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Wirtschaft: Investmentgeschäft: "Ein bisschen Nervenkitzel muss schon sein"

Einmal war ein Mann da - aber nur einmal. Silvia Meyer vom Berliner Fraueninvestmentclub "Hexensabbat" lacht noch heute, wenn sie sich an seinen Besuch bei einem Clubabend erinnert: "Der hat wirklich alle Klischees erfüllt und wusste alles besser.

Einmal war ein Mann da - aber nur einmal. Silvia Meyer vom Berliner Fraueninvestmentclub "Hexensabbat" lacht noch heute, wenn sie sich an seinen Besuch bei einem Clubabend erinnert: "Der hat wirklich alle Klischees erfüllt und wusste alles besser." Die rund 30 Frauen von Hexensabbat bleiben deshalb bei der Diskussion über die Anlageentscheidungen lieber unter sich.

Diese Ansicht teilen noch zwei weitere Clubs und mehrere Frauenbörsenstammtische in Berlin. "Eigentlich wollten wir keinen reinen Frauenclub gründen, aber es hat sich so ergeben, und jetzt bleibt es dabei", sagt Hexensabbat-Gründerin Henrike von Platen. Genauso sieht es Anke Humpert, eine der Gründerinnen des ersten Berliner Fraueninvestmentclubs "Dagoberts Töchter". Seit zweieinhalb Jahren investieren die Frauen um Anke Humpert an der Börse. "Es macht immer noch Spaß", sagt Anke Humpert. Das Portfolio der "Töchter" ist konservativer angelegt und steht laut Humpert im Vergleich zum Markt gar nicht schlecht da.

Anders bei Hexensabbat. Der Club stellt sein Aktiendepot ins Internet. Seit der Gründung im April 2000 hat das Depot 20 Prozent an Wert verloren. "Wir haben zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt angefangen", sagt Henrike von Platen. Hexensabbat hat Technikwerte wie Cisco Systems bei einem Kurs von knapp 60 Dollar gekauft. In der Zwischenzeit ist der Aktienkurs des US-Unternehmens bei 20 Dollar angelangt.

Dennoch: "Ich würde alle Aktien wieder kaufen", sagt Silvia Meyer. Der Club habe sich bewusst auf Technik- und Wachstumswerte konzentriert. "Ein bisschen Nervenkitzel muss sein", finden die Frauen. Ob Frauen die besseren Anleger sind, wie es mancher Buchtitel verkündet, darüber wollen sie nicht diskutieren. Auf kurzfristige Gewinne sind sie nicht aus. Es geht ihnen vor allem um zwei Dinge: Sie wollen lernen, wie die Börse funktioniert und selber entscheiden, was mit ihrem Geld passiert.

So manche hat schon Erfahrungen mit hochnäsigen Bankberatern, wie eine der Frauen im dritten Berliner Börsenclub "Spekulatius". "Weil ich nur kleine Beträge investieren wollte, hieß es immer: Das lohnt sich nicht", erzählt sie, heute noch empört. Mit viel Geld spekulieren wollen die meisten Frauen nicht. In den Clubs ist man in der Regel mit einer Einmalzahlung von bis zu 300 Euro und monatlichen Beiträgen von 25 bis 30 Euro dabei. "Jede möchte ja noch selber investieren", sagt Angela Große, die gerade hilft, "Spekulatius" zu gründen. "Mit diesen Beträgen bekommen wir bei den Geschäftsbanken kein Depot", sagt Große.

Die Direktbanken sind nicht so streng. So haben die meisten Clubs ihr Depot bei einem Discount-Broker. Dennoch: Die Werbung für Frauen als Anleger wird von den großen Banken betrieben. Die "Spekulatius-Frauen" haben sich bei einer Marketing-Veranstaltung der Deutschen Bank kennen gelernt. Aus dem Börsenstammtisch, der sich danach gebildet hat, entsteht nun ein Investment-Club. Die kleinen Clubs verlangen von ihren Mitgliedern auch Engagement. Bei den Treffen soll eine Frau eine Aktie, von der sie überzeugt ist, vorstellen und sie als Investment vorschlagen. Die Kaufentscheidung fällt einvernehmlich.

Der Hexensabbat-Club ist mit seinen 30 Mitgliedern mittlerweile zu groß für dieses System geworden. Ein Anlage-Ausschuss, der zurzeit aus den zehn Damen besteht, muss die Kaufentscheidung treffen. Im Mai soll auf der Jahreshauptversammlung ein neuer Ausschuss gewählt werden.

"Wir wollen uns auf zehn bis zwölf Mitglieder beschränken", sagt hingegen Angela Große von "Spekulatius". Die Frauen sollen auch sonst gut miteinander auskommen, denn: "Der gesellschaftliche Aspekt soll nicht zu kurz kommen". Bei vielen Treffen wird ein Gast eingeladen, Vorträge oder auch Seminare angeboten. Dazwischen soll aber auch einfach mal geplauscht werden.

So entscheiden sich die "Spekulatius"-Frauen für ihr nächstes Treffen im April gegen ein festes Programm. Der Referent an diesem Abend - ein Mann - kann sich aber doch nicht mit einem Tipp zurückhalten: "Ich rate Ihnen, nehmen Sie sich ein bestimmtes Thema vor". Keine Chance. "Wir sollten mal wieder einen Gesprächsabend machen", findet eine, und alle stimmen zu.

Susanne Schmitt

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