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Wirtschaft: In Hongkong herrschen eigene Börsen-Gesetze

Ein gegrilltes Schwein sollte die Götter gütig stimmen HONGKONG (sz/HB).Der schwarze Montag 1987 in Hongkong brachte eine einfache aber wichtige Lektion für Börsianer: In Krisen nur nicht die Nerven verlieren.

Ein gegrilltes Schwein sollte die Götter gütig stimmen

HONGKONG (sz/HB).Der schwarze Montag 1987 in Hongkong brachte eine einfache aber wichtige Lektion für Börsianer: In Krisen nur nicht die Nerven verlieren.In der Politik wie an der Börse gilt es: Durchhalten und Probleme aussitzen.Im Oktober 1987 war der Hang-Seng-Index der Hongkonger Börse zwar um ein Drittel abgesackt und notierte unter 2000 Punkten.Aber inzwischen ist er wieder über 16 000 geklettert und steht jetzt bei 14 000.Wer langfristig disponierte und sich in den Tagen nach dem schwarzen Montag mit Hongkonger Blue chips eindeckte, hat ausgesorgt.Das verlangte freilich nach dem 19.Oktober 1987 Mut.Denn die Hongkonger Börsenaufsicht hatte nach dem Crash den Kopf verloren.Der Börsenpräsident hatte in der Hektik des Tages selber die Nerven und sein Gesicht verloren und einfach die Schließung der Börse für vier Tage verordnet. Die Anleger konnten keine Geschäfte mehr abwickeln.In der Innenstadt von Hongkong hatten sich riesige Menschentrauben vor den in den Schaufenstern der Banken aufgestellten Video-Bildschirmen versammelt.Manche Anleger weinten fassungslos.Zum Schluß der Börsensitzung in der Hongkonger Stock Exchange nach der viertägigen Zwangspause und Kursverlusten einiger Aktien von über 50 Prozent brachten Händler ein gegrilltes Schwein in den Börsensaal, um die Götter zu beruhigen und sie gütig zu stimmen. Die größten Einsätze wurden am Terminmarkt verloren.Einige Spekulanten auf dem Futures-Markt mußten mehrere hundert Millionen US-Dollar abschreiben: Darunter der Immobilien-Tycoon Robert Ng von Sinoland.Robert Ng machte einen Deal mit den Hongkonger Behörden und zahlte seine Verluste mit einem Abschlag zurück.Heute schwimmt er wieder ganz oben.Der damalige Börsenpräsident Ronald Li wanderte später wegen Korruption ins Gefängnis. Die alten Hongkong-chinesischen Familien, die noch vor zehn Jahren das Börsengeschehen dominierten, haben heute nicht mehr viel zu sagen.Insider-Geschäfte sind inzwischen verboten.Heute bestimmen zunehmend die Fondsmanager der großen amerikanischen Investmenthäuser das Geschehen an der Börse.Die Kursentwicklung hängt zwangsläufig wegen der Verknüpfung der Hongkonger Währung mit dem US-Dollar stark von Wall Street und von der amerikanischen Wirtschafts- und Zinsentwicklung ab.Auch sind neue Marktteilnehmer an der Börse Hongkongs aufgetaucht: Firmen mit Einfluß aus der Volksrepublik China.Die Neuemissionen und der Kurs-Verlauf der sogenannten Red chips sowie geplante Übernahmen von Hongkonger Firmen durch Festlandchinesen, von denen Insider frühzeitig Wind bekommen, haben das Geschehen am Hongkonger Aktienmarkt in letzter Zeit stark beeinflußt.Wie geht es weiter? Der Chief Executive, der Finanzminister und der Chef der Geldbehörde haben versichert, Hongkongs Währung bleibe mit dem US-Dollar verkettet.Diese Verknüpfung, obwohl politisch stabilitätsfördernd, ist wirtschaftlicher Unsinn: Der Hongkong-Dollar ist zu teuer.Dies sieht man an den Immobilien-, Hotel- und Restaurant-Preisen.Die Währung ist überbewertet ­ besonders nach der Abwertung der Nachbarwährungen.Eine Folge: Reisende bleiben aus.Das merken nicht nur die Hotels und Airlines, sondern auch die Geschäfte: Der Einzelhandel und damit die Seele Hongkongs ist betroffen.Die Immobilienpreise, auch die Ladenmieten, sind ein schlechter Witz.Die Folge: Eine auch die Börse treffende Korrektur und Talfahrt erscheint sehr wahrscheinlich.

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