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Jennie Nilsson (40), Abgeordnete der oppositionellen Sozialdemokraten im Rikstag, ist Sprecherin ihrer Fraktion für Industrie, Handel und Energie.

© riksdagen.se

Interview: „Das schadet dem Image Schwedens“

Jennie Nilsson, Abgeordnete der oppositionellen Sozialdemokraten im Riksdagen, über Atomkraft, das grüne Image Schwedens und die Führung von Staatsunternehmen.

Akw-Störfälle, Streit um Kohle und CCS, nun der Stellenabbau: Frau Nilsson, wie nehmen Sie Vattenfalls Image in Schweden und im Ausland wahr?

Schweden versteht sich als führend bei der Fortentwicklung der erneuerbaren Energien und im Kampf gegen den Klimawandel. Wenn Vattenfall im Ausland infrage gestellt wird, weil das Unternehmen zum Beispiel Investitionen in fossile Energieträger tätigt, schadet dies natürlich dem Image Schwedens insgesamt.

Hat Vattenfall auf dem Heimatmarkt Schweden denn ein grünes Image?

Die meisten Schweden dürften vermuten, dass Vattenfall vor allem mit Wasserkraft Strom erzeugt. Ich glaube nicht, dass vielen bewusst ist, dass der Konzern in Deutschland und den Niederlanden vor allem in Kohle und Erdgas investiert hat. Vattenfall ist zwar auf dem Weg zu einer alternativen Energiestrategie. Uns Sozialdemokraten geht das aber nicht schnell genug. Wir glauben, es gibt noch viel zu tun.

Kontrolliert die Politik den Staatskonzern?

Die Staatsunternehmen müssen Richtlinien befolgen. Diese werden aber nicht so gut implementiert, wie es nötig wäre. Die Regierung kann heute auch nicht für deren Einhaltung garantieren. Sie kommt ihrer Kontrollpflicht nicht ausreichend nach. Ein Beispiel: Als Vattenfall Anfang 2009 den niederländischen Versorger Nuon übernommen hatte, wusste die Regierung von den wirtschaftlichen Risiken. Doch sie wischte die Bedenken ihrer eigenen Experten beiseite.

Es gibt einen für Staatsbeteiligungen verantwortlichen Minister: Peter Norman.

Er macht das, was diese Regierung ihm aufgetragen hat. Er soll die Privatisierungsstrategie umsetzen, Staatsbeteiligungen verkaufen. Zugleich unterschätzt die Regierung den Aufwand, den es braucht, Staatsunternehmen zu führen und zu überwachen. Einfach Richtlinien aufzustellen, ist nicht genug.

Sollte Vattenfall sein Geschäft in Deutschland und Holland verkaufen?

Ich glaube nicht, dass ein Verkauf so leicht wäre. Jetzt, wo der schwedische Staat diese Beteiligungen nun einmal hält, sollte sein Konzern Vattenfall lieber versuchen, sie behutsam und mit einer langfristig angelegten Strategie und einem klaren Fokus weiterzuentwickeln. Das wäre gut für das Unternehmen, seine Mitarbeiter und die Umwelt insgesamt.

Wo bleibt eigentlich das Geld, das Vattenfall überall in Europa verdient? Und wer überprüft das?

Der Verwaltungsrat. Das Parlament nicht direkt. Wir Abgeordneten bekommen nur die Zahlen am Ende des Geschäftsjahres vorgelegt. Nach meinem Verständnis fließt das Geld nicht dem Staat selbst zu. Das meiste davon wird im Unternehmen reinvestiert. Hinter dem Kauf der Beteiligungen in Deutschland und den Niederlanden steckte einst der Gedanke, dass man dort das Geld verdienen kann, das man für die Suche nach alternativen Energien braucht. Aber nun sehen wir, dass das so nicht funktioniert. Vattenfall sollte an der Strategie arbeiten und noch mehr in Erneuerbare investieren.

Wie stehen Sie zur Kernkraft?

Wir Sozialdemokraten wollen den Atomausstieg, aber in einem Tempo, bei dem die schwedische Industrie keinen Schaden nimmt. Energie muss bezahlbar, sauber und verlässlich sein. Wir wollen also keine Reaktoren abschalten, bevor wir verlässliche Alternativen haben.

Wollen Sie die Meiler durch Akw-Neubauten ersetzen?

Ich persönlich wäre nicht dafür. Die Kernkraftwerke in Ringhals und Oskarshamn sind schon recht alt. Insofern läuft uns Politikern die Zeit auf der Suche nach Alternativen davon. Wir müssen endlich mehr Geld in Forschung und Entwicklung investieren.

Jennie Nilsson (40), Abgeordnete der oppositionellen Sozialdemokraten im Rikstag, ist Sprecherin ihrer Fraktion für Industrie, Handel und Energie. Das Interview führte Kevin P. Hoffmann

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