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Interview: "Deutschland ist ein wichtiges Ziel"

Der marokkanische Agrarminister Aziz Akhannouch über Exportpläne, Düngemittel und Wassermangel.

Monsieur Akhannouch, Sie möchten, dass die Deutschen mehr Tomaten aus Marokko kaufen. Wie wollen Sie Ihre spanischen und holländischen Konkurrenten verdrängen?

Wir exportieren derzeit rund 1,2 Milliarden Tonnen Agrarprodukte weltweit. Wir haben klassische Märkte wie die Europäische Union, aber wir liefern auch nach Russland oder Kanada. Der deutsche Markt interessiert uns sehr. Wir nehmen jedes Jahr an der „Fruit Logistica“, der großen Obst- und Gemüsemesse in Berlin, teil. Das ist wichtig, um Kontakte zu knüpfen.

Früher wurden marokkanische Waren von spanischen Großhändlern quasi mit vertrieben. Haben Sie inzwischen eigene Kontakte nach Deutschland?

Ja, wir haben Beziehungen mit den großen Handelsunternehmen geknüpft. Einige wollen direkt bei uns kaufen, andere über Zwischenhändler. Der deutsche Markt ist für uns ein wichtiges Ziel. Bei Ihnen legt man Wert auf Qualität, und marokkanische Produkte sind gut.

Besser als spanische?

Ich möchte niemanden schlechtmachen. Wir verwenden wenig Dünger und nehmen eine strenge Exportkontrolle vor. Wir haben eine Kontrollbehörde, die regelmäßig Obst und Gemüse, getrocknete und tiefgefrorene Pflanzen- und Meeresprodukte auf Pestizide und Schwermetalle sowie auf hygienische Mängel untersucht. Unsere Produkte lassen sich bis zum Erzeuger zurückverfolgen.

Aber Ihre Konkurrenten sind in der Europäischen Union, Sie nicht.

Wir haben vor einigen Monaten ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union unterzeichnet, und wir erwarten, dass das Europäische Parlament diesem Vertrag noch in diesem Jahr zustimmt. Das Abkommen dient dem Abbau von Zöllen und wird den Austausch von Waren erleichtern.

König Mohammed VI will die Landwirtschaft modernisieren. Die Böden sollen höhere Erträge bringen – auch durch den Einsatz von Dünger. Die Verbraucher wollen aber unbelastetes Obst und Gemüse.

Selbst wenn wir mehr Dünger einsetzen als heute, bleiben wir noch immer weit hinter dem zurück, was in der Europäischen Union üblich und erlaubt ist.

Wie läuft denn die Umsetzung des Reformplans, des „Plan Maroc Vert“? Wenn Kleinbauern mit fünf Kühen oder zehn Schafen durch die Korkeichenwälder im Norden ziehen, wirkt das nicht besonders modern.

Der „Plan Maroc Vert“ wurde vor gut zwei Jahren verabschiedet. Er ist ein Entwicklungsprojekt gegen die Armut in den ländlichen Gebieten. 45 Prozent unserer Bevölkerung leben von der Landwirtschaft, für die meisten von ihnen ist das die einzige Einnahmequelle. Wir wollen, dass die Bauern größere Einheiten bilden. Wir suchen Investoren, die die Felder und Herden von mehreren Kleinbauern zusammenfassen und als größere Einheit bewirtschaften. Nur dann lohnt sich die Anschaffung von Treckern, Mähdreschern oder der Bau von Bewässerungsanlagen. Außerdem wollen wir in Marokko künftig weniger Getreide anbauen, sondern mehr Zitrusfrüchte und Oliven.

Ziehen die Bauern mit?

Es ist zu früh, um das zu beurteilen. Ich bin aber zuversichtlich. Immerhin hilft der Staat bei der Umstellung. Es gibt Subventionen für den Kauf von Pflanzen und Bewässerungsanlagen und Kredite. Es ist wichtig, dass die Bauern mitmachen. Die meisten verdienen ihren Lebensunterhalt mit Getreide, doch die Ernten fallen – je nach Wetter – sehr unterschiedlich aus.

Wo soll denn das Wasser für die zusätzliche Bewässerung der Plantagen und Felder herkommen?

In diesem Jahr hatten wir keinen Wassermangel. Es hat viel geregnet, zum Teil waren die Straßen und die Felder überflutet. Auch die Ernten waren in den vergangenen Jahren gut. Aber das muss ja nicht so bleiben. Wir nehmen die Warnungen vor dem Klimawandel ernst und stellen uns darauf ein. Wir versuchen, uns von den Niederschlägen unabhängig zu machen, legen Staudämme an und bauen die Flächen mit Tropfenbewässerung aus. Die hat den Vorteil, dass die eingesetzte Wassermenge sehr gut dosiert werden kann.

Zugleich werden in Marokko immer mehr Golfplätze und Swimmingpools für die Touristen gebaut. Raubt das der Landwirtschaft das Wasser?

Sie haben recht. Wir haben zu schnell zu viele Golfplätze gebaut und der Landwirtschaft das Wasser weggenommen. Aber wir haben eingesehen, dass das falsch war. Es hat innerhalb der Regierung einige Diskussionen gegeben. Jetzt muss jeder Golfplatz in die Aufbereitung seiner Abwässer investieren und darf kein Grundwasser mehr entnehmen.

Deutsche Produkte findet man in marokkanischen Läden kaum. Sind sie zu teuer?

Deutsche Waren haben in Marokko ein gutes Image. Sie gelten als solide und gut. Allerdings fehlt ein Verteilungssystem. Das könnte sich ändern. Metro eröffnet immer mehr Filialen bei uns, dort kann man dann deutsche Produkte kaufen.

Sie sind nicht nur Landwirtschafts-, sondern auch Fischereiminister. Vor einigen Wochen haben Sie in Agadir die Konferenz zum Schutz der Wale ausgerichtet. Waren Sie mit dem Ergebnis zufrieden?

Wir sind mit einem blauen Auge davon- gekommen. Die Positionen lagen sehr weit auseinander. Japan wollte eine Fangquote für Wale, die Australier waren für ein strenges Verbot. Sie wollten, dass die Waltötungen aus wissenschaftlichen Zwecken untersagt werden. Ich habe versucht zu verhindern, dass die Konferenz platzt. Das ist gelungen. Jetzt bleibt erst einmal alles beim Alten.

Das Interview führte Heike Jahberg

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