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Immobilien: Zum Fehlkauf verführt

Anlegerschützer warnen: Verkäufer von Schrottimmobilien und riskanten Kapitalanlagen sind unterwegs Sie haben es ausgerechnet auf Sparer abgesehen, die ihr Geld aus Sicherheitsstreben in Sachwerten anlegen wollen

In Scharen fallen Anleger auf die dubiosen Versprechen der Verkäufer von Produkten auf dem grauen Kapitalmarkt herein. Jährlich fließen nach einer Studie der Universität Bamberg rund 30 Milliarden Euro in gefährliche „atypische Beteiligungen“, in geschlossene Immobilienfonds, in Schrottimmobilien sowie in „Inhaber-Schuldverschreibungen“. Die Folge für die leichtgläubigen Anleger: Statt sich dadurch ein Geldpolster fürs Alter zu schaffen, sind sie nach wenigen Jahren bestenfalls ihr Geld los – und im schlechtesten Fall ruiniert.

Deshalb warnt das Deutsche Institut für Anlegerschutz (DIAS), gegründet von Experten aus dem Bereich der Verbraucherverbände, vor den Anbietern der oft als hochverzinsliche Steuersparmodelle angebotenen Produkte – und rät, kurios genug, zu der viel gescholtenen Riester-Rente mit einer geradezu kümmerlichen Rendite in Höhe von gut zwei Prozent. Aber: „Jeder sollte die ersten fünf Prozent privaten Geldes, das er für sein Alter auf die Seite legen sollte, in gnadenlos sichere Produkte investieren“, so Jürgen Kunze, DIAS-Vorstand.

Das sehen fast alle seriösen Anlageberater ähnlich. Denn als Faustregel gilt: Wer hohe Renditen sucht, muss hohes Risiko eingehen – für sichere Anlagen gibt es nur kleine Renditen. Diese Gleichung lässt sich schon anhand von Schatzbriefen nachvollziehen: Wer der Bundesregierung Geld leiht bekommt wesentlich kleinere Renditen als wer sein Geld dem argentinischen Staat überlässt – weil er dort schlimmstenfalls einen Totalverlust seiner Kapitalanlage befürchten muss.

Bei den am stärksten verbreiteten Anlageprodukten sind zwischen zwei und drei Prozent am Markt üblich: etwa beim Abschluss von Lebensversicherungen. Etwas mehr bekommt man bei einigen günstigen Bauspartarifen, bis zu vier Prozent. Wer doppelt so viel Zinsen für sein Kapital will, landet am grauen Kapitalmarkt. Grau wird er deshalb genannt, weil es dort wenig Transparenz gibt und fast keine Gesetze Licht in das Dickicht der Produkte werfen. Meistens werden die oft dubiosen Maschen der Vertriebe erst von Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft aufgedeckt, wenn es zu spät – und das Geld der Anleger weg ist.

Beispiel „Europahaus“. Die Firma hat mehrere tausend Anleger um ihr Geld gebracht. Und das ging so: Versprochen wurde den Anlegern eine Beteiligung an einer modernen Fabrik zur Produktion von Eigenheimen. Für deren Errichtung, die mit Robotern der Firma Siemens ausgestattet werden sollte, wurde das Kapital angeblich eingesammelt. Neben den jährlichen Ausschüttungen sollten die Anleger außerdem noch selbst ein preiswertes Eigenheim, das in der Fabrik hergestellt werden würde, kaufen können.

Bis zu diesem Punkt ist das Geschäftskonzept noch plausibel. Die Alarmglocken jedoch hätten bei den Anlegern läuten müssen bei folgenden Versprechen: Die Häuser aus der Fabrik sollten in wenigen Tagen vorgefertigt und aufgestellt sein – die üblichen Zeiten betragen auch bei Fertighäusern einige Monate. Sie sollten zum Billigstpreis von umgerechnet 750 Euro je Quadratmeter verkauft werden – üblich ist das Doppelte. Und die Anleger sollten den Kredit, mit dem sie den Erwerb des Hauses finanzieren, von ihren anteiligen Gewinnen aus der Fabrik bezahlen können und dadurch innerhalb von 20 Jahren schuldenfrei sein.

Das alles ist unmöglich. „Heute ist Europahaus insolvent“, sagt Dias-Vorstand Volker Pietsch. Atypische stille Beteiligungen wie diese seien in den vergangenen zehn Jahren zur „Abzocke Nummer eins“ geworden. Das Perfide an dieser Masche: Die Anleger würden oft dazu ermuntert, Freunde und Familienmitglieder ebenfalls für eine Beteiligung zu werben. Und: Die Firmen verfügten oft über Verkäufer mit ausgezeichneten „Sekundärmerkmalen“, wie Jochen Resch, Berater bei der Verbraucherzentrale, sagt: Die Werber würden von düpierten Anlegern als gut gekleidet, einfühlsam, überzeugend und freundlich beschrieben.

Dabei haften die Anleger oft für die Firma. Dann droht der Ruin. Das ist auch bei den „Erwerbermodellen“ oft der Fall: Die Anleger kaufen eine Eigentumswohnung und verschulden sich bis über beide Ohren. Versprochen wird ihnen von den Verkäufern, dass die Mieteinnahmen ausreichen, um die Zinsen zu bezahlen. Außerdem würden die Käufer Steuervorteile erhalten. Doch in vielen Fällen rechnet sich das Geschäft trotzdem nicht – und die Anleger zahlen Jahrzehnte Kreditzinsen für eine wertlose Immobilie.

Die Experten von DIAS beklagen, dass oft Banken und Versicherungen, Notare und Bauträger diese dubiosen Geschäfte befördern – weil diese selbst von diesen Geschäften profitieren. Die Ursache für diese Fahrlässigkeit: Der Gesetzgeber setze dem Treiben auf dem grauen Kapitalmarkt keine Grenzen. Mit beklagenswerten Folgen: „Die Opfer des grauen Kapitalmarktes von heute, werden die Hartz-IV-Empfänger von morgen.“ Denn: Oft treibe weniger die Gier die Anleger in diese Modelle, als vielmehr der Wunsch nach sicheren Sparmodellen zur Altersversorgung.

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