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Wirtschaft: Interview mit Kerstien Nehring, selbständige Anlagenberaterin in Velbert, die sich auf Rat für Frauen spezialisiert hat

Können Frauen besser mit Geld umgehen als Männer?Das würde ich so nicht sagen.

Können Frauen besser mit Geld umgehen als Männer?

Das würde ich so nicht sagen. Sicher aber ist, dass Frauen, bevor sie eine Entscheidung in Geldangelegenheiten treffen, vorsichtig sind und sich gut informieren. Frauen lassen sich nicht so schnell ködern mit risikoreichen Anlagen, deren Gewinne auf den ersten Blick verführerisch sind. Männer sind für solche Versprechungen anfälliger.

Warum das denn?

Die Aussicht, schnell zu Geld zu kommen, lockt viele Männer und lässt sie unvorsichtig werden. In einem Seminar erzählte mir ein Mann, er wolle einen bestimmten Betrag für neun Monate anlegen, um sich dann einen Porsche kaufen zu können. Er wollte dieses Geld unbedingt in Aktien auf dem Neuen Markt investieren.

Welchen Rat haben Sie ihm gegeben?

Wer kurzfristig Geld für ein bestimmtes Projekt braucht, sollte niemals in Aktien investieren. Wer das Geld zu einem bestimmten Zeitpunkt braucht, könnte in eine Korrekturphase geraten. Wenn man gezwungen ist zu verkaufen, kann man viel Geld verlieren. Das Risiko auf dem Neuen Markt ist noch viel größer. Es könnte passieren, dass man am Ende nicht mit dem Porsche, sondern mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren muss.

Frauen haben nicht solche Träume...?

Doch. Viele Frauen gehen aberrealistischer an die Sache heran. Sie möchten nachts noch gut schlafen, auch wenn sie in Aktien investiert haben. Frauen haben meistens mehr Geduld und schichten ihr Depot nicht ständig um. Sie kaufen eher konservative, solide Werte. Vielen Männern hingegen gefällt es, sich in neue, vielleicht auch riskante Werte einzukaufen.

Welche Strategie ist erfolgreicher?

Unterm Strich fahren Anleger, die in langfristigen Kategorien denken, besser. Weniger Aktionismus ist mehr. Banken lieben natürlich Kunden, die häufiger die Anlage wechseln und ihr Depot umschichten. Dann kassieren sie Gebühren.

Frauen als Kundinnen sind also vorsichtiger. Gilt das auch für Anlageberaterinnen?

Ja. Ich lasse mich nicht so schnell von der Gerüchteküche beeinflussen. Ich rate meinen Kunden zu soliden Werten mit guter, aber vielleicht nicht sensationeller Rendite. Ich halte es für gefährlich, einen Titel nur deswegen zu behalten, um vielleicht den allerbesten Kurs zu erreichen. Den erwischt man nie. Das ist eine Illusion.

Vertrauen Ihnen auch männliche Kunden?

Durchaus, wenn sie erkennen, dass meine langfristige Strategie zieht. Doch die Überzeugungsarbeit ist hart. Einige Männer möchten lieber phantastische Erfolgsgeschichten über irgendwelche Aktien hören und finden meine Argumentation zunächst langweilig. Aber ich weiß, auf Dauer überzeuge ich sie.

Simone Matthei

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