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© ddp

Insolvenz: Quelle, letzter Akt

Die Gläubiger müssen in Essen das endgültige Aus des insolventen Versandhauses abnicken – ihre Kritik verhallt.

An ihrem Gipsfuß hat Quelle keine Schuld. Das Bügeleisen war’s. Vor ein paar Wochen hatte Renate Baum ihre Nürnberger Wohnung schon verlassen, auf dem Weg zu Quelle, ihrem Arbeitgeber seit 25 Jahren. Zweifel, ob das Bügeleisen noch glüht, ließen die 52-Jährige umdrehen, sie stürzte und brach sich den linken Mittelfuß. Seither ist Renate Baum krankgeschrieben und kann nicht zur Arbeit gehen. Bis heute trägt sie einen Gips, doch auch gesund wird sie ihr Büro nicht mehr betreten. Im Fernsehen erfuhr sie, wie die Insolvenzverwaltung die Abwicklung von Quelle verkündete. Gekündigt wurde ihr am Telefon. Am Mittwoch kam sie trotz Verletzung zur Gläubigerversammlung von Quelle.

Eigentlich hätte das Gremium über das endgültige Aus entscheiden müssen, doch das haben die Insolvenzverwaltung und ein kleinerer Gläubigerausschuss bereits Ende Oktober übernommen. So blieb den Gläubigern nur aussichtsloser Protest. Insgesamt schuldet ihnen Quelle noch 1,7 Milliarden Euro. 3337 Gläubiger hatten sich beim Amtsgericht Essen für Mittwoch angemeldet, doch nur 82 von ihnen kamen. Damit fand auch der dritte und letzte Akt in der Grugahalle vor leeren Reihen statt. Wie schon am Montag und Dienstag bei den Gläubigertreffen von Arcandor und Karstadt hatte man mit mehr Andrang gerechnet.

„Die meisten haben wohl aufgegeben“, sagte Günter Rahm, ein Lieferant aus München, dem Quelle noch 115 000 Euro für Kaminöfen schuldet. Nach Zusagen von Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg hatte Rahm noch bis Oktober geliefert. Auf die Bezahlung wird er wohl vergeblich warten oder zumindest einige Jahre. Görg erklärte, 40 Prozent der Quelle-Kunden hätten in Raten eingekauft. Deshalb werde die Realisierung des verbliebenen Vermögens über 2012 hinaus dauern. Renate Baum, die noch auf Löhne wartet, kümmert das nicht. „Und wenn ich in 20 Jahren einen halben Cent bekomme“. Mit zittriger Stimme beschwerte sie sich am Mittwoch bei Görg über zuletzt abgestellte Aufzüge in einem Quelle-Werk mit vielen älteren Menschen. Eine wirkliche Antwort bekam sie nicht.

Insgesamt sei das Aus für Quelle unvermeidbar gewesen, erklärte Görg in einem mehrstündigen Vortrag. Von einer „völlig verteufelten Situation“ sprach er, „nachdem Quelle anderthalb Jahrzehnte heruntergewirtschaftet wurde“. Als eine der wenigen erhob dagegen Beate Ulonska, Betriebsratsvorsitzende der Quelle-Zentrale, ihre Stimme. Fast eine Stunde lieferte sie sich einen Schlagabtausch mit den zunehmend eingeschnappten Verwaltern, kritisierte die Investorensuche und das intransparente Vorgehen. Geändert hat es wenig. Die Gläubiger verzichteten sogar auf eine Abstimmung und besiegelten damit das Aus. Nur noch bis zum Ende des Ausverkaufs wird das Traditionshaus Quelle existieren. 

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