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Gute Reise! Die Amerikaner haben die Kontrollen nach den Anschlägen von New York drastisch verschärft, jetzt testen sie Erleichterungen.

© picture alliance / dpa

In fünf Minuten durch die Sicherheitskontrolle: Geprüfte Fluggäste müssen nicht anstehen

Einmal zahlen, nie mehr anstehen: Flughäfen wollen Passagiere, die sich einmal im Jahr von Grund auf überprüfen lassen, schneller durchwinken. "Trusted Traveller" heißt das Vorbild aus den USA.

Das Ziel sind zehn Minuten. Länger sollte kein Passagier an einer Sicherheitskontrolle anstehen, meint Stefan Schulte, Chef des Flughafenbetreibers Fraport. Er räumte aber unlängst ein, dass dies zu Stoßzeiten am größten deutschen Drehkreuz Frankfurt am Main nicht immer gewährleistet werden könne. Nicht nur in Frankfurt. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 haben Flughäfen und Airlines diverse Sicherheitsvorkehrungen eingeführt. Heute müssen viele Passagiere vor dem Check-in die Schuhe ausziehen, Gürtel ablegen, Laptop öffnen und größere Getränkeflaschen entsorgen. Die Sicherheitsbehörden sehen sich bestätigt, da sich ein vergleichbarer Anschlag seither nicht wiederholt hat. Die Flughäfen suchen derweil nach Wegen, ihren Gästen die lästigen Prozeduren zu ersparen.

Das Vorbild der deutschen Luftverkehrswirtschaft sind ausgerechnet die USA. Die dortigen Sicherheitsbehörden sind nicht eben bekannt für einen laxen Umgang mit Einreisewilligen. Zugleich geht das dortige Heimatschutzministerium einen zweiten Weg: Es bietet an, die Kontrolle schon lange vor Reiseantritt durchzuführen. Das Verfahren soll vor allem Vielfliegern eine beschleunigte Abfertigung ermöglichen. So hat das Zoll- und Grenzschutzamt der USA bereits rund 290 000 „vertrauenswürdige Reisende“ in eines ihrer „Trusted Traveller“-Programme aufgenommen.

Trusted Traveller brauchen meist weniger als fünf Minuten durch die Sicherheitsschleuse

Dabei können sich Antragsteller, in der Regel nur US-Bürger, vorab registrieren und gegen eine Gebühr von rund 100 Dollar im Jahr einem Sicherheitscheck unterziehen lassen. Werden sie anschließend als ungefährlich eingestuft, können sie sich an 25 internationalen Verkehrsflughäfen der USA in speziellen Schnellschlangen anstellen. Das Ministerium wirbt damit, dass „Trusted Traveller“ gegenüber normalen Reisenden im Schnitt 70 Prozent Zeit sparen. 75 Prozent der Teilnehmer seien in weniger als fünf Minuten durch die Sicherheitsschleuse.

„Von einem Trusted-Traveller-Programm nach dem Vorbild der USA würden alle profitieren, vor allem die Fluggäste“, sagt Klaus-Peter Siegloch, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). „Damit werden die Schlangen vor allem morgens und abends für alle kürzer – ohne Einbußen für die Sicherheit!“ Er sieht, wie die USA, Vielflieger als primäre Zielgruppe. Aber jeder solle mitmachen dürfen, fordert Siegloch. „Der Gesetzgeber ermöglicht das heute schon für Bundestagsabgeordnete. Warum soll diese Regelung nicht für alle gelten können?“

Die EU-Staaten sehen das Trusted-Traveller-Programm kritisch

Womöglich weil Vorabsicherheitschecks den Innenministern zu unsicher, zu teuer und zu kompliziert sind. „Trusted-Traveller-Programme werden von den meisten EU-Mitgliedstaaten sehr kritisch gesehen“, bedauert man beim Flughafenverband ADV. Dort ist man aber froh, dass die Sicherheitsbehörden zumindest bereit sind, auf konventionellem Wege an der Beschleunigung der Abfertigung zu arbeiten: Der schnelleren Kontrolle vor Ort – durch neue Sicherheitstechnologien. Dieser Weg der Aufrüstung ist freilich mit Kosten für die Flughäfen verbunden, die letztlich auf Flughafengebühren an die Fluggesellschaften und von denen über Ticketpreise an die Passagiere abgewälzt werden.

Seit Februar führt die Bundespolizei an den vier größten Flughäfen, München, Frankfurt, Düsseldorf und Hamburg, automatisierte Grenzkontrollspuren ein. Das System heißt „EasyPASS“. Dort sind Kontrollspuren aufgestellt, die vorerst freiwillig genutzt werden dürfen. Dort legt der Reisende sein elektronisches Reisedokument mit biometrischem Foto zur Echtheitsprüfung auf ein Dokumentenlesegerät am Eingang der Schleuse. Bei diesem Prozessschritt würden die personenbezogenen Daten aus der maschinenlesbaren Zeile und dem RFID-Chip des Reisedokuments ausgelesen, teilt die Bundespolizei mit. Dann öffnet sich die Schleuse. Anschließend muss der Reisende in eine Kamera blicken, damit ein Computer das Gesichtsbild mit dem im Chip gespeicherten Bild vergleichen kann. Gleichzeitig werden die aus dem Reisedokument gelesenen Daten für eine Fahndungsabfrage genutzt. „Ist die Identitätsfeststellung erfolgreich und liegen keine polizeilich relevanten Erkenntnisse vor, zum Beispiel dazu, ob das Dokument zuvor als gestohlen gemeldet wurde, öffnet sich der Ausgang der Schleuse und die Grenzkontrolle ist beendet“, wirbt die Bundespolizei für dieses Prozedere.

Nacktscanner sollen an deutschen Flughäfen öfter zum Einsatz kommen

Im Zuge der Aufrüstung soll nun auch ein Gerät, das als „Nacktscanner“ in der Öffentlichkeit bekannt wurde, an immer mehr deutschen Flughäfen zum Einsatz kommen. Dabei stellt sich ein Passagier in eine Kabine, wird rundum bestrahlt, damit die Maschine Waffen, auch nicht metallische, erkennen kann. Bei einigen der seit Jahren getesteten Modelle können Kontrolleure auch die Körperkonturen der Passagiere erkennen. Daher die Aufregung. Flughäfen und Innenministerium vermeiden nun das Wort „Nacktscanner“. Die Geräte würden bereits seit November 2012 an mehreren deutschen Flughäfen eingesetzt, erklärt Pamela Müller-Niese, Sprecherin des Bundesinnenministeriums. „Ein Aufwuchs der Gerätezahlen ist geplant. Die Körperscanner genießen bei den Passagieren eine hohe Akzeptanz.“

Beim Flughafenverband ADV begrüßt man „die behutsame Vorgehensweise“ von Innenministerium und Bundespolizei bei der Einführung dieser „Sicherheitsscanner“. Erst nach aufwendigen Labor- und Feldtests und den daraus gesammelten Erkenntnissen in Bezug auf den Sicherheitsprozess kämen die Geräte nun verstärkt zum Einsatz. „Sie bringen einen deutlichen Sicherheitsgewinn und sind inzwischen technisch so weit entwickelt, dass sie so gut wie keine negativen Auswirkungen auf den Sicherheitskontrollprozess insgesamt mehr haben“, sagt ADV-Sprecherin Heike van Hoorn.

Es dürfte noch Jahre dauern, bis Flughäfen und Polizei den Passagieren vertrauen dürften, dass sie keine Terroristen sind. In Europa müssen Passagiere – anders als in den USA – den Kontrolleuren nun vertrauen, dass sie ihnen nicht unter die Wäsche gucken.

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