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Wirtschaft: Insiderhandel: Nicht nur Bin Laden. Alle technisch orientierten Anleger spekulierten nach unten

Die Vermutung, Bin Ladens Leute hätten im Vorfeld des Anschlags gezielt auf fallende Kurse spekuliert, ist zwar plausibel und wahrscheinlich. Aber eines der stärksten Argumente, die bislang genannt wurden, führt in die Irre.

Von Andreas Oswald

Die Vermutung, Bin Ladens Leute hätten im Vorfeld des Anschlags gezielt auf fallende Kurse spekuliert, ist zwar plausibel und wahrscheinlich. Aber eines der stärksten Argumente, die bislang genannt wurden, führt in die Irre. Es lautet: Da nachweislich Anleger auf fallende Kurse gesetzt haben, muss es sich um Bin-Laden-Leute handeln, weil nur sie von dem bevorstehenden Anschlag wussten.

Dieses Argument hält einer Überprüfung nicht stand. Auch wer nicht von den bevorstehenden Anschlägen wusste, hatte guten Grund, in den Tagen davor auf fallende Kurse zu spekulieren. Und viele haben das getan. Nahezu alle technisch orientierten Anleger gingen in diesen Tagen nachweislich davon aus, dass die Kurse fallen. Wer sich die Analysen und Empfehlungen von Finanzexperten ansieht, die ihre Methoden nach den Grundsätzen der technischen Chartanalyse ausrichten, stellt fest, dass diese Experten in den Tagen vor dem Anschlag einhellig weitere Kursverluste prognostizierten. Nahezu alle Banken und Investmenthäuser haben Finanzeperten, die die Wertpapiermärkte mit Hilfe "technischer Analysemethoden" beobachten. Viele Finanzexperten veröffentlichen ihre tägliche technische Chartanalyse im Internet. Ein Beispiel ist der Text und die Grafik von Holger Galuschke von der SEB-Bank wenige Stunden vor dem Anschlag. Galuschke zeigt sich befriedigt, dass die Kurse im Dow Jones sich nach unten entwickelt haben, wie er es tatsächlich eine Woche zuvor beschrieben hatte. Er prognostizierte weiter fallende Notierungen. In seiner Grafik ist zu sehen, dass sich die Kurse innerhalb des von ihm gezeichneten Trendkanals (rote Linien) nach unten bewegt haben. Jeder Strich zeigt die Kursspanne eines Tages. Er prognostizierte, dass es innerhalb des Trendkanals weiter nach unten gehen werde. Darin war er sich mit allen anderen "Technikern" einig. Wer vor dem Anschlag spekulativer agierte, wählte nicht einen Index wie den Dow Jones, sondern Aktien, die besonders labil reagieren. Da boten sich die Luftfahrtgesellschaften geradezu an. Ein Hinweis auf die Treffsicherheit der "Techniker" ist der seitliche Ausbruch der Kurse aus dem Trendkanal (zwischen zwei schwarzen Linien). Das war, als die Fed die Zinsen senkte. Doch fielen die Kurse nach wenigen Tagen wieder in den Trendkanal, den die "Techniker" schon lange vorgezeichnet hatten.

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