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Wirtschaft: In der Berliner Bürowelt sieht es traurig aus

Bei Büroräumen wird mehr Wert auf die Hülle als auf den Inhalt gelegt / Studie vom Deutschen Werkbund und der IHKTsp BERLIN.Mit den technologischen Quantensprüngen und der inneren wie äußeren Umgestaltung unserer Gesellschaft unter dem neuen Leitstern der Information hat sich auch die Bürowelt verändert.

Bei Büroräumen wird mehr Wert auf die Hülle als auf den Inhalt gelegt / Studie vom Deutschen Werkbund und der IHKTsp

BERLIN.Mit den technologischen Quantensprüngen und der inneren wie äußeren Umgestaltung unserer Gesellschaft unter dem neuen Leitstern der Information hat sich auch die Bürowelt verändert.Bisher eher bürokratische Keimzelle auf dem Weg von der Idee bis zum Produkt und Raum für Arbeit, Kommunikation und sozialer Geborgenheit sind die Grenzen inzwischen fließend geworden.Die Konvention hält den modernen Herausforderungen nicht mehr stand. Während andere Regionen in Deutschland und Europa die Zeichen der Zeit früh genug erkannt und genutzt haben, gibt sich Berlin immer noch mit traditionellen Lösungen zufrieden, legt mehr Wert auf die Hülle als auf den Inhalt.Die Vielzahl der Standardmodelle überwiegt und das Ziel ist: Vermieten um jeden Preis.Dabei hat sich längst die Meinung durchgesetzt, daß die Frage nach dem Büro von heute und morgen einer Reihe vielschichtiger Antworten bedarf."Das Büro der Zukunft gibt es nicht," sagte Professor Ottomar Gottschalck am Dienstag während der Erläuterung einer Studie, die vom Deutschen Werkbund und der Industrie- und Handelskammer herausgegeben wurde. Die Verärgerung der Autoren über den Berliner Zustand ist spürbar.Noch immer scheint man in der Hauptstadt nach der Devise zu verfahren: Außen Loch an Loch, innen Tür an Tür. Doch die Welt hat sich verändert, sagt Gottschalck.Gefragt sind heute Flexibilität, Teilzeitarbeit, Mobilität und freie Mitarbeit.Dabei hat sich der Einfluß der zahlreichen Forschungsinstitute in der Stadt bisher vor Ort nicht umsetzen lassen, das Wissen wird nach draußen gegeben.Der Umstand, daß in Berlin in aller Regel am Bedarf vorbeigebaut wurde, ist allein vor dem Hintergrund der in den vergangenen Jahren explodierten Flächen und der verschenkten Ressourcen so katastrophal.Seit 1991 sind in der Stadt fast 700 Bürobauvorhaben mit mehr als 6 Mill.Quadratmetern Bruttogeschoßfläche fertiggestellt worden oder noch in der Bauphase.Damit ist Berlin die zur Zeit größte Baustelle in Europa.Eine erste Adresse für neue Bürogebäude ist die Friedrichstraße.Hier wird sich Funktionalität allerdings wesentlich leichter umsetzen lassen, weil schon die Größe der einzelnen Büroräume jede Form der Anpassung und Umgestaltung zuläßt. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel, und Quantität allein ist noch kein Argument.Die Stadt wäre gut beraten, so Gottschalck, sich den Ruf eines Kompetenzzentrums für innovatives Bauen zu erarbeiten.Dahinter verbirgt sich die gesamte Palette technischer, organisatorischer, betriebswirtschaftlicher, finanzwirtschaftlicher und ökologischer Innovationen.Dabei ist vorrangig die Frage zu stellen, wie die Arbeitsprozesse in diesen Gebäuden künftig ablaufen. Überrascht wurden die Autoren bei der Erarbeitung der Studie von Trends, die sich in Visionen und Langzeitplanungen ganz anders darstellen.Sabine Segelken von der Hochschule der Künste mußte die Erfahrung machen, daß vom papierlosen Büro zwar sehr viel geredet wird, sich die Realität aber ganz anders darstellt.In der Folge hat sich auch das "lautlose oder stumme Büro" nicht durchgesetzt.Ganz im Gegenteil.Nie wurde im Büro mehr gesprochen als heute.Sabine Segelken weist auf die positiven Effekte dieser Kommunikationsebenen hin.Die Gespräche sind Teil der Einzelleistung und verstärken diese.Die Forderung an die Architekten lautet, genügend Flächen zur Verfügung zu stellen, wo diese Gespräche ungestört stattfinden können.Als eines der Hauptprobleme bei zunehmender Gesprächsbereitschaft wird die Lärmbelästigung für die nichtbeteiligten Kollegen genannt.Befragungen haben ergeben, daß mehr als die Hälfte der Beschäftigten die Telefonate anderer, ein Drittel die Unterhaltung vor Ort und ein Fünftel die Geräusche der Büromaschinen als störend empfinden. Kritisiert wird, daß die eigentlichen Nutzer der Räume viel zu wenig in die Planungen mit eingebunden sind.Auch der hohe Leerstand in Berlin ist eine der Antworten auf das schlechte Niveau der Bürowelt.Die Schuld geben die Autoren der mangelnden Risikobereitschaft der Investoren.Vermißt werden Phantasie und Mut zur Alternative.Als besonders negatives Beispiel für ein Verwaltungsgebäude wird die Zentrale der Deutschen Telekom in Kreuzberg genannt.Auch im Hause Debis seien nicht alle überzeugt von den neuen Büromaschinen am Potsdamer Platz.Vorbildcharakter genießt die Berliner Software-Firma Pixel Park.

Tsp

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