zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Investmentgeschäft: Aanlysten raten selten zum Verkauf von Aktien

"Die Aktienanalysten der großen amerikanischen Investmentbanken dürfen keine Verkaufsempfehlungen von Unternehmen herausgeben, mit denen die Bank noch große Deals machen will." Der Vorwurf wiegt schwer, den Philip Townsend, selber Mitglied der in den letzten Wochen ins Kreuzfeuer der Kritik geratenen Analystengilde, erhebt.

"Die Aktienanalysten der großen amerikanischen Investmentbanken dürfen keine Verkaufsempfehlungen von Unternehmen herausgeben, mit denen die Bank noch große Deals machen will." Der Vorwurf wiegt schwer, den Philip Townsend, selber Mitglied der in den letzten Wochen ins Kreuzfeuer der Kritik geratenen Analystengilde, erhebt. "Sie machen keine orginäre Untersuchung vom Unternehmen, sondern verlassen sich auf die Aussagen des Managements." Auch Paul Myners, Gründer und Chairman der bekannten britischen Fondsgesellschaft Gartmore Investment Management, kritisiert, dass Banken Aktien , die sie selber an die Börse begleiten, zu gut bewerten und sich so dem Emittenten für neue Geschäft empfehlen würden.

Die Zahlen sind deutlich: Trotz des zwölfmonatigem Kursdesasters bei Telekom-, Medien- und Technologieaktien (TMT) sind klare Verkaufsempfehlungen in London absolute Mangelware. Oft lauten die Ratschläge der Analysten, deren Häuser den Börsengang eines Unternehmens begleitet haben, auf "strong Buy" und bewegen sich nach Kursstürzen um bis zu 90 Prozent allenfalls mal in Richtung "neutral", "Marktperformer" oder manchmal "untergewichten" - der Verkauf wird fast nie empfohlen.

Einige exemplarische Beispiel zeigen das Ausmaß der Fehlurteile: Die Aktie von Interactive Investor International, einem Internet-Informationsdienst, brach seit der Börseneinführung (IPO) Anfang 1999 mit 150 Pence um 83 Prozent ein. Der einzige Rat, den der damalige Emissionsführer CSFB seitdem den Anlegern erteilt hat, lautet auf "kaufen" - sowohl bei einem Aktienkurs von 198,5 Pence als auch 68 Pence. Andere Bankanalysten bewerteten anfangs die Aktie ebenfalls mit "kaufen", drehten sich im November aber in Richtung "verkaufen". Nur das CSFB-Analyseteam von Marc Rubinstein blieb brav bei seinem "kaufen". Auch noch im Februar, als die Aktie bei 26 Pence angelangt war. Im Moment hält sie sich bei 22,5 Pence auf, und der Kauf-Tipp hat unverändert Bestand.

Ebenso wie CSFB wollte oder konnte sich Lead-Manager ABN Amro nicht von seinem "Buy" für seine Schützlinge Virtual Internet und Teamtalk trennen. Bereits das späte "add" (dazukaufen) muss den Amro-Analysten schwer aus der Feder geflossen sein. Die beiden Aktien zählen zu den größten IPO-Katastrophen an der Londoner Börse der vergangenen zwei Jahre. Sie liegen mittlerweile um fast 90 Prozent und gut 80 Prozent im Minus.

Die Liste miserabler Kauf-Tipps lässt sich fortführen. Der Aufschrei in der City war dieser Tage groß, als bekannt wurde, dass die neuen Regeln von JP Morgan ihren Analysten zumuten, vor einer Empfehlungsänderung das Unternehmen selbst und den die Firma betreuenden Banker im Vorfeld zu informieren. Natürlich betont Micheal Golden von JP Morgan weiter die Unabhängigkeit der Analysten, auf der "die Integrität" beruhe. Niemals würde ein Analyst seine Empfehlung nach dem Wunsch eines Kunden oder Bankers ausrichten, der den Kunden betreut. Aber es geht auch anders: Merrill Lynch gibt derzeit seinen Analysten Hilfestellung für Herabstufungen. Es sollen psychologische Barrieren beim Analysten überwunden und eine Verschlechterung der Aktienbeurteilung den betroffenen Unternehmen diplomatisch beigebracht werden.

stk

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false