zum Hauptinhalt
279818_0_f995205a.jpg

© dpa

Insolvenz: Trevira ist pleite

Der Chemiefaserhersteller Trevira leidet unter der Autokrise. Der indische Eigentümer will sich zurückziehen. Der größte Standort des Werks steht im brandenburgischen Guben.

Die Angestellten wussten längst, dass etwas schief läuft. Der Austausch der Geschäftsführung Anfang Mai, dann die Berufung einer Sanierungsexpertin, zuletzt sogar ausstehende Löhne: Bei den 1800 Mitarbeitern des Chemiefaserherstellers Trevira ging die Angst vor der Pleite um. Am Dienstag hat das Unternehmen mit Hauptsitz im schwäbischen Bobingen und einem großen Werk im brandenburgischen Guben Insolvenz angemeldet. Das teilte die Rechtsanwaltskanzlei Schneider, Geiwitz und Partner am Mittwoch mit, die mit Werner Schneider den vorläufigen Insolvenzverwalter stellt. Trevira gehört der indischen Unternehmensgruppe Reliance.

„Wir sind bestürzt darüber, dass der Eigentümer seiner sozialen Verpflichtung nicht nachkommen will“, sagte Wolf-Jürgen Röming, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender von Trevira in Guben dem Tagesspiegel. Mit 730 Mitarbeitern ist das Werk in Guben größter Trevira-Standort. Reliance habe dort seit der Übernahme von Trevira im Jahr 2004 nicht in moderne Maschinen investiert und „auf Verschleiß“ produziert, kritisiert der Betriebsrat. „Wir hoffen, dass es eine erfolgreiche Planinsolvenz gibt, der Betriebsrat hat aber noch keine Informationen, wie die aussehen soll“, sagte Röming. Für kommenden Freitag sei ein Treffen mit der Geschäftsführung in Nürnberg einberufen worden. Die Mitarbeiter in Guben hatten bereits am vergangenen Freitag gegen drohenden Arbeitsplatzabbau und für die Auszahlung ausstehender Löhne demonstriert.

Aus Sicht des Bobinger Betriebsratschefs Günter Gunzenheimer muss Trevira wegen fehlender finanzieller Unterstützung von Reliance Insolvenz anmelden. Die bereits begonnene Restrukturierung von Trevira hätte die Reliance Group nach seinen Angaben rund 25 Millionen Euro gekostet. Diese Summe sei aber aus Indien verweigert worden, sagte er dem Tagesspiegel.

Die Kunstfaser Trevira wurde in den 50er Jahren von der Frankfurter Hoechst AG entwickelt. Anfangs versuchten sich Modedesigner daran, aus dem Material tragbare Kleidung in leuchtenden Farben zu schneidern. Heute werden die hitzebeständigen Polyesterfasern vor allem für Berufsbekleidung und Autoinnenausstattungen eingesetzt. „Trevira hat in den letzten Monaten massive Umsatzeinbußen infolge der weltweiten Wirtschaftskrise hinnehmen müssen“, heißt es in einer Firmenmitteilung. Trevira kam nach eigenen Angaben zuletzt auf einen Jahresumsatz von 323 Millionen Euro.

Trevira-Sprecherin Steffi Bobrowski sagte, das Unternehmen habe zu einem frühen Zeitpunkt Insolvenz angemeldet, um einen erfolgreichen Neuanfang zu ermöglichen. Die Reliance Group wolle sich aus Trevira zurückziehen und suche einen neuen Investor. „Die Bankverbindlichkeiten in Höhe von 55 Millionen Euro will Reliance aber begleichen“, sagte die Sprecherin. Bereits Mitte Mai hatte Trevira die Sanierungsexpertin Elke Bäuerle von der Kanzlei Schultze und Braun in die Geschäftsführung berufen. Ihr Ziel sei es, Trevira „auf den gesunden und profitablen Kern zu konzentrieren“, teilte sie in einer Presseerklärung mit. „Trevira hat gute Produkte und ist grundsätzlich wettbewerbsfähig.“ Bäuerle strebt nach eigenen Angaben den Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze an, „ohne Einschnitte wird es angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Gesamtsituation allerdings nicht gehen“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false