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Der Unternehmer mit gesenktem Blick

© dpa

Insolvenz der Ölförderfirma OGX: Brasiliens Hoffnungsträger ist am Ende

Ein Imperium zerfällt: Die Pleite der brasilianischen Ölfirma OGX ist ein Drama für den Milliardär Eike Batista. Und ein herber Rückschlag für die aufstrebende Wirtschaftsmacht.

Es ist die größte Firmenpleite Lateinamerikas. Die Ölförderfirma OGX, die lange als wertvollstes Stück im Firmenimperium des brasilianischen Unternehmers Eike Batista galt, hat Insolvenz angemeldet. OGX sitzt auf Schulden von umgerechnet 3,9 Milliarden Euro und hat nun – nachdem erste Gespräche zwischen Batista und seinen Gläubigern in New York und Rio de Janeiro gescheitert sind – sechs Monate Zeit, um einen Ausweg aus der Krise zu finden. Die Aktien der OGX haben unterdessen fast ihren gesamten Wert verloren und tendieren gegen Null. Sie kostete zuletzt fünf Cent. Batista, der einst der vermögendste Brasilianer war und auf der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt den siebten Platz einnahm, gilt nun als Blender und Hochstapler. Den größten Teil seines Privatvermögens von einst 23 Milliarden Euro hat er eingebüßt.

Batista hatte die OGX 2007 gegründet. Kurz darauf gewann sie die Ausschreibung für die Ausbeutung von 21 Ölfeldern vor der Atlantikküste Brasiliens, darunter das Ölfeld Tubarão Azul – Blauer Hai. Der Börsengang der OGX im folgenden Jahr erbrachte rund vier Milliarden Euro, 2010 hatte die Firma einen Wert von 25 Milliarden Euro. Batista verstand es stets geschickt, die Anleger von seinen Unternehmungen zu überzeugen und genoss das Vertrauen der Banken, die ihm offenbar ungeprüft Geld liehen. Brasiliens Entwicklungsbank BNDES investierte seit 2005 umgerechnet mehr als drei Milliarden Euro in Batistas Firmenholding. Zu Batistas Gläubigern zählen auch die Banken Morgan Stanley, Santander und Itaú BBA.

Die Blase platzte im vergangenen Jahr, als bekannt wurde, dass Batista die Ölvorkommen seiner Ölfelder maßlos übertrieben hatte und die OGX gar nicht das logistische Knowhow zur Förderung von großen Mengen Öl und Gas aus der Tiefsee besitzt. Im Juni 2012 musste die OGX ihre Fördererwartungen für das Tubarão Azul Ölfeld auf 5000 Barrel pro Tag reduzieren. Den Anlegern waren zuvor 15 000 Barrel versprochen worden. Die Aktien der OGX stürzten daraufhin um 40 Prozent ab, und Batista verkündete die baldige Schließung der Ölfelder. Schlimmer aber noch für ihn: Er war sein größtes Pfund los, die Glaubwürdigkeit.

Es bleibt abzuwarten, ob die OGX Batistas gesamte Firmengruppe EBX mit in den Abgrund reißt. Sie hat insgesamt 20 000 Angestellte und besteht aus Unternehmen, die unter anderem in den Bereichen Bergbau, Logistik, Energie und Offshore-Technologie tätig sind. Ihre Namen enden stets auf den Buchstaben X. Er stand für den Glauben Batistas, dass sich alles, was er anfasse, multipliziere. Batista behauptete gerne, dass er „hundert Jahre voraus“ denke und dass die Welt kühnen Typen wie ihm gehöre. Politiker ließen sich gerne mit ihm sehen, Brasiliens Präsidenten Dilma Rousseff sagte noch letztes Jahr: „Eike ist unser Vorbild, unsere Hoffnung und der Stolz Brasiliens, wenn es um Entrepreneurs geht.“ Für viele Beobachter symbolisierte der Erfolg Batistas den Aufstieg Brasiliens zur sechstgrößten Wirtschaftsnation der Welt. Nun steht sein tiefer Fall auch für einen realistischeren Blick auf das Land und seine vielen Defizite in Bildung, Gesundheit, Infrastruktur und die Abhängigkeit vom Rohstoffexport. Brasilien wie Batista wurden zu lange überbewertet. Die Fehleinschätzung des Unternehmers und seiner Firmengruppe betraf dabei nicht nur die OGX. Schon Mitte des Jahres übernahm die deutsche Eon die Kontrolle über Batistas Energiekonzern MPX. Hatte man sich zuvor gerne mit Batista fotografieren lassen, setzte Eon nun alles daran, Assoziationen mit dem ehemaligen Chef zu vermeiden. MPX wurde in Eneva umgetauft.

Ein ähnliches Schicksal ereilte Batistas Logistikfirma LLX. Sie wird nun von dem amerikanischen Unternehmen EIG geführt, das ebenfalls eine Umbenennung prüft. Die LLX war unter anderem mit dem Aufbau der Logistik für den Hafenkomplex Açu beauftragt worden, der zurzeit im Norden des Bundesstaats Rio de Janeiro entsteht. Die Zukunft des Superhafens steht nun jedoch in den Sternen, weil an seiner Errichtung auch Batistas maritime Baufirma OSX maßgeblich beteiligt ist. Der OSX wird bereits das gleiche Schicksal wie der OGX prophezeit. Noch im April hatte Batista über sein Twitter-Konto mitgeteilt, dass die Presseberichte über Probleme beim Hafenbau Lügen seien.

In Rio de Janeiro, dem Hauptsitz seiner Firmengruppe, hat er bereits zahlreiche Projekte auf Eis gelegt. Auch Batistas jährliche Zuwendung von 6,5 Millionen Euro an die Friedenspolizei, die Rios Favelas beruhigen soll, wurde ausgesetzt.

Eike Batista ist der Sohn eines ehemaligen brasilianischen Bergbauministers und einer Deutschen. Er kultivierte gerne das Image des Selfmademans, dabei hatte er seine Anfangserfolge seinem Vater zu verdanken. Mit dessen Hilfe wurde er bereits mit 21 Jahren Chef einer Goldfirma. In erster Ehe war Batista mit einem Playboy-Model verheiratet, er hat drei Söhne: Odin, Thor und Balder. In einem Interview sagte er letztes Jahr, dass er erwartete 2015 oder 2016 der reichste Mann der Welt zu werden. Nun schweigt er zu der „Lawine, unter die mein Privatleben und meine Geschäfte gekommen sind“.

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