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Internet: Wer ist Google?

Kritiker bezeichnen das Unternehmen als Krake. Denn es wächst jedes Jahr noch mehr. Alle Informationen der Welt will es organisieren. Datenschützern gefällt das aber gar nicht.

Die Spannung beim Auftritt von Google- Chef Eric Schmidt in San Diego vergangene Woche war deutlich spürbar. Doch der Eklat blieb zum Abschluss der Verlegertagung der Newspaper Association of America aus. Statt mit Buhrufen bedachten die Anwesenden Schmidts Rede mit höflichem Beifall. Dabei war Zündstoff durchaus vorhanden. Das Verhältnis der US- Zeitungshäuser zu Google ist angespannt. Der Internetkonzern kanalisiert mit seiner Nachrichtenseite Google News den Zugriff auf die Onlineangebote der Zeitungen, verwertet entgeltfrei deren Inhalte und wird so zum Wettbewerber um Werbeeinnahmen. Schmidt forderte die Zeitungsbranche zwar auf, sich mehr nach den Bedürfnissen ihrer Leser zu richten. Gleichzeitig bezeichnete der 53-Jährige Google aber als Freund der Printmedien und zeigte Kooperationsbereitschaft – was die ums Überleben ringenden Verleger kaum ausschlagen können. Das Unternehmen aus dem kalifornischen Silicon Valley ist auch viel zu mächtig, als dass es erfolgreich bekämpft werden könnte. Der Suchmaschinen-Betreiber hat bewiesen, dass man mit dem Internet eine Menge Geld verdienen kann – wenn man es nur geschickt anfängt.

Was hat Google so erfolgreich gemacht?

Sergey Brin und Larry Page, die jugendlichen Google- Gründer, stellten die Grundidee des Internets, wonach Zugang und Verteilung der Daten für alle Nutzer ungehindert und weitgehend kostenlos sein sollen, von Beginn an auf den Kopf. Die Datensuche ist zwar auch bei Google gratis. Doch dank geschickter Verknüpfung mit Werbung werden die Fundstücke aus dem Internet versilbert.

Die Freundschaft der beiden inzwischen milliardenschweren Stanford-Studenten begann 1995. Damals lernten sich Brin und Page bei einem Einführungskurs der Eliteuni kennen. Wenig später entstand der Rohentwurf für eine neue Suchmaschine. Der Unterschied zu bereits etablierten Suchmaschinen wie Altavista: Webinhalte wurden indiziert – und das zu einer Zeit, als viele die Internetsuche noch für ein Nischengeschäft hielten. Der Page-Rank-Algorithmus, der gefundene Seiten nach ihrer Relevanz sortiert, wurde zum Kernstück des Unternehmens. Und der Schlüssel zum Erfolg – viel beneidet, viel kopiert und doch nie ganz erreicht.

Drei Jahre später, am 7. September 1998, trugen die beiden ihr Startup-Unternehmen ins Firmenregister ein. Eigentlich sollte es Googol heißen, nach dem Namen für eine kaum vorstellbare Zahl: eine Eins mit 100 Nullen. Doch Googol war als Domain schon vergeben, so wurde eben Google daraus. Der erste Firmensitz war in Menlo Park im Silicon Valley, und, wie es sich in der Internetgemeinschaft schon fast gehört, in einer Garage. Der Ort war strategisch gewählt – nahe Stanford, wo das Talent war, und nahe der Sandhill Road, wo sich die Risikokapitalgeber fanden.

Wie geht es Google heute?

Fünf Jahre nach dem gigantischen Börsengang 2004, der aus Hunderten von Google-Beschäftigten Millionäre machte, breitet sich das Unternehmen im weiten „Googleplex“ in Mountain View aus. Wände in Primärfarben, viel Glas, eine Kita, hier ein Saurier- skelett vor dem Eingang, dort ein Piano und Lava-Lampen in der Lobby. Und auf dem Dach des Unternehmens findet sich die größte Solaranlage der USA. Ganz ohne Blessuren indes wird auch das erfolgverwöhnte Unternehmen nicht durch die schwere Wirtschaftskrise kommen. Bereits im vergangenen Jahr begannen die Sparmaßnahmen: wenig rentable Dienste wie SearchMash und die virtuelle Welt Lively wurden eingestellt sowie die Entlassung von 200 Mitarbeitern angekündigt. Wenn dies auch nur rund ein Prozent der Belegschaft ist, so ist es doch ein Signal.

Die Kapazitäten werden nun verstärkt auf Kernbereiche konzentriert: Werbung im Internet und auf Mobiltelefonen sowie die online verfügbare Software für Unternehmen. Was die Werbedollars betrifft, so schätzen Experten, dass als Folge des Überangebots an Werbefläche und einem harten Wettbewerb das Preisniveau in höherwertigen Segmenten in den vergangenen zwölf Monaten bereits um zehn bis 15 Prozent gesunken ist.

Gleichzeitig scheint Google die Krise aber auch als Gelegenheit zu begreifen – nämlich um „neue Dinge anzupacken“, wie es Michael Jones, der Chief Technology Advocate, beschreibt. In die Tat umgesetzt wurde bereits Google Ventures, das bis zu 100 Millionen Dollar Risikokapital in neue Startup-Unternehmen, darunter auch in umweltfreundliche Technologien, investieren will.

Erfolg gebiert aber auch Neider und Feinde. Als Google 2007 die Internetwerbeagentur DoubleClick für 3,1 Milliarden Dollar kaufte und damit Microsofts Angebot über zwei Milliarden Dollar ausstach, soll dessen Chef Steve Ballmer einen Stuhl durch sein Büro geworfen und geschrien haben: „I’m going to fucking kill Google.“ Doch dafür ist es inzwischen wohl zu spät.

Wie groß ist Google?

Ein häufig verwendetes Bild für Google ist eine Krake, die ihre Tentakel auf immer weitere Geschäftsfelder und Lebensbereiche ausbreitet. Längst ist der Konzern mit rund 20 000 Mitarbeitern über die reine Suchmaschine hinausgewachsen. Mit dem Kauf von Youtube wurde das Videoangebot neben Gmail und Suchmaschine zum dritten zentralen Internetangebot. Es gibt Google Maps, Google Earth, den Google-Blogger und den Google-Browser sowie ein Google Phone. Nutzer können mit Google Health ihre medizinischen Daten an einem Ort verwalten. Via Youtube dürfen sie ihre Videos ins Web stellen, mittels Picasa die Fotos sortieren – inklusive automatischer Gesichtserkennung. Mittels Google Latitude und einem internetfähigen Handy lässt sich die momentane Position einer Person bestimmen. Googles bislang spektakulärstes Projek ist Book Search, das die geschätzten 32 Millionen Bücher der Welt einscannt.

Zuletzt machten gar Gerüchte die Runde, Google habe an dem Internetkurznachrichtendienst Twitter Interesse. Wenn Konzernchef Schmidt auch dementiert – für einige Marktbeobachter macht eine Übernahme durchaus Sinn. Twitter könne helfen, die Echtzeitsuche zu verbessern, ein Bereich, in dem Google selbst nicht besonders gut ist. Das in San Francisco ansässige und bislang profitlose Startup könnte massiv Daten sammeln, um herauszufinden, was die rasant wachsende Twitter-Gemeinde bewegt. Für Marketingexperten ein unerschöpfliches Potenzial. Schon jetzt informieren Firmen wie der Computerhersteller Dell potenzielle Kunden per Twitter über neue Angebote im Online-Shop – mehr als 180 000 Menschen folgen Dells Mini-Nachrichten bereits weltweit.

Welche Kritik gibt es an Google?

Doch gerade dieser Datenhunger beunruhigt viele. Denn schon mit DoubleClick registriert das Unternehmen menschliches Verhalten im Internet und nutzt die Daten, um dort Geschäfte mit Werbung zu machen. Und diesen Markt kontrolliert Google zu mehr als 40 Prozent.

Bedenklich ist, dass das Unternehmen früher oder später praktisch jeden Surfer erfasst, den Computer speichert, von dem die Anfrage kommt, ein Cookie ausschickt und mit diesem das Internetgebaren ausspäht. Denn das kleine Hilfsprogramm protokolliert, wann und wo ein Nutzer in Sichtkontakt mit einer Anzeige kommt. Auf diese Weise entsteht ein umfassendes Bild davon, was die Nutzer eines Computers so umtreibt.

Google versucht zwar, zu beschwichtigen. Doch das Netz, das DoubleClick im Internet auswirft, wird immer feinmaschiger. Und niemand weiß genau, wie groß die Datenbestände inzwischen bereits sind bei mehr als fünf Milliarden Suchanfragen pro Monat – rund 60 Prozent aller Suchanfragen weltweit. Kein Wunder, dass Larry Pages Vision „alle Informationen der Welt zu organisieren“, zunehmend mehr wie eine Drohung denn eine Mission klingt.

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