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Wirtschaft: In der Welt zu Hause

Deutsche Firmen haben im Ausland 670 Milliarden Euro investiert – vor allem in Europa und den USA

Wenn ein Österreicher in einen Supermarkt geht, ist die Chance groß, dass er bei einem Ableger eines deutschen Konzerns einkaufen geht. Die großen Ketten wie Billa, Zielpunkt oder Hofer sind fest in den Händen von Rewe, Tengelmann und Aldi. Wenn ein Amerikaner einen Mobilfunkvertrag abschließt, dann ist T-Mobile USA, eine Tochter der Deutschen Telekom, einer der bevorzugten Anbieter. Und wenn in Indien ein Auto vom Band läuft, dann steckt häufig Technik aus dem Hause Bosch darin. Der Zulieferer ist seit langem in Indien präsent.

Deutsche Unternehmen haben viel jenseits der Grenze investiert – in Fabriken, lokale Firmen und den Vertrieb. Insgesamt geht es um Beteiligungen von rund 670 Milliarden Euro, die direkt oder indirekt durch deutsche Unternehmen kontrolliert werden – eine Vervierfachung seit Anfang der 90er Jahre. Und es ist kein Wunder, schließlich ist kaum eines der großen Industrieländer so abhängig vom Außenhandel wie Deutschland. Die 30 Dax-Unternehmen zum Beispiel machen nach jüngsten Schätzungen fast drei Viertel ihres Umsatzes im Ausland. Sie gelten zwar als deutsche Unternehmen, weil sie hier ihren Hauptsitz haben, sind aber schon längst international. Doch um noch besser auf den Weltmärkten mitspielen zu können, muss man auch seine Präsenz dort noch weiter verstärken.

Jüngstes Beispiel ist der Sportartikelhersteller Adidas. Anfang August kündigte der Konzern an, den US-Konkurrenten Reebok zu übernehmen. Der Kaufpreis: 3,8 Milliarden Dollar (3,1 Milliarden Euro). Das verfolgte Ziel ist einfach. Seit Jahren schafft es Adidas nicht, dem weltgrößten Sportartikelhersteller Nike auf dessen Heimatmarkt USA wirklich Paroli zu bieten. Zusammen mit Reebok verbessert sich die Situation von Adidas deutlich. Den US-Markt im Auge hat auch der Dialysespezialist Fresenius Medical Care (FMC). Durch die Übernahme des US-Konzerns Renal Care für mehr als vier Milliarden Dollar will FMC seine Position auf dem größten Gesundheitsmarkt der Welt stärken.

Überhaupt sind die europäischen Nachbarn und die USA das bevorzugte Ziel von Investitionen. In die EU-Länder sind bisher mehr als 330 Milliarden Euro geflossen – davon allein nach Frankreich und Großbritannien rund 100 Milliarden Euro. Belgien, Niederlande und Luxemburg stehen zusammen für mehr als 100 Milliarden Euro. In den USA wurden mittlerweile direkte und indirekte Beteiligungen im Wert von rund 230 Milliarden Euro aufgebaut. Im Vergleich dazu stehen die Länder, die die meisten Schlagzeilen machen, schlecht da. China hat knapp acht Milliarden Euro aus Deutschland angezogen, Russland etwas mehr als zwei und Indien knapp zwei Milliarden.

Hinter ihren privaten Kollegen sind auch die Ex-Staatsbetriebe Deutsche Telekom und Deutsche Post nicht zurückgeblieben. Beide wandelten sich innerhalb eines Jahrzehnts von Unternehmen, die sich auf den deutschen Heimatmarkt konzentrierten, zu global agierenden Konzernen. Die Post wurde zu einem der größten Logistiker und Expressdienste weltweit, insbesondere durch die Übernahme der Schweizer Danzas und des US-Unternehmens DHL. Auch China steht auf der Agenda. Hier sind Investitionen von rund 170 Millionen Euro geplant – innerhalb von fünf Jahren. Spitzenreiter bei den Übernahmen ist allerdings die Telekom. Allein der Kauf des US-Mobilfunkers Voicestream – heute T-Mobile USA – kostete den Konzern etwa 50 Milliarden Dollar.

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