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Bares Geld wert. Wer als Immobilienkäufer alte Kredite kostenlos kündigen kann, steht gut da: Die Zinsen bei Neuverträge sind derzeit so günstig wie selten.

© Andrea Warnecke/dpa

Immobilienkredite: Warum Bankkunden ihre Altverträge prüfen sollten

Weil Banken Kunden bei Immobilienkrediten schlecht informierten, können diese Altverträge kündigen. Nicht mehr lange, wie es aussieht. Verbraucherschützer sind alarmiert.

Dieser Fehler kostet Banken und Sparkassen Milliarden von Euro. Und zigtausende Häuslebauer und Wohnungskäufer profitieren, weil sie zum Nulltarif große Teile der Zinslast aus alten Kreditverträgen loswerden:  Weil viele „Widerrufsbelehrungen“ in Kontakten aus den Jahren 2002 bis 2010 schludrig formuliert sind, können Schuldner die Verträge außerplanmäßig kündigen, obwohl diese eigentlich noch jahrelang gelten. Ersetzt werden diese dann durch neue Verträge – in der derzeitigen Niedrigzinsphase mit entsprechend günstigeren Konditionen für die Kreditnehmer. Nun jedoch will die Bundesregierung das Gesetz ändern und zwar rückwirkend.

Entsprechend alarmiert zeigen sich Verbraucherschützer und Fachanwälte. Aufgeschreckt hat sie ein gemeinsames „Eckpunktepapier“ der beiden Bundesministerium für Finanzen sowie für Justiz und Verbraucherschutz. Die elfseitige Stellungnahme zum „ewigen Widerrufsrecht“, die dem Tagesspiegel vorliegt, schlägt eine „gesetzliche Erlöschensregelung“ für den Widerruf aus mangelhaften Verträge vor. Damit wäre es vorbei mit dem Sofortausstieg aus Kreditverträgen mit mangelhafter Widerrufbelehrung. Bereits ab 21. Juni des kommenden Jahres soll die Erlöschensregelung gelten – vorausgesetzt das Gesetz tritt wie geplant in drei Monaten in Kraft. Der Entwurf rechtfertigt den Eingriff mit der „Herstellung von Rechtssicherheit“. Diese habe Vorrang vor dem „etwaigen Vertrauen“ der Verbraucher in den „ewigen Widerruf“, der möglich wurde durch die schlampige Formulierungen von Banken in den Kreditverträgen.

Die Banken sollen entlastet werden - rückwirkend

„Kommt diese Regelung so, dann wird der Verbraucherschutzgedanke vollständig ausgehebelt“, sagt Jan Geigenmüller von der Kanzlei Poppelbaum und Geigenmüller. Die geplante rückwirkende Annullierung des Rechtes von Verbrauchern auf eine korrekte Belehrung über ihr Recht auf Widerruf von Verträgen sei „verfassungsrechtlich höchst bedenklich“. Dass ausgerechnet der Bund den Banken zur Seite springt und sich damit gegen die Verbraucher wendet, ist für den auf Widerruf spezialisierten Rechtsanwalt so, als ob im Skandal um die Schummel-Diesel-Fahrzeuge von VW der Gesetzgeber rückwirkend die zu hohen Abgaswerte für rechtmäßig erklärt, um den Schaden bei VW zu begrenzen.

Ganz abwegig ist der Vergleich nicht: Wie VW kostet die Banken den schludrigen Umgang mit der korrekten Aufklärung der Verbraucher über ihr Recht auf Widerruf Milliarden von Euro. Nicht einmal die Verfasser des Eckpunktepapiers machen daraus einen Hehl: Das „fortbestehende so genannte ewige Widerrufsrecht führt zu erheblichen wirtschaftlichen Belastungen der Kreditwirtschaft“, begründen sie den angeblichen Handlungsdruck. Denn der Bundesgerichtshof gab in zahlreichen Klagen bei mangelhaften Widerrufbelehrungen den Verbrauchern Recht, die daraufhin ihre Kredit kündigen konnten.

Ministerium: Kein Kniefall vor Finanzlobby

Und der Handlungsdruck muss gewaltig sein, denn bereits in wenigen Tagen könnte das Gesetz im Bundestag verabschiedet werden, heißt es in politischen Kreisen. Dabei ist höchst ungewiss, ob die Abgeordneten wirklich wissen, wie stark sie damit in die Verbraucherrechte eingreifen: „Wir halten das für schlichtweg falsch“, bewertet Alexander Krolzik von der Verbraucherzentrale Hamburg die geplante Änderung. Die Verbraucherzentrale hatte im vergangenen Jahr als eine der ersten die Mängel in den Verträgen öffentlich gemacht und eine Lawine von vorzeitigen Kündigungen losgetreten. Für Krolzik ist es eine „Riesensauerei“, dass sich die Politik vor den Karren der Banken spannen lasse und „nachträglich für die Vergangenheit Verbraucherrechte beschneidet“. Zumal es Alternativen gebe: „Eine korrekte Nachbelehrung der Banken könnte auch heute noch das Problem jederzeit heilen“.

Beim Verbraucherschutzministerium bestätigt Sprecherin Juliane Baer-Henney, dass bereits am kommenden Freitag das Gesetz im Bundestag zur Abstimmung stehen könnte. Dass der Bund den Kniefall vor der Bankenlobby übt, lässt sie nicht gelten. Die Begrenzung des Widerrufsrechtes von mangelhaften Belehrungen bis voraussichtlich zum 21. Juni kommenden Jahres sei auch durch den Bundesrat angeregt worden. „Die Bundesregierung hat hierzu Formulierungsvorschläge zugeliefert“, sagt Baer-Henney. Diese sollen nun das Gesetz der Bundesregierung ergänzen.

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