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Neue Heimat. Im vergangenen Jahr gab es in Berlin über 32 000 Immobilienverkäufe.

© picture alliance / dpa

Immobilienboom: Berlin freut sich über Rekordeinnahmen bei der Grunderwerbsteuer

Mehr als 735 Millionen Euro hat das Land im vergangenen Jahr von Immobilien- und Grundstückskäufern kassiert – Tendenz steigend.

An den vergangenen Dezember erinnert sich Ulrich Schellenberg noch lebhaft. „Wie im Bienenschwarm“ sei es in seiner Kanzlei zugegangen, berichtet der Notar: „Wir haben sogar samstags und sonntags beurkundet.“ Drei Notare arbeiten in den Räumen der Kanzlei Schellenberg, Unternehmeranwälte am Olivaer Platz. Sie alle mussten Überstunden machen, so wie viele ihrer Kollegen in der Stadt. Der Grund: Haus-, Wohnungs- und Grundstückskäufer wollten noch auf den letzten Drücker ihre Geschäfte unter Dach und Fach bringen und so Steuern sparen.

Denn seit dem 1. Januar dieses Jahres müssen Immobilienkäufer in Berlin nicht mehr fünf, sondern sechs Prozent Grunderwerbsteuer zahlen. Die Steuer bezieht sich auf den Kaufpreis. Bei einem 300 000-Euro-Objekt müssen Käufer daher jetzt 18 000 Euro statt 15 000 Euro an den Fiskus abführen. „Ein Prozent sind viel Geld“, sagt Schellenberg. Kein Wunder, dass viele Bürger noch zu den alten Konditionen kaufen wollten.

Auch im ersten Quartal 2014 sind die Steuereinnahmen gestiegen

Nur in Schleswig-Holstein schlägt der Staat beim Immobilienkauf noch stärker zu als in Berlin. Was den Käufer ärgert, freut den Finanzsenator: Bei jedem Deal kassiert die Landeskasse mit. Unterm Strich kommt einiges zusammen. Denn Berlin ist begehrt, und jedes Jahr wechseln zahlreiche Objekte den Eigentümer. Der Immobilienboom hat dem Land daher bereits im vergangenen Jahr – noch zum alten Steuersatz – 735,4 Millionen Euro über die Grunderwerbsteuer beschert, deutlich mehr als 2012, als die Steuereinnahmen 578 Millionen Euro erreichten. Der Trend hält auch in diesem Jahr an: Knapp 212 Millionen Euro hat das Land bereits im ersten Quartal eingenommen, gut 30 Millionen mehr als in den ersten drei Monaten des Vorjahres.

Steuert Berlin auf einen weiteren Einnahmenrekord zu? In der Senatsverwaltung für Finanzen warnt man davor, die bisherigen Zahlen hochzurechnen. „Die Verkaufszahlen unterscheiden sich von Monat zu Monat“, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel. „Es gibt keine Gesetzmäßigkeiten.“ Glaubt man Notar Schellenberg, läuft das Geschäft jedoch weiterhin gut. Im Januar und Februar habe es zwar eine Zäsur gegeben, „der Mai ist aber wieder stark.“

Wie gefragt Berlin ist, zeigen auch die amtlichen Zahlen des Gutachterausschusses. 32 000 Käufe haben die Experten im vergangenen Jahr an der Spree registriert, „ein absoluter Spitzenwert im langjährigen Vergleich“, heißt es in ihrer Analyse. „Die Flucht in die Sachwerte hält an“, stellt der Ausschuss fest. Das treibt die Preise in die Höhe. Die Immobilien- und Grundstückskäufer haben im vergangenen Jahr mit knapp 13,86 Milliarden Euro elf Prozent mehr ausgegeben als im Jahr 2012.

Dass mit Immobilien Geld zu holen ist, hat die Senatsverwaltung für Finanzen schon länger erkannt. Bereits 2012 hatte man die Grunderwerbsteuer von 4,5 auf fünf Prozent erhöht. Bayern begnügt sich dagegen mit 3,5 Prozent – und kommt dennoch mit den Steuereinnahmen über die Milliardengrenze. 1,35 Milliarden Euro hat der Freistaat von Immobilienkäufern im vergangenen Jahr kassiert, Tendenz steigend: In den ersten vier Monaten dieses Jahres konnten die Finanzämter bereits wieder über 513 Millionen Euro einnehmen. „Eine Erhöhung des Steuersatzes von 3,5 Prozent ist nicht beabsichtigt“, heißt es auf Anfrage im Finanzministerium.

2013 haben die Bundesländer 8,4 Milliarden Euro Grunderwerbsteuer kassiert

Von den reinen Ländersteuern – Steuern, die die Länder nicht mit dem Bund teilen müssen – ist die Grunderwerbsteuer die wichtigste. 8,4 Milliarden Euro haben im vergangenen Jahr alle deutschen Bundesländer zusammen über die Grunderwerbsteuer eingenommen, für dieses Jahr rechnen die Steuerschätzer mit 9,2 Milliarden, bis 2018 mit 9,6 Milliarden Euro.

Verglichen mit dem Geldregen in Berlin und Bayern sind die Verhältnisse in Brandenburg eher bescheiden. 172,1 Millionen Euro haben die Finanzämter dort im vergangenen Jahr über die Grunderwerbsteuer kassiert, doch auch hier steigen die Einnahmen: In den ersten vier Monaten dieses Jahres waren es bereits 65,7 Millionen Euro.

Brandenburg lockt nicht nur mit idyllischen Landschaften, sondern auch mit niedrigeren Steuern. Das Land begnügt sich nämlich mit fünf Prozent Grunderwerbsteuer. Den Löwenanteil steuert dabei das Finanzamt Kyritz bei. Das liegt aber weniger am Reiz des Prignitz-Städtchens, sondern mehr an den Zuständigkeiten innerhalb der Finanzbürokratie. Die Sachbearbeiter in Kyritz bearbeiten nämlich nicht nur ihre eigenen Steuerfälle, sondern sind auch für die Grunderwerbsteuer in den Finanzämtern Brandenburg, Nauen, Oranienburg – und Potsdam zuständig.

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