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Rechts vom Rathaus beginnt die Steglitzer Einkaufsmeile Schlossstraße.

© Mauritius

Wohnen im Kiez: „Wir fühlen uns hier einfach wohl“

Karl-Heinz Than ist studierter Soziologe und betreibt das Berlin-Antiquariat in der Steglitzer Zimmermannstraße. Er verrät, was den typischen Steglitzer ausmacht und warum es sich hier gut wohnt.

Bücher links, Bücher rechts, Bücher überall: Das Berlin-Antiquariat in der Zimmermannstraße 26 ist eine Fundgrube für Buchliebhaber. Mitten drin sitzt Karl- Heinz Than, Soziologe, seit 32 Jahren Betreiber des Antiquariats und noch länger in Steglitz ansässig.

Herr Than, wie hat es Sie nach Steglitz verschlagen?

Ich wohnte vorher in Neukölln. Meine Frau und ich suchten 1980 eine Wohnung nicht weit von der Freien Universität. Um einen günstigen Mietvertrag zu übernehmen, musste man gut und gern 20 000 DM Abstand zahlen. Deshalb entschieden wir uns, lieber zu kaufen, und fanden eine unsanierte Jugendstilwohnung in der Zimmermannstraße: 110 Quadratmeter für 99 000 DM. Dass wir sie gekauft haben, war das Beste, was wir machen konnten.

Wie haben sich seither die Preise in Ihrer Umgebung entwickelt?

Sie haben sich ungefähr versechsfacht. Mit 3000 Euro pro Quadratmeter muss man heute rechnen. In unserer Straße wird gerade ein Haus saniert, wo sogar über 4000 Euro verlangt werden. Aber das ist zu viel für Steglitz.

Wie hat sich Ihr Kiez in den vergangenen 30 Jahren verändert?

Vor 30 Jahren war die Zimmermannstraße grau – und zwar umso grauer, je weiter man von der Schlossstraße entfernt war. Heute sind die meisten Häuser saniert, die Fassaden bunter geworden.

Karl-Heinz Than (67).
Karl-Heinz Than (67).

© Promo

Haben Sie jemals überlegt, wegzuziehen?

Nein, wir fühlen uns hier einfach wohl. Es ist grün – ich sage gern „Unter den Linden der Zimmermannstraße“ – und wir sind verkehrsmäßig hervorragend angebunden. Zum Botanischen Garten geht man zu Fuß, in der Schlossstraße gibt es Ärzte und Einkaufsmöglichkeiten. Und es gibt Restaurants en masse, etwa ein gutes Sushirestaurant in der Ahornstraße, den türkischen Italiener und auch den richtigen. Vor allem aber sind die Menschen hier angenehm.

Wie ist er denn, der typische Steglitzer?

Steglitz ist seit jeher bildungsbürgerlich geprägt; ich spreche gern von der etablierten Alternativszene. Es ist kein Zufall, dass es in unserer Straße schon vor vielen Jahren einen Bioladen gab und dass die Grünen gute Wahlergebnisse erzielen.

Sind Steglitzer nicht eher konservativ?

Konservativ würde ich nicht sagen. Es leben hier viele Mutbürger. Man akzeptiert vieles, ist aber auch kritisch. Ein Mitarbeiter von mir aus Reinickendorf hat es so formuliert: In Steglitz sind die Leute selbstbewusster als anderswo.

Ist diese Bevölkerungsstruktur durch die steigenden Immobilienpreise gefährdet?

Ich glaube nicht, dass sich die Zusammensetzung der Bevölkerung wesentlich ändert. Die Menschen, die hier eine Wohnung kaufen, schätzen in der Regel genau die Qualitäten, die Steglitz ausmachen.

Sie haben also gar nichts Negatives festzustellen?

Natürlich gibt es kleinere Probleme. Aber dann redet man miteinander und versucht, diese Probleme zu lösen.

Das Gespräch führte Christian Hunziker.

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