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Wirtschaft: Industrie und Bauern nach Spar-Übernahme in Alarmstimmung

Lebensmittellieferanten fürchten neue Marktmacht von Edeka – Verbraucherschützer warnen vor Rabattschlachten

Berlin - Nach der Übernahme des Einzelhändlers Spar durch Edeka befürchten Verbraucherschützer, Hersteller und Bauern neue Preiskämpfe im Handel. „Es ist zu erwarten, dass es künftig noch aggressivere Rabattschlachten geben wird“, sagte Christian Fronczak von der Verbraucherzentrale Bundesverband. „Wir brauchen aber keinen Wettbewerb um Preise, sondern um Qualität und Service.“ Auch die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) geht davon aus, dass mit der wachsenden Marktmacht von Edeka der Druck auf die Hersteller steigen wird. „Der Zwang, noch billiger zu produzieren, könnte bei den Herstellern dazu führen, dass sie stärker ins kostengünstige Ausland abwandern“, sagte GfK-Handelsexperte Wolfgang Twardawa dem Tagesspiegel.

Der größte deutsche Lebensmittelhändler Edeka hatte am Donnerstag die Übernahme des kleineren Konkurrenten Spar bekannt gegeben. Zu Spar gehören auch der Discounter Netto Süd sowie ein 25-prozentiger Anteil an Netto Nord. Was Hersteller und Lieferanten aber am meisten beunruhigt, ist die Tatsache, dass Edeka mit der Übernahme von Spar auch Zugang zu einer Einkaufsgenossenschaft mit der früheren Spar-Muttergesellschaft Intermarché (ITM Entreprises) erhält. Wenn wie geplant auch noch die spanische Eroski-Gruppe dazukommt, entsteht die größte europäische Einkaufsgenossenschaft mit einem Gesamtumsatz von 75 Milliarden Euro.

Die Angst, Edeka könne diese geballte Einkaufsmacht nutzen, um die Preise der Industrie zu drücken, hatte Edeka-Chef Alfons Frenk nach Verkündung der Übernahme selbst geschürt. „Wir werden uns das bezahlen lassen“, sagte der Manager.

Das könnte vor allem Hersteller teurer Markenartikel wie Unilever und Nestlé zu spüren bekommen. „Wir befürchten, dass da negative Wertschöpfung betrieben wird“, schimpfte Horst Prießnitz, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Markenverbandes, der die großen Hersteller vertritt. Der Druck des Handels werde bei der Industrie zur Folge haben, dass der Druck zu Rationalisierungen steige, sagte Prießnitz. Auch die Bauern sorgen sich, dass sie für ihre Produkte künftig weniger Geld bekommen. „Der Druck auf die Preise wird durch die Übernahme zunehmen“, sagte Michael Lohse, Sprecher des Deutschen Bauernverbandes. Das werde zu weiteren Fusionen bei Molkereien und Schlachthöfen führen.

Das Bundesverbraucherministerium appellierte unterdessen an den Handel, Lebensmittel nicht wie Ramschware zu behandeln. „Wer die Arbeitsplätze von Bauern und anderen Lieferanten erhalten will, darf beim Preisdumping nicht mitmachen“, sagte eine Sprecherin.

Die Übernahme muss noch vom Kartellamt genehmigt werden. Eine Sprecherin der Behörde sagte am Freitag, Edeka habe den Antrag noch nicht eingereicht. Es sei daher zu früh, sich zu den Erfolgsaussichten zu äußern. Nach Eingang des Antrags hat das Kartellamt vier Monate Zeit für die Prüfung.

Meinungsseite

Maren Peters

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