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Wirtschaft: Investmentberater träumen den amerikanischen Traum

Immer mehr Fonds zur Altersvorsorge / Test der 30 führenden Gesellschaften zeigt jedoch: Auf neue Kunden häufig schlecht vorbereitetVON EGONWACHTENDORF (dm)"Der bedeutendeste Tag für den Finanzplatz Deutschland seit 1957" war für Rolf Passow der 6.März 1998.

Immer mehr Fonds zur Altersvorsorge / Test der 30 führenden Gesellschaften zeigt jedoch: Auf neue Kunden häufig schlecht vorbereitetVON EGONWACHTENDORF (dm)"Der bedeutendeste Tag für den Finanzplatz Deutschland seit 1957" war für Rolf Passow der 6.März 1998.An diesem Tag ebnete der Bundesrat den Weg für einen neuen Fonds-Typ, die Altersvorsorge-Sondervermögen (AS).Mit dem staatlichen Gütesiegel am Revers träumt der Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Investmentgesellschaften nun von amerikanischen Verhältnissen: "Wenn die Fonds bei der Altersvorsorge künftig eine ähnliche Rolle spielen wie in den USA, müßten ihnen mehr als 500 Mrd.DM zufließen."Passows Schätzungen erscheinen so unrealistisch nicht.Schon vor der Zulassung der neuen, überwiegend in Aktien und Immobilien investierenden AS-Fonds erlebte das Aktiensparen in Deutschland einen rasanten Aufschwung.Da scheint es nur eine Frage der Zeit, bis weitere, noch auf traditionelle Vorsorge-Instrumente setzende Anleger zur Investment-Branche überlaufen.Auf den Ansturm der Fonds-unerfahrenen Neuankömmlinge sind die Anbieter aber nur bedingt vorbereitet.Das zeigt ein Test der Zeitschrift "DM" bei 30 führenden Investmentgesellschaften.Ergebnis: Die meisten Gesellschaften antworteten zwar recht zügig und schickten neben vielen bunten Hochglanz-Broschüren gleich die für einen Kauf nötigen Zeichnungsunterlagen.Allgemeinverständliche Aussagen zu gerade für Fonds-Laien wesentlichen Fragen wie Sicherheit, Risikoprofil, Gebührenpolitik oder steuerliche Auswirkungen der Investment-Anlage waren jedoch in vielen Prospekten Mangelware - obwohl diese Informationen für eine serviceorientierte Investmentgesellschaft selbstverständlich sein sollten (siehe Kasten).Noch bedenklicher: die beinahe unglaubliche Ignoranz, mit der die Branche auf konkrete Fragen ihrer potentiellen Kunden reagiert.So schrieben die "DM"-Mitarbeiter einen zweiten Brief, in dem sie sich nach der Eignung eines ganz speziellen, von der jeweiligen Gesellschaft aufgelegten Fonds für die Altersvorsorge erkundigten.Zudem fragten sie nach Details der Kontoeröffnung, den anfallenden Kosten und Gebühren sowie den steuerlichen Unterschieden im Vergleich zu einer Kapital-Lebensversicherung.Auch die bange Frage "Wer kontrolliert, daß nicht jemand mit meinem Geld über alle Berge verschwindet?" fehlte nicht.Wenig schmeichelhaftes Ergebnis: Von 27 Gesellschaften, die den zweiten Brief beantworteten, gingen 16 überhaupt nicht auf die Fragen ein und schickten exakt dasselbe Standard-Schreiben wie auf die erste Anfrage.Überhaupt keine Antwort kam von den britischen Gesellschaften Schroder und Threadneedle: Die beiden Newcomer auf dem deutschen Investment-Markt waren offensichtlich vom Wissensdurst der von ihnen angepeilten Klientel noch überfordert.Doch es gab auch löbliche Ausnahmen.Große Mühe auf die Beantwortung der speziellen Fragen verwandten Oppenheim und Universal.Bis hin zur Verwaltungs- und Depotbankvergütung legten die Frankfurter alle Kosten für den gewünschten Hauck-Mundus-Universal-Fonds offen.Sehr detailliert fielen auch die Abgrenzung zur Lebensversicherung (keine garantierte Kapitalauszahlung, Steuerpflicht von Zinsen und Dividenden, dafür Steuerfreiheit von Kursgewinnen, tägliche Verfügbarkeit und höhere Rendite-Chancen) sowie der ausdrückliche Hinweis auf die Kontrolle durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen und die zwischengeschaltete Depotbank aus.Damit machten die Marketing-Profis der Universal in der Gesamtwertung Boden gut, denn in ihrem ersten Info-Paket fehlten einige dieser Angaben.Fast alle Gesellschaften verweisen bei neuen Kunden-Kontakten auf Partner vor Ort, die die Beratung übernehmen sollen.Während manche Anbieter wie DWS, Fidelity oder Templeton den Testern jedoch freistellten, ob sie einen Vermittler aufsuchen oder direkt abschließen wollen, lehnten andere wie UBS, Deka, Gartmore, Pioneer oder Parvest Direktkunden kategorisch ab.Mit dem Hinweis, sich doch bitte in einer Sparkasse näher zu informieren, schickte die Deka im Falle der zweiten, detaillierten Anfrage überhaupt kein Material.Weite Wege hätten die Tester Jens Felisiak und Jürgen Brumund bei Pioneer in Kauf nehmen müssen: Obwohl beide in der Nähe von Oldenburg wohnen, erhielten sie als Ansprechpartner Vermittler in Hamburg (150 Kilometer entfernt) beziehungsweise im noch nördlicher liegenden Lübeck genannt - obwohl auch in Oldenburg mehrere Vermittler für Pioneer arbeiten.Die Begründung von Deutschland-Chef Stanley W.Bronisz: "Für den Erst-Kontakt wählten wir Vertragspartner aus, mit denen wir schon sehr lange kooperieren und von deren Beratungsqualität wir überzeugt sind."In der Vergangenheit war das nicht immer der Fall.So leitete Pioneer Interessenten aus dem Rheinland bis 1996 unter anderem an die Firma PIP Private Investment Professionals in Düsseldorf weiter.Den auf diese Weise geworbenen Kunden versprach Helmut Pätzold, Ehemann von PIP-Gesellschafterin Sabine Pätzold, Superrenditen mit dubiosen Bankgarantiegeschäften.Ein vermögender Zahnarzt, der ursprünglich mit dem Erfolgsfonds Pioneer II fürs Alter vorsorgen wollte, wurde dabei um fast eine Mill.DM geprellt.Peinlich für Pioneer: Weder der mittlerweile wegen Betrugs verurteilte Helmut Pätzold noch seine Ehefrau besaßen die nach Paragraph 34 c der Gewerbeordnung zwingend vorgeschriebene Genehmigung, Investmentfonds vermitteln zu dürfen.Ähnliches kann jedem Anleger widerfahren, der von einer Investmentgesellschaft an einen freien Finanzmakler verwiesen wird - auch wenn gerade die häufig auf diesen Vertriebsweg angewiesenen ausländischen Anbieter ihre Vertragspartner mittlerweile sehr viel genauer unter die Lupe nehmen als noch vor einigen Jahren.Deshalb wäre es wichtig, Interessenten bei der ersten Kontaktaufnahme darauf hinzuweisen, daß Zahlungen aus Sicherheitsgründen grundsätzlich nur direkt auf ein Konto der jeweiligen Gesellschaft erfolgen sollten.Diese Chance haben alle getesteten Anbieter, die aufs Direktgeschäft verzichten, verpaßt.Auch im weiteren Umgang im Laufe der Geschäftsbeziehung liegt manches im Argen, wie eine Umfrage der in Düsseldorf erscheinenden Fachzeitschrift "KURS" unter 195 Finanz-Vermittlern dokumentiert.Eher schlechte Noten erhielten viele Anbieter bei der Frage, ob aufgetretene Fehler zügig behoben werden.Wie in diesem Teilbereich lag auch am Ende des insgesamt 13 Fragen umfassenden Tests Templeton vorn - 69 Prozent der Befragten urteilten bei der US-Gesellschaft jeweils mit "trifft voll zu" oder "trifft überwiegend zu".Es folgen Diderlity (54 Prozent), Frankfurt Trust (51 Prozent) und DWS (48 Prozent).Viele Anleger sind mit der Informationspolitik ihres Investment-Partners unzufrieden, wie eine DM-Umfrage unter den Abonnenten des Newsletters DM Fonds Aktuell ergab, an der sich im März insgesamt 747 Leser beteiligten.Ein Drittel der Befragten fühlte sich zu wenig informiert über die Wertentwicklung ihrer Fonds sowie über die Anlagepolitik des Managements.Bei Kosten, Gebühren und steuerlicher Behandlung lag die Quote sogar bei über 40 Prozent.

EGONWACHTENDORF (dm)

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