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Wirtschaft: In der Schuldenspirale

Trotz Sparmaßnahmen steigt der Berg der griechischen Verbindlichkeiten. Die EU stellt dem Land weitere Erleichterungen in Aussicht.

Athen - Wie schnell sich in der Euro-Schuldenkrise die Wahrnehmungen ändern können, zeigt der Fall Griechenland. Noch vor einem Jahr drohten dem führungslosen Land politisches Chaos und Staatsbankrott. Jetzt lobte der Internationale Währungsfonds (IWF) die „außerordentlichen Fortschritte“ der Athener Regierung bei der Haushaltskonsolidierung, die Ratingagentur Fitch stufte die Kreditwürdigkeit des Landes herauf, und die Risikozuschläge für griechische Staatsanleihen fielen auf den niedrigsten Stand seit Oktober 2010.

Schon frohlockt der griechische Premier Antonis Samaras, sein Land werde möglicherweise bereits im ersten Halbjahr 2014 an den Kapitalmarkt zurückkehren können. Doch das ist eine reichlich euphorische Erwartung, die von den meisten Analysten nicht geteilt wird. Denn die guten Nachrichten aus Athen können nicht darüber hinwegtäuschen: Das Schuldenproblem bleibt ungelöst. Trotz drakonischer Sparmaßnahmen, trotz Schuldenschnitt und Bond-Rückkauf, ist Griechenlands Schuldenberg in den vergangenen drei Jahren nicht kleiner sondern größer geworden. Er wuchs von 299,7 Milliarden Euro 2009 auf 316 Milliarden Ende 2012. Noch beunruhigender ist der Anstieg der Schuldenquote, die in Relation zur Wirtschaftsleistung berechnet wird. Sie erhöhte sich von 129 Prozent Ende 2009 auf inzwischen 174 Prozent. Griechenland muss diese Schuldenspirale zurückdrehen.

Dazu gibt es eine klare Zielvorgabe von den Euro-Finanzministern: Bis zum Jahr 2020 soll Griechenland seine Schuldenquote auf „substanziell weniger als 110 Prozent“ drücken. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, ist es jetzt vor allem wichtig, dass Griechenland an der Haushaltsdisziplin festhält und so die Neuverschuldung weiter zurückführt. Flankiert werden müssen die Ausgabenkürzungen durch mehr Entschlossenheit beim Kampf gegen die Steuerhinterziehung. Ein weiterer Schlüssel sind die bisher nur schleppend laufenden Privatisierungen.

Auch die Gläubiger können helfen. Die Euro-Finanzminister haben Griechenland bereits im November Maßnahmen zur Schuldenerleichterung in Aussicht gestellt, sobald das Land einen Primärüberschuss im Haushalt ausweist. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem bekräftigte am Donnerstag in einem Interview, dass dieser Beschluss gilt. Ob die Euro-Staaten als wichtigste Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten, ist offen. Wahrscheinlicher ist, dass sie Griechenland mit längeren Laufzeiten und niedrigeren Zinsen für die Kredite entgegenkommen. Eine große Erleichterung wäre es, wenn man die Rekapitalisierung der griechischen Banken nicht auf die Staatsschulden anrechnen würde. Eine solche Lösung hat die EU bereits Irland und Spanien in Aussicht gestellt. Voraussetzung dafür wäre aber eine Einigung auf die Bankenunion. Strittig ist, ob die Regelung rückwirkend anwendbar sein sollte. Für Griechenland ginge es immerhin um 50 Milliarden Euro, die bereits in den Bankensektor geflossen sind. Eine Nichtanrechnung dieser Gelder würde die Schuldenquote von aktuell 174 auf 146 Prozent drücken. Gerd Höhler

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