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Wirtschaft: Infineon muss für Preiskartell büßen

Chipproduzent zahlt 160 Millionen Dollar Strafe / Geprellte PC-Hersteller fordern weitere Entschädigung

München Nach der Einigung im Kartellrechtsstreit mit US-Wettbewerbsbehörden wegen illegaler Preisabsprachen muss sich Infineon auf zusätzliche Strafzahlungen gefasst machen. Branchenexperten erwarten, dass der Chiphersteller wegen weiterer Verfahren noch einmal Rückstellungen in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe bilden muss. Der Konzern zeigte sich dagegen erleichtert, eine Einigung in dem seit mehr als zwei Jahre andauernden Rechtsstreit erzielt zu haben. Die Infineon-Aktie reagierte zunächst mit einem leichten Abschlag, konnte sich dann aber wieder erholen.

„Es ist gut, dass dieses Thema nun abgeschlossen ist“, sagte ein Konzernsprecher dem Tagesspiegel. Infineon hatte sich mit den US-Kartellbehörden auf die Zahlung einer Geldstrafe von 130 Millionen Euro geeinigt. Infineon will das Bußgeld bis zum Jahr 2009 in mehreren Raten bezahlen. Der Münchner Konzern räumte ein, im Geschäft mit Speicherchips (DRAMs) von Mitte 1999 bis Mitte 2002 das US-Kartellrecht bei der Preisbildung verletzt zu haben. Es ist die dritthöchste Geldstrafe, die jemals in einem Justizverfahren gegen das US-Kartellrecht verhängt wurde. „Wir haben die Verantwortung für das Fehlverhalten von einigen Mitarbeitern übernommen“, sagte der Konzernsprecher.

Die US-Kartellbehörde hatte Infineon vorgeworfen, sich bei Preisen für Speicherbausteine mit anderen großen Anbietern geheim abgesprochen und die Produktpreise über einen Zeitraum von drei Jahren immer wieder künstlich in die Höhe getrieben zu haben. An den Absprachen sollen auch die Hersteller Micron, Samsung und Hynix beteiligt gewesen sein, gegen die die US-Justiz ebenfalls seit Monaten ermittelt. Zusammen beherrschen die vier Unternehmen mehr als drei Viertel des gesamten Speicherchip-Marktes und sind so in der Lage, ihre Kunden mit Preiskartellen unter Druck zu setzen.

Die US-Justiz war auf die Fälle aufmerksam geworden, nachdem die Preise für Speicherchips immer wieder um mehrere Dollar angezogen hatten, obwohl es keine entsprechende Nachfrage am Markt gab. Nach Angaben der US-Behörden hätten die Computerhersteller die Preise für ihre Produkte anheben müssen oder Speicherchips mit geringerer Leistungsfähigkeit eingebaut. Die Speicher werden unter anderem in Computern, Handys, Digitalkameras und Fernsehern verwendet.

Auf Infineon kommen nun Schadenersatzzahlungen zu. Ansprüche melden die Computer-Hersteller Compaq, Dell, Apple, Hewlett Packard, IBM und Gateway an, die von den überhöhten Preisen betroffen waren. Ein Infineon-Sprecher sagte, der Konzern habe sich bereits mit den meisten PC-Hersteller geeinigt, entweder auf Barzahlungen oder Rabatte für das laufende Geschäft. Die Höhe der Belastungen wollte der Konzernsprecher noch nicht beziffern. Er sagte jedoch, diese dürften bereits in den Rückstellungen für den Kartellrechtsstreit enthalten sein. Infineon hatte die Rückstellungen im dritten Quartal seines Geschäftsjahres um 184 Millionen auf 212 Millionen Euro erhöht und war damit im Quartal überraschend ins Minus gerutscht.

Analysten fürchten, dass die illegalen Preisabsprachen noch für weitere finanzielle Konsequenzen sorgen werden. Zum einen laufen gegen Infineon noch 25 zivilrechtliche Sammelklagen. Zum anderen prüft auch die EU-Kommission den Fall und wird noch eine Strafe verhängen. Theo Kitz vom Bankhaus Merck Finck schließt nicht aus, dass Infineon noch 100 Millionen Euro dafür zurückstellen muss. Er wies darauf hin, dass in dem ähnlich gelagerten Fall des Stahlindustrie-Lieferanten SGL Carbon die zivilrechtlichen Klagen die Gerichtsstrafen finanziell weit überstiegen haben. Analyst Günther Hollfelder von der HVB geht von einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag aus.

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