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Wirtschaft: Infineon zieht es ins Ausland

Drei Standorte für neue Konzernzentrale stehen zur Auswahl – Vorentscheidung im Aufsichtsrat

München (cbu/HB). Ein Umzug des Chipkonzerns Infineon ins Ausland gewinnt an Kontur. Am heutigen Montag soll sich der Aufsichtsrat erstmals mit den Plänen konkret befassen. Es stünden drei Standorte, nämlich Singapur, die USA und die Schweiz, zur Diskussion, sagte ein InfineonSprecher dem Handelsblatt. Es sei allerdings nicht mit einer endgültigen Entscheidung zu rechnen, hieß es. „Alle Optionen sind offen“, sagte der Sprecher. Es wird aber erwartet, dass der Aufsichtsrat eine Empfehlung geben wird, welcher der drei Alternativstandorte weiter verfolgt werden soll. Aus Unternehmenskreisen hieß es dazu, es werde voraussichtlich auf die Schweiz hinauslaufen. Eine endgültige Entscheidung über einen Umzug will Konzernchef Ulrich Schumacher im dritten Quartal dieses Jahres fällen.

Sollte Infineon Ernst machen mit einem Umzug ins Ausland, riskiert Schumacher seinen Platz unter den 30 Unternehmen im Deutschen Aktienindex Dax. Ein Hauptsitz in Deutschland ist Voraussetzung für die Mitgliedschaft.

Schumacher prüft bereits seit Monaten eine Abwanderung ins Ausland. Als Grund nennt er unter anderem mit hohen Unternehmensteuern in Deutschland. Die wichtigsten Konkurrenten von Infineon sitzen vor allem in den USA und Asien und zahlen nach Angaben des Chipherstellers teilweise nur halb so hohe Steuern wie die Münchner. Infineon schiebt allerdings Verlustvorträge in Milliardenhöhe vor sich her, die steuerlich geltend gemacht werden könnten. Erst am vergangenen Dienstag hatte der Konzernchef bei der Präsentation der Quartalszahlen betont, der Sparkurs solle weiter verschärft werden. Infineon hatte zuvor den achten Quartalsverlust in Folge bekannt gegeben. Am morgigen Dienstag will sich Schumacher zu weiteren Details auf einer Pressekonferenz in München äußern.

Für Siemens, der ehemaligen Infineon-Mutter, sei eine Verlagerung der Zentrale kein Thema, betonte ein Siemens-Sprecher in München. Der Konzern hält noch 39 Prozent an Infineon und ist damit der wichtigste Großaktionär des Chipherstellers. Ohne die Zustimmung von Siemens wäre ein Umzug der Infineonzentrale nur schwer möglich. „Wir haben da ein gewichtiges Wort mitzureden“, heißt es in Siemens-Kreisen. Das Vorgehen Schumachers wird in der Siemens-Zentrale kritisch beäugt. Der Elektrokonzern muss die Infineon-Verluste derzeit anteilig konsolidieren. Infineon hatte im Geschäftsjahr 2002 trotz Sparanstrengungen einen Rekordverlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 1,14 Milliarden Euro verbucht.

Ein Umzug von Infineon würde die zentralen Konzernfunktionen und etwa 150 bis 200 Mitarbeiter betreffen. Derzeit lässt der Konzern am Rande Münchens jedoch eine neue Hauptverwaltung bauen. Was mit diesen Plänen passiert, ist offen. Die Buchführung hat der Konzern bereits nach Portugal ausgelagert. In Dresden unterhält Infineon derzeit ein großes Chipwerk, das aber nicht zur Disposition steht. Der Konzern, sechstgrößter Chiphersteller der Welt, ist weltweit aktiv mit Produktionsstätten unter anderem in Österreich, den USA und mit Gemeinschaftsunternehmen in Asien.

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