zum Hauptinhalt
Miet- und Eigentumswohnungen sind im nordöstlichen Bereich von Charlottenburg in attraktiver Wasserlage geplant.

©  Lagrande Immobilien GmbH

Wohnen am Wasser: In Charlottenburg soll ein neues Wohnquartier entstehen

An der Grenze zum Bezirk Mitte am südlichen Ufer der Spree will ein Berliner Projektentwickler 265 Eigentums- und Mietwohnungen bauen.

Dass es das noch gibt! Ein riesiges, der Natur anheimgefallenes, dabei voll erschlossenes Grundstück in Charlottenburg. Unmittelbar an der Spree. Pläne für eine Wohnbebauung existieren seit Jahren, nur sichtbar passiert ist bei dem Projekt „Spreegärten“ bisher nichts. Das soll sich nun tatsächlich ändern.

Die Technische Universität Berlin (TUB), für die das knapp 10 000 Quadratmeter große „Tortenstück“ an der Pascalstraße vorgesehen war, hatte die landeseigene Liegenschaft im Frühjahr 2011 zum Verkauf angeboten. Ein Berliner Projektentwickler machte bei dem Bieterverfahren das Rennen. Die Amag Bauten GmbH – vertreten durch die Lagrande Group GmbH – will Eigentums- und Mietwohnungen bauen. Partner bei den direkt an der Pascalstraße, eher abseits der Spree gelegenen Mietwohnungen wird das landeseigene Wohnungsunternehmen Degewo. „Das ist für uns ein sogenanntes Ankaufprojekt“, sagt Degewo-Sprecherin Regine Zylka. „Die Verhandlungen laufen noch, deshalb kann ich leider keine Details etwa zu Wohnungsgrößen und anderem nennen.“

5800 Euro pro Quadratmeter kosten die Wohnungen

Mit Einzelheiten hat Lagrande-Geschäftsführer Jens Noack hingegen kein Problem. „Insgesamt sind etwa 265 Wohneinheiten geplant. Zirka 95 davon werden als Mietwohnungen errichtet.“ Die mietpreisgebundenen Wohnungen mit ein bis vier Zimmern sollen zwischen 40 und 82 Quadratmeter groß sein, die Eigentumswohnungen zwei bis fünf Zimmer aufweisen bei Größen zwischen 55 und 200 Quadratmetern. Für die seien durchschnittlich 5800 Euro pro Quadratmeter zu zahlen, sagt Noack. Preisbestimmend werde neben Faktoren wie Etagenhöhe und Ausrichtung zu den Himmelsrichtungen natürlich auch die Lage auf dem Grundstück sein. Mit anderen Worten: Wer einen unverstellten Blick auf die Spree wünscht, wird mehr als den Durchschnittspreis hinblättern müssen. Der Verkauf erfolgt provisionsfrei vom Bauträger.

In einer Tiefgarage sind etwa 95 Stellplätze geplant, die zu knapp 40 000 Euro angeboten werden. Da trotz der Garage die angespannte Parksituation in der Gegend nicht besser werden wird, sind auch 530 Fahrradabstellplätze vorgesehen. Etwa die Hälfte davon innerhalb der Gebäude in entsprechenden Abstellräumen. Flächen für Gewerbe sind bei dem Vorhaben nicht geplant. In den Gebäuden mit sechs Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss ist auch eine Kindertagesstätte mit 25 Plätzen vorgesehen.

Vertriebsstart ist im Frühjahr 2018 geplant

Der von Lagrande bereits vor langer Zeit angepeilte Vertriebsbeginn „Frühjahr 2017“ konnte offensichtlich nicht gehalten werden. Die behördlichen Mühlen mahlen eben langsam. Zur Verzögerung dürfte mit Sicherheit beigetragen haben, dass der Bebauungsplan von 1992, der eine Nutzung für „Zwecke von Hochschule und Forschung“ vorsah, zugunsten von Wohnungsbau geändert werden musste.

Derzeit befindet sich die ausstehende Genehmigung noch im „vorhabenbezogenen Bebauungsplanverfahren“. Sollte der Bebauungsplan nach der Sommerpause im September von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) abgesegnet werden, rechne er nicht vor Jahresende mit einer Baugenehmigung, sagt der Lagrande-Geschäftsführer. Vertriebsstart könne somit erst im Frühjahr 2018 sein. Der erste Spatenstich wäre „frühestens im dritten Quartal“ 2018 denkbar.

1989 wurden 2300 Kubikmeter kontaminierter Boden vom Grundstück entfernt

„Das Kaufangebot ist bis zum 30.06.2011 abzugeben.“ So stand es in dem Exposé der TU. „Es handelt sich um ein 9920 Quadratmeter großes, unbebautes, eingezäuntes Grundstück. Auf dem Grundstück befindet sich Spontanvegetation (…) Der minimale Abstand zum Spreeufer beträgt nach Norden ca. 12 Meter“, hieß es weiter. Wie viele Angebote für die begehrte Wasserlage der TU letztlich vorlagen, möchte die Universität nicht veröffentlichen. „Zu Bieterverfahren geben wir keine Auskunft“, heißt es bei der Pressestelle.

Das Exposé verschwieg allerdings nicht: „Das Grundstück liegt im Bereich von Altlastenverdachtsflächen. Die Nutzungshistorie weist neben einem Schrottplatz auch die Herstellung von Bautenschutzmitteln und anderen chemischen Produkten auf. Im Jahre 1989 wurden rund 2300 Kubikmeter kontaminierter Boden vom Grundstück entfernt.“ Ob das Grundstück inzwischen aus dem Altlastenverdachtskataster gestrichen werden konnte, fragten wir Oliver Schruoffeneger zu Beginn der Woche schriftlich. Eine Stellungnahme des bündnisgrünen Bezirksstadtrats für Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt blieb bis Redaktionsschluss trotz erneuter Nachfrage aus – wie bereits bei anderen Recherchen zu Bauprojekten im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf.

Die benachbarten Kleingärtner betrachten das Projekt mit gemischten Gefühlen

Bedenken ganz anderer Art haben die Mitglieder der Kolonie „Pascalstraße“. Klaus-Jürgen Siewert, seit sechs Jahren Vorsitzender der Kleingartenanlage, gibt sich zwar ganz gelassen bei der Aussicht auf neue Nachbarn: „Wir wussten ja seit dreißig Jahren, dass dort irgendwann gebaut wird. Und es ist auch lediglich ein Abschnitt mit 14 Parzellen direkt betroffen.“

Mit gemischten Gefühlen hingegen betrachten die Kolonisten, dass die Neubauten so dicht an ihre Gärten rücken. „Bei neun Metern Abstand zu unserer Grundstücksgrenze werden die Baukörper mit Berliner Traufhöhe von 22 Metern aufragen – das ist schon heftig. Da bleibt von der Sonne nicht viel“, sagt der Vorsitzende.

Enttäuscht zeigt sich Siewert auch über die miserable Kommunikation aus dem Charlottenburger Rathaus. Zwar seien im Laufe der Jahre mal einzelne Mitglieder des bezirklichen Bauausschusses gekommen, um sich ein Bild von der Situation zu machen. Doch der bis zum vergangenen Jahr federführende Baustadtrat Marc Schulte (SPD) habe auf Anfragen gar nicht, ein einziges Mal mit einem „läppischen Dreizeiler“ reagiert. Dessen Nachfolger Oliver Schruoffeneger sei in diesem Jahr immerhin vorbeigekommen, konnte jedoch auch nur mitteilen, dass Änderungen am aktuellen Bebauungsplanentwurf kaum mehr denkbar seien.

Zur Startseite