zum Hauptinhalt
Das wird noch nicht ganz reichen. Hauskäufer müssen nach einem Versteigerungstermin in mehrfacher Hinsicht rasch handeln – und immer wieder vergleichen.

© Oliver Killig/dpa

Zwangsversteigerungen (3) - Finanzierung: Zahlen, bitte!

Wer den Zuschlag erhält, muss sich zügig um seine Finanzen kümmern. Zeit ist Geld – das zeigt ein Beispiel aus Strausberg.

„So, Herr Dreher und Frau Dreher, dann kommen Sie bitte noch einmal nach vorne“, sagt die Rechtspflegerin im Saal 2 des Amtsgerichts Strausberg. Das Ehepaar geht mit weichen Knien zum Richtertisch. „Gratulation!“, raunt ihnen ein Mitbieter fröhlich zu. Eben hatten Drehers den Zuschlag für „ihre“ Doppelhaushälfte in Schönow (Bernau) erhalten. Kostenpunkt: 169 000 Euro, glatt 19 000 Euro über dem Verkehrswert. War die Gratulation nun ernst gemeint? Egal. Zu spät. „Wann hätten Sie denn gerne den Verteilungstermin?“, fragt die Rechtspflegerin zum Abschluss dieser Zwangsversteigerung. „Eher in sechs oder eher in acht Wochen?“ Michael Dreher und seine Ehefrau Hildegard sehen sich an: „Eher in acht Wochen“, sagten sie wie aus einem Mund.

Natürlich reicht Drehers Eigenkapital nicht aus, um den letztendlich an die Gläubiger zu verteilenden Versteigerungserlös gleich auf den Tisch zu legen. Außerdem kommen bis zum Verteilungstermin noch vier Prozent Zinsen hinzu (947,07 Euro) und Gerichtsgebühren (628 Euro). Nicht zu vergessen: fünf Prozent Grunderwerbsteuer, zu zahlen an die Finanzkasse Eberswalde (8450 Euro), die Kosten für die Bestellung der Grundschuld durch einen Notar (328,81 Euro) und die dafür erforderlichen Grundbuchauszüge (zehn Euro an die Landesjustizkasse in Brandenburg a. d. Havel). Außerdem muss der Umzug bezahlt werden. Und die Miete für die Berliner Wohnung läuft auch noch drei Monate weiter. Überdies: Das länger als ein halbes Jahr leer stehende Versteigerungsobjekt am nördlichen Berliner Stadtrand muss wieder in Betrieb, sprich an die Netze gebracht werden. Ein zum Versteigerungszeitpunkt noch nicht eindeutig zu beziffernder Kostenfaktor. Was, so fragen sich Drehers, wenn etwa die Heizung nicht wieder anspringt?

Es ist also Zeit für einen Termin bei der Bank, in diesem Falle bei der Berliner Sparkasse. Hier hatte Drehers Beraterin, Bankfachwirtin Michaela Kurz, vor der Versteigerung kurzfristig einen Scheck der Bundesbank organisiert. Ohne den hätten Drehers gar nicht erst in Strausberg antreten können – denn die Amtsgerichte erwarten die Hinterlegung einer Sicherheit. Zehn Prozent des Verkehrswertes waren gefordert. Den Scheck hatte die Rechtspflegerin gleich kassiert: 154 000 Euro waren nun noch offen.

Zehn Tage nach der Ersteigerung haben die Drehers ihr erstes Gespräch im Immobiliencenter des Kreditinstituts. Mit Blick auf die Acht-Wochen-Frist des Amtsgerichts hat Michael Dreher der Einfachheit halber gleich um das beste, nicht das erstbeste Angebot gebeten. „Das ist unser bestes Angebot“, sagt Kurt Milewski von der Sparkasse und überreicht Drehers den Zins- und Tilgungsplan. Sein Kollege Meyer werde sie nun weiterbetreuen – urlaubsbedingt, sagt er lächelnd. Drehers wollen mindestens ein weiteres Angebot einholen. Die Sparda-Bank Berlin, so haben sie in der Tagesspiegel-Tabelle mit den Kosten für Baugeld gelesen, bietet zum Ersteigerungszeitpunkt den niedrigsten Effektivzins (3,75 %, 10 Jahre fest, Beleihung 60 Prozent). Sie machen einen Termin – und befinden sich inzwischen in der dritten der insgesamt acht Wochen laufenden Frist. „Wie kommen Sie denn darauf?“, fragt der flachsblonde Berater der Sparda-Bank Berlin, als Dreher ihm den aktuellen Zeitungsausschnitt zeigt und auf den dort angegebenen Effektivzins pocht. Tatsächlich ist sein Angebot zwei Prozentpunkte hinter dem Komma schlechter. „Die Konditionen können sich täglich ändern“, sagt der Sparda-Mann. Immerhin ist sein Angebot um zwei Prozentpunkte hinter dem Komma besser als das der Sparkasse. Dreher nimmt Kontakt mit der Urlaubsvertretung von Kurt Milewski auf. Dessen Sparkassen-Kollege Meyer steht noch nicht voll im Stoff – er hat viel zu tun. „Nach meinem Kenntnisstand haben Sie mit Herrn Milewski ein grundsätzliches Finanzierungsgespräch geführt und noch keinerlei Unterlagen eingereicht“, mailt er den Drehers. Telefonisch ist er nicht zu erreichen.

Einer von zwei Monaten, die das Paar für die Finanzierung Zeit hat, ist verstrichen. Sie werden langsam nervös. Dreher erreicht Milewski – persönlich. Den Satz mit den Bonitäts- und weiteren Unterlagen hat er noch einmal kopiert. Dreher möchte nun einen besseren Effektivzins und das Streichen der einmaligen Gebühr erreichen, die für eine Objektbesichtigung sowohl von der Sparda-Bank Berlin als auch von der Berliner Sparkasse in Höhe von rund 250 Euro angesetzt worden war. Die erscheint Drehers unnötig – schließlich liegt ein Verkehrswertgutachten vor. Meyer möchte sich das Angebot der Sparda-Bank kopieren: „Das muss ich mit meinem Abteilungsleiter besprechen, ob wir Ihnen entgegenkommen können.“ Bank-Beraterin Kurz hatte signalisiert, dass eine Verbesserung von 0,1 Prozent auf jeden Fall möglich sein müsste. Und so kommt es auch.

In der sechsten Woche der Zwei-Monats-Frist haben Drehers ihre Selbstauskunft ausgefüllt und letztlich das Angebot der Sparkasse unterschrieben. Sie hätten natürlich bei einem weiteren Kreditinstitut nachfragen können – aber dieses Ergebnis genügt ihnen angesichts der knappen Zeit. „Wenn Sie merken, dass die Tilgungsrate zu hoch ist“, hatte Meyer zum Schluss noch gesagt, „können wir die Laufzeit noch verlängern.“ Ob das bei einer Direktbank im Internet auch möglich wäre?

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false