Mill.DM abschließen.Wir hoffen, daß wir die Grenze von 100 Mill.DM im ersten Halbjahr 1999 überschreiten.

TAGESSPIEGEL: Andere werfen Ihnen vor, zu viel für die Grundstücke zu verlangen.Deren Preis ermittelten Sie auf Grundlage von Vergleichswerten.Ihm würden Verträge zu Grunde gelegt, die in der Vergangenheit geschlossen wurden.Dadurch orientierten sich die Werte eines Grundstückes an Bodenpreise, die erlöst wurden, als mit Bürohäusern noch viel Geld zu verdienen war.Sollten Sie Ihre Haltung nicht ändern und sich auf den Residualwert besinnen, wonach ein Grundstück nur so viel wert ist, wie durch die Mieten zu erwirtschaften ist?

SCHWARTZKOPF: Aus der Erkenntnis, daß die bisherige Wertermittlungspraxis nicht immer ein zeitnahes Abbild des aktuellen Marktwertes wiedergibt, hat die Senatsverwaltung für Finanzen bereits eine Konsequenz gezogen.Sie besteht darin, daß Regularien für ein Bieterverfahren entwickelt wurden.Dieses Verfahren bietet eine bessere Möglichkeit, sich dem tatsächlichen Marktwert zu nähern.

TAGESSPIEGEL: Das heißt, wer am meisten bietet bekommt das Grundstück?

SCHWARTZKOPF: Ja und zwar auch dann, wenn der vom Vermessungsamt ermittelte Verkehrswert unterboten wird.Allerdings müssen ausreichend viele Gebote vorliegen.Die Basis für die Arbeit der Vermessungsämter ist die gleiche wie die der obersten Grundstücksgutachter der Senatsbauverwaltung, sie beruht also auf der gescholtenen Vergleichswertmethode.Allerdings beinhaltet auch das Residualverfahren insofern Schwächen, als die Investoren im Dunkeln lassen, auf wie viele Jahre sie die Amortisierung des Grundstückswertes ansetzen.Bei vielen Verhandlungen setzen die Investoren einen Zeitraum von zehn Jahren bei der Festlegung der zu erzielenden Mieten fest.Dies ist auch eine bei gewerblichen Mietverträgen übliche Laufzeit.Wenn wir nun einzig den in dieser Zeit erwirtschafteten Ertrag als Grundlage für den Preis des Grundstückes ansetzen würden, dann würde Berlin nur noch schlechte Geschäfte machen.Im übrigen räumen Investoren ein, daß jede Annahme von Mieteinnahmen, die über einen Zeitraum von zehn Jahren hinausgeht, äußerst spekulativ ist.Insofern setzt die Methode der Residualwerte ähnlich fragwürdige Annahmen voraus, nur daß sie über die in der Zukunft liegenden Preise spekulieren muß.

TAGESSPIEGEL: Sie stehen auch dem Grundstücksfonds kritisch gegenüber.Viele der Grundstücke eigneten sich nicht für einen Verkauf.Könnte dieser Nachteil nicht behoben werden, wenn dem Fonds auch eine Tätigkeit als Entwickler gestatte würde?

SCHWARTZKOPF: Auch private Entwickler kochen nur mit Wasser.Dies lernen wir aus den Schwierigkeiten mancher großen Namen dieser Tage.Es ist keineswegs so, daß die Grundstücksämter in Zusammenarbeit mit den Stadtplanungsämtern nicht auch bereits Grundstücke entwickelt hätten.Wir haben einen mindestens ebenso guten Zugang zu den Planungsunterlagen wie ein privater Entwickler und daher ebenso die Möglichkeit, ein Grundstück zur Baureife zu bringen.Außerdem sähe sich ein privater Geschäftsbesorger eines solchen Grundstücksfonds denselben Problemen konfrontiert wie wir.Es sei denn, der Senat hält sein Wort und ermöglicht ihm eine Arbeit frei von unzeitgemäßen Vorgaben.Dann aber frage ich, warum nicht zunächst erst einmal unsere Arbeit durch eine solche Erleichterung gefördert wird.Schließlich haben wir bereits unter Beweis gestellt, daß wir in recht kurzer Zeit trotz teils großer Hindernisse und einer kleinen Personaldecke vorzeigbare Ergebnisse beim Grundstücksverkauf vorweisen können.

TAGESSPIEGEL: Ihr Bezirksamt ist eines unter vielen.Im Ostteil der Stadt müssen sich Ihre Kollegen mit den Alteigentümern und fehlendem Planungsrecht auseinandersetzen.Daher können die Kollegen naturgemäß nicht so erfolgreich arbeiten wie Sie.Außerdem könnte ein Grundstückspool bezirksübergreifend operieren.Das sind doch handfeste Vorteile ...

SCHWARTZKOPF: Zum einen zieht die Anfang 2001 erfolgende Bezirksfusion ohnehin eine Konzentration nach sich.Zum anderen muß sich auch ein Grundstückspool mit den verschiedenen Bauabteilungen der Bezirke auseinandersetzen.Im Klartext, die Mitarbeiter des Pools sind Dienstleister für den Investor und müssen die ganzen Gänge zu den Ämtern an desssen Stelle übernehmen.Sie haben keine eigene Entscheidungskompentenz.Wie hoch und wie dicht gebaut wird, das bleibt Sache des Bezirks.Allerdings könnte eine Erleichterung dann eintreten, wenn die verschiedenen Bauämter, also Bauafsicht und Planungsämter, zu einem Landesamt zusammengefaßt würden.Davon allerdings war während der Debatte um den Grundstückspool keine Rede.

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