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Wirtschaft: In Seattle formiert sich der Widerstand

Gewerkschafter, Umwelt- und Entwicklungshilfegruppen demonstrieren gegen die Welthandelskonferenzcr/jh Wenige Stunden vor Beginn der Welthandelskonferenz in Seattle (USA) haben die Proteste gegen die Welthandelsorganisation (WTO) am Dienstag einen ersten Höhepunkt erreicht. Der Dachverband der amerikanischen Gewerkschaften AFL/CIO hatte zehntausende Mitglieder zu einer ganztägigen Protestkundgebung nach Seattle gebracht.

Gewerkschafter, Umwelt- und Entwicklungshilfegruppen demonstrieren gegen die Welthandelskonferenzcr/jh

Wenige Stunden vor Beginn der Welthandelskonferenz in Seattle (USA) haben die Proteste gegen die Welthandelsorganisation (WTO) am Dienstag einen ersten Höhepunkt erreicht. Der Dachverband der amerikanischen Gewerkschaften AFL/CIO hatte zehntausende Mitglieder zu einer ganztägigen Protestkundgebung nach Seattle gebracht. Arbeiter in der Wirtschaftsmetropole waren aufgefordert, die Arbeit niederzulegen. Umwelt- und Entwicklungshilfegruppen kündigten weitere lautstarke Störaktionen an. Sie protestieren gegen die Absicht der WTO, den Welthandel weiter zu liberalisieren.

Die Gewerkschafter fordern die Durchsetzung internationaler Mindeststandards für den Arbeitnehmerschutz. Sie befürchten die Verlegung weiterer Arbeitsplätze in Billiglohnländer. Das Thema gehört zu den umstrittensten der Handelsministerkonferenz.

Entwicklungsländer wehren sich vehement gegen Bestrebungen, Handelsvereinbarungen an derartige Bedingungen zu knüpfen. Sie sehen darin einen versteckten Protektionismus der reichen Länder. Besonders die USA, aber auch die EU fordern zumindest Gespräche über Sozialstandards. Wirtschaftsminister Werner Müller sagte am Montag in Seattle, bei allen "Vorsorgethemen" wie Sozial- oder Umweltstandards bestünden weiterhin erhebliche Differenzen.

UN-Generalsekretär Kofi Annan wollte die Teilnehmer der Konferenz beim Auftakt am Dienstag daran erinnern, die Bedürfnisse der Entwicklungsländer nicht zu vernachlässigen. Sie brauchten für ihre Produkte vor allem besseren Zugang zu den Märkten der reichen Länder. Die Handelsminister der 135 WTO-Mitgliedsländer sind zu der viertägigen Konferenz zusammengekommen, um die Marschroute für den Abbau weiterer Handelsschranken abzustecken. Die Verhandlungen sollen in drei Jahren abgeschlossen werden.

Neben der Senkung von Industriezöllen und einer weiteren Liberalisierung im Dienstleistungssektor soll auch der Weltmarkt für Agrarprodukte weiter geöffnet werden. Die EU-Agrarpolitik mit ihren hochsubventionierten Landwirtschaftsprodukten geriet schon vor Konferenzbeginn unter neuen Druck. 18 Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer bekräftigten in Seattle ihre Forderung nach "vollständiger Streichung aller Exportsubventionen und anderer Handel und Produktion verzerrender Förderungen". Diese Ansicht werde von den USA weitgehend geteilt, sagte der australische Handelsminister Mark Vaile, Sprecher der so genannten Cairns-Länder. Zu dieser Gruppe von Agrarexporteuren gehören Kanada, Brasilien und Südafrika. Die Cairns-Länder haben einen Anteil von 35 Prozent am weltweiten Handel mit Landwirtschaftsprodukten.

Die EU will sich nur auf eine langsame Verringerung der Agrarhilfen einlassen. Sie führt ins Feld, dass Agrarprodukte nicht wie andere Ware behandelt werden können. Die Landwirtschaft erfülle vielfältige Aufgaben wie Landschaftsschutz und Kulturpflege.

Auf einem Symposium mit Umwelt-, Verbraucherschutz- und Entwicklungshilfegruppen warnte WTO-Chef Mike Moore am Montag davor, die WTO zu dämonisieren. "Die WTO ist nicht Agent der Interessen der multinationalen Konzerne, sie ist kein Weltpolizist." Ohne ein multilaterales Handelssystem würden konkurrierende Handelsblöcke die Welt in Konflikte und Unsicherheit stürzen.

US-Präsident Bill Clinton hat am Dienstag Verständnis für die Ziele der Demonstranten geäußert, die in Seattle massiv gegen die Welthandelsorganisation (WTO) protestieren. Clinton sagte in Washington vor seiner Abreise zur Welthandelskonferenz, dass seiner Ansicht nach die Interessen der Arbeitnehmer und des Umweltschutzes besser berücksichtigt werden müssten.

cr, jh

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