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Wirtschaft: Internationaler Wettbewerb: Regierung will Firmen vor Übernahmen schützen

Das EU-Parlament wird am heutigen Mittwoch darüber entscheiden, ob die geplante EU-Übernahmerichtlinie in Kraft treten kann. Seit über zehn Jahren wird auf europäischer Ebene der Versuch unternommen, eine einheitliche Regelung für die Übernahme von Unternehmen und den Aufkauf von Aktien festzulegen.

Das EU-Parlament wird am heutigen Mittwoch darüber entscheiden, ob die geplante EU-Übernahmerichtlinie in Kraft treten kann. Seit über zehn Jahren wird auf europäischer Ebene der Versuch unternommen, eine einheitliche Regelung für die Übernahme von Unternehmen und den Aufkauf von Aktien festzulegen. Das neue Gesetz soll europaweit Rechtssicherheit garantieren und Aktionäre sowie Beschäftigte schützen. Findet der vorliegende Kompromissvorschlag die Zustimmung von Parlament und Rat, müssen die EU-Mitgliedsländer die Übernahmerichtlinie bis 2006 in nationales Recht umsetzen.

Anfang Juni hatte der Vermittlungsausschuss von Rat und Parlament einen Kompromiss gegen die Stimme der Bundesregierung erarbeitet. Der Kompromiss sieht vor, dass der Vorstand einer börsennotierten Aktiengesellschaft im Fall einer sich abzeichnenden Firmenübernahme zur Neutralität verpflichtet ist. Das bedeutet: Der Vorstand muss die Aktionäre im Ernstfall von einer geplanten Übernahme durch Dritte informieren und eine außerordentliche Aktionärsversammlung einberufen, darf aber keine Vorkehrungen zur Abwehr - wie Kapitalerhöhung oder Teilverkäufe - treffen. Demgegenüber wollen Bundesregierung und Teile des EU-Parlamentes einen besseren Schutz deutscher bzw. europäischer Unternehmen vor möglichen feindlichen Übernahmeversuchen. Dazu soll ein Vorratsbeschluss gefasst werden können. Dem Vorstand wird in diesem Fall durch die Aktionärsversammlung frühzeitig das Recht eingeräumt, im Falle eines feindlichen Übernahmeversuchs ohne Abwarten einer weiteren Hauptversammlung Vorkehrungen gegen eine Übernahme zu treffen.

Die Zustimmung des Ministerrates zum Kompromissvorschlag gilt als sicher. Unter dem Arbeitstitel Harmonisierung des Gesellschaftsrechts unterliegt die Übernahme-Richtlinie nicht der Einstimmigkeitsregelung, sondern bedarf lediglich einer qualifizierten Mehrheit im Rat. Die ist mit 14 : 1 gegeben - die Gegenstimme kommt aus Deutschland. Die Zustimmung im Parlament hingegen ist noch offen. Ob eine Mehrheit, wie der Berichterstatter des EU-Parlamentes und CDU-Europaabgeordnete Klaus-Heiner Lehne annimmt, gegen den Kompromiss stimmen wird, bleibt fraglich. Lehne: "Zurzeit steht es 50 : 50". Erforderlich aber wäre "die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen". Doch auch wenn der Kompromiss abgesegnet wird, behält sich die Bundesregierung vor, ein eigenes, nationales Übernahmegesetz zum 1. Januar auf den Weg zu bringen. Das scheint rechtlich möglich, zumindest befristet, bis die EU-Richtlinie in Kraft tritt. Das deutsche Übernahmegesetz soll unter anderem die Suche nach einem konkurrierenden Angebot, dem so genannten "weißen Ritter", gestatten.

Das Argument der Bundesregierung, die Gewerkschaften wie Industrie in dieser Frage geschlossen hinter sich weiß: So lange sich andere Staaten wie Großbritannien oder Frankreich noch durch so genannte Goldene Aktien gegen unwillkommene Übernahmeversuche mit Erfolg schützen können, deutsche Firmen aber nicht, muss hier zu Lande entsprechender Schutz vor feindlichen Übernahmen gewährleistet sein.

Martina Ohm

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