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INVESTOREN: Jeder gegen jeden

Die Interessenlage der Finanzbranche in der Schuldenkrise könnte verwirrender nicht sein. Die Banken sind Täter und Opfer zugleich: Als Gläubiger der Pleitestaaten haben sie in früheren Jahren mit zinsgünstigen Krediten beim Anhäufen von Schuldenbergen im Süden Europas geholfen.

Die Interessenlage der Finanzbranche in der Schuldenkrise könnte verwirrender nicht sein. Die Banken sind Täter und Opfer zugleich: Als Gläubiger der Pleitestaaten haben sie in früheren Jahren mit zinsgünstigen Krediten beim Anhäufen von Schuldenbergen im Süden Europas geholfen. Zugleich erweisen sich nun die dortigen Schuldensünder als Bedrohung für die Geldinstitute.

Denn den Griechen, Portugiesen oder Italienern wachsen die Schulden über den Kopf, ihnen droht die Zahlungsunfähigkeit. Ihre Anleihen, die die Banken gekauft haben, verlieren dramatisch an Wert, in den Bankbilanzen häufen sich die Abschreibungsrisiken. Weil aber keine große Bank zusammenbrechen darf – Finanzkrise! – muss der Staat einspringen. Weil die Steuerzahler allein den gigantischen Schuldenberg nicht abbauen können, besteht die Kunst nun darin, die Banken an der Lösung eines Problems zu beteiligen, das sie selbst mitverursacht haben. Wie bringt man sie dazu, auf einen Teil ihrer Forderungen an die Schuldenländer zu verzichten – und dabei den Anschein zu erwecken, als geschehe dies freiwillig?

An dieser Stelle kommt ein anderer Teil der Finanzindustrie ins Spiel: die Hedgefonds. Sinkende Anleihe- und Aktienkurse bei gleichzeitig explodierenden Renditen sind ein idealer Nährboden für die Spekulanten. Wie immer am Finanzmarkt setzt der Herdentrieb ein. Gestern Griechenland, heute Italien, morgen die USA. Hedgefonds verdienen auch Geld, wenn die Kurse fallen. Mit Leerverkäufen, bei denen nur geliehene Wertpapiere im Spiel sind, wetten sie darauf, dass die Anleihen der Pleitestaaten fallen. Passiert dies, kaufen die Fonds billig ein und kassieren den Gewinn. Die von ihnen selbst initiierte Wette geht auf. Helfen Ratingagenturen mit schlechten Noten für die Schuldenländer, dreht sich die Abwärtsspirale schneller. An Tempo gewinnt sie noch, wenn auch auf dem Markt für Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps) gegen ein Land spekuliert wird.

Politiker werfen der Finanzindustrie vor, sie verschlimmere die Krise. Die Hedgefonds verteidigen sich mit dem Argument, die Politik sei schuld, weil sie das Schuldenproblem nicht in den Griff bekomme. Die Kurse fielen nicht, weil böse Hedgefonds dies provoziert hätten, sondern weil Pensionskassen, Versicherungen und Banken ihr Geld abzögen. So schiebt man sich den Schwarzen Peter zu – in der Hoffnung, dass sich das Problem irgendwann von selbst löst. mot

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