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Wirtschaft: In diesem Jahr kaum noch neue Jobs

Gerster erwartet Bewegung auf dem Arbeitsmarkt erst 2003/Arbeitgeber: Regierung hat Reformen verschlafen

Berlin (ce/Tsp). Für den Chef der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit (BA) ist noch keine Trendwende am Arbeitsmarkt in Sicht. Für dieses Jahr rechne er nicht mehr mit einem deutlichen Anstieg der Beschäftigung, sagte Florian Gerster am Donnerstag in Nürnberg. Im September und im Oktober werde die Zahl der Arbeitslosen zwar unter der Vier-Millionen-Marke liegen. Aber erst im kommenden Jahr werde sich die konjunkturelle Belebung deutlich auf die saisonbereinigten Zahlen auswirken. Auch die CDU/CSU sieht in den leicht gesunkenen Arbeitsmarktzahlen im August noch keine Anzeichen einer Wende. „Wir haben die seit vier Jahren höchste Arbeitslosigkeit in einem August“, sagte Kanzlerkandidat Edmund Stoiber am Donnerstag nach der Bekanntgabe der jüngsten Zahlen aus Nürnberg. CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz machte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) für die hohe Zahl der Arbeitslosen verantwortlich, die weiter über der Vier-Millionen-Marke liegt. Für SPD-Generalsekretär Franz Müntefering ist eine positive Entwicklung dagegen schon absehbar. „Die Tendenz ist eindeutig: Im September geht es klar unter die vier Millionen“, sagte Müntefering.

Im August war die Zahl der Arbeitslosen bundesweit um 28 700 auf 4,018 Millionen gesunken. Um jahreszeitliche Effekte bereinigt – für Arbeitsmarktexperten die aussagekräftigere Zahl – stieg die Erwerbslosigkeit allerdings um 2000 Personen. Auch im Vergleich zum Vorjahr waren knapp 230 000 Menschen mehr ohne einen Job, ein Anstieg um sechs Prozent. Die Arbeitslosenquote lag im Westen bei 7,8 Prozent (Vorjahr: 7,3), in den neuen Bundesländern fast doppelt so hoch mit 17,7 Prozent (Vorjahr: 17,1). Vertreter von Wirtschaftsverbänden forderten angesichts der Arbeitsmarktzahlen grundlegende Strukturreformen. Die Politik habe die notwendigen Reformen „verschlafen“, kritisierte Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt. Es sei eine Illusion, dass man allein mit einer konjunkturellen Erholung die Beschäftigungsprobleme in Deutschland lösen könne. Industrie-Präsident Michael Rogowski forderte im ZDF, der Arbeitsmarkt müsse „entfesselt“ werden. Die Sozialversicherungssysteme seien „hoffnungslos“ überteuert und zu wenig effizient. Das Handwerk rechnet mit einem Minus von „mindestens“ 200 000 Stellen in diesem Jahr.

Im Vergleich zum Juli ging der Anteil der Erwerbslosen im Osten leicht zurück. Dazu haben die Beschäftigungsmaßnahmen beigetragen, die zur Beseitigung von Hochwasserschäden in den Regionen an Elbe und Mulde bewilligt wurden. Vor allem in Sachsen ist die Kurzarbeit stark ausgeweitet worden. Die Zahl der Kurzarbeiter stieg in dem Bundesland, das vom Hochwasser am stärksten betroffen ist, um mehr als 80 Prozent auf 17 700 Personen. Im September werde diese Zahl noch „beträchtlich“ steigen, vermutet die Bundesanstalt, darauf deuteten die „außergewöhnlich“ vielen Anträge auf Kurzarbeitergeld hin. Dies werde helfen, die Arbeitslosigkeit in Grenzen zu halten, heißt es im aktuellen Bericht zum Arbeitsmarkt. Die Bundesregierung hatte 50 Millionen Euro an Soforthilfe bereit gestellt, um damit Kurzarbeit in den Flutgebieten zu unterstützen.

Besorgt zeigte sich BA-Chef Gerster über die Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt, die in diesem Jahr „angespannter als vor einem Jahr“ sei. Ende August waren zwar 59 400 Lehrstellen noch unbesetzt, aber auch 137 200 Bewerber noch auf der Suche. Das ergibt eine rechnerische Lücke von 77 800 Ausbildungsplätzen, die sich mit Beginn des Ausbildungsjahres wahrscheinlich nicht mehr komplett schließen lasse, befürchtet die Bundesanstalt. Von Oktober 2001 bis zum jetzigen Zeitpunkt wurden insgesamt 520 600 Lehrstellen gemeldet, acht Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

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