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Internet: Quelle sprudelt wieder

Die Otto Group startet mit "Quelle.de" einen Online-Marktplatz. Statt Händler ist das Unternehmen jetzt Vermittler – und Kleidung wird nicht mehr verkauft.

Von Maris Hubschmid

Berlin – Privileg-Waschmaschinen können künftig wieder dort bestellt werden, wo sie erfunden wurden: Am heutigen Mittwoch um 13 Uhr feiert die Quelle GmbH ihre Wiederauferstehung. Zwar werden Kunden den schweren Katalog weiterhin vergeblich in ihrem Briefkasten suchen. Im Internet aber beschwört „quelle.de“ eine vertraute Welt herauf. Unter dem altbekannten, dunkelblauen Logo mit dem roten Punkt lächeln Frauen das altbekannte, weiße Zahnlächeln. Neben Waschmaschinen werden Schrankwände, Bettwäsche und Rasenmäher angepriesen. Und doch trennt die alte und die neue Quelle mehr, als sie gemein haben: Die GmbH ist nunmehr eine hundertprozentige Tochter des einst größten Quelle-Konkurrenten Otto Group, der seit der Insolvenz des Quelle-Mutterkonzerns Arcandor im Jahr 2009 die Rechte an dem ehemaligen Versandhaus hält. „Ein solches im eigentlichen Sinn ist Quelle jetzt nicht mehr“, sagt Tim von Törne, Geschäftsführer der neuen GmbH. Weder lagert das Unternehmen Waren in riesigen Hallen, noch werden Kunden demnächst Quelle-Pakete entgegennehmen. „Quelle.de ist ein Marktplatz, auf dem Produkte diverser Anbieter vertrieben werden“, sagt Törne. Dabei tritt das Unternehmen als Vermittler auf, ist Vertrags- und Ansprechpartner der Nutzer und wickelt den gesamten Kauf ab. Den Preis aber legen die Händler fest, sie stellen die Produkte eigenständig in das Online-Angebot ein und organisieren auch den Versand. „Wir kennen alle Händler der Seite persönlich“, sagt Törne. Die Ware jedoch, die der Kunde letztlich zu Hause auspackt, ist nie durch die Hände eines Quelle-Mitarbeiters gegangen. Dessen Aufgaben beschränken sich ab sofort auf die Portal-Pflege und den Kundenservice.

Einfacher Auftritt

Weil zur traditionellen Quelle-Klientel auch „non-digital-Natives“ gehören, wie eine Sprecherin des Unternehmens sagt, also ältere Menschen, die wenig internetaffin sind, sei der Webauftritt bewusst einfach gestaltet worden. Unter dem ehemaligen Slogan „Meine Quelle“ können Nutzer sich ein Kundenkonto anlegen, mit wenigen Klicks ist das gesuchte Produkt gefunden, in den Warenkorb gelegt und bestellt. Wie einst bei Katalogbestellungen, können Möbel und Co. per Rechnung bezahlt werden. Aber auch von gängigen modernen Zahlungsmethoden wie dem Online-Bezahldienst „Paypal“ kann Gebrauch gemacht werden. Für junges Publikum will Quelle.de genauso eine Alternative zu Plattformen wie Amazon und „Shopping.de“ sein. Tatsächlich gehörte der Online-Shop von Quelle bis zu seiner Auflösung 2008 zu den meistbesuchten E-Commerce-Seiten in Deutschland. „Das Potenzial ist also da“, glaubt man bei Quelle.

Kleidung wird nicht verkauft

Noch ein Unterschied allerdings, der womöglich gerade junge Kunden enttäuschen dürfte: Kleidung, stets ein starker Zweig des Kataloggeschäfts, ist nicht mehr im Sortiment. Man habe sich zunächst auf wenige Kernsegmente konzentrieren wollen, heißt es dazu bei der Otto Group. Diese sind „Wohnen“ und „Elektronik“. Einen Ausbau des Angebots in Zukunft schließe man zumindest aber nicht aus. Knapp ein Jahr lang wurde der Launch der Website vorbereitet. Wie viel Geld der Konzern in das Unternehmen investiert hat, darüber schweigt man bei Otto und Quelle. Man erhoffe sich aber, mit dem Umsatz schnell in einen dreistelligen Millionenbereich zu kommen, heißt es. Für jedes verkaufte Produkt bezieht Quelle eine Provision. „Die Marke Quelle steht für Distanzhandel und Zuverlässigkeit“, sagt Törne. „Sie ist mit Vertrauen belegt.“

Ein Fünftel der Artikel ist von Otto

Derzeit beschäftigt Quelle.de 30 Mitarbeiter. Bei einem erfolgreichen Start werde man den Stab gerne erweitern, sagt der Geschäftsführer. Der heute 40-Jährige war Deutschland-Chef des Internet-Kommunikationsdienstes Skype und ist ein Gründer des Handy-Software-Spezialisten Cellity, der Mitte 2009 vom finnischen Hersteller Nokia aufgekauft wurde. Törne gilt als Online-Pionier. Otto-Vorstand Rainer Hillebrand erhoffe sich von ihm deshalb eine Verjüngung der Marke Quelle, sagen Branchenexperten – weg vom Hausfrauen-Image. Rund 250 000 Artikel, mehr als doppelt so viele wie früher im Katalog, werden ab Mittwochnachmittag auf Quelle.de zu finden sein. Gewisse Überschneidungen mit Otto.de gibt es: Derzeit mache der Anteil an Otto-Produkten auf Quelle.de etwa ein Fünftel aus, teilt das Unternehmen auf Nachfrage mit.

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